Oliver Hell - Stirb, mein Kind. Michael Wagner J.
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Oliver Hell - Stirb, mein Kind - Michael Wagner J. страница 4
„Oh, nein, die Vollpfosten-Armee“, zickte Janine und zog genervt die Augenbrauen hoch“, „komm schnell weiter, die Doofheit dieser Kerlchen steckt an. Weißt du, Idioten-Viren verbreiten sich auch ohne Körperkontakt!“
Der Junge, der sie entdeckte hatte, verzog verärgert das Gesicht. „Zieh Leine, Scha-nine! Deine scharfe Freundin kannst du aber gerne hierlassen.“
Lara verlangsamte ihren Schritt, zog Janine gegen deren Willen auf den Jungen zu. „Scharf, ja, ich bin scharf. Aber im Gegenteil zu dir stehe ich auf Männer!“
Er fasste sich an den Schritt und grinste.
„Hör mal, solche Typen wie du kotzen mich an. Geh und verschimmle hinter deinem Pubertätsgemüse. Soll das etwa ein Bart sein, das du da im Gesicht trägst? Lächerlich!“ Lara lachte laut und gekünstelt auf. Sie war in ihrem Freundeskreis für ihre spitze Zunge berüchtigt.
„Pass ma auf, Schlampe!“, protestierte der Junge, kam einen Schritt auf sie zu. Blitzschnell langte sie in ihre Tasche und holte ihr Pfefferspray hervor. „Komm, Sackratte! Trau dich!“, drohte sie ihm.
„Hey, wie kommst du denn daher?“, fragte er.
„Zieh Leine, du Vollhorst! Ich vergesse mich sonst!“, rief sie und warf keck den Kopf in den Nacken. Der Junge starrte fassungslos auf das Spray in ihrer Hand. Um nicht als uncool zu gelten, verzog er nur arrogant das Gesicht. In Wahrheit hatte er mächtig Muffe vor einer Portion Reizgas, doch das sollten seine Kumpels nicht bemerken.
„Mach mal keine krassen Aktionen, Mädchen! Du hast sie doch nicht alle!“, rief er ihr zu und verbarg seine Furcht hinter einer unflätigen Handbewegung. Janine zog Lara am Arm, sagte beinahe beschwörend: „Komm Lara, lass sie stehen. Die haben es nicht besser verdient!“ Lara ließ das Spray zurück in ihre Tasche gleiten und lächelte mild. „Hast recht, komm lass uns shoppen gehen. Das würde euch auch mal gut stehen, eure Klamotten sind sowas von out, ihr Looser!“, gab sie den Jungs noch als Ratschlag mit. Dann hängte sie sich bei ihrer Freundin ein und nach ein paar Metern hatte sie die Situation schon vergessen. „Ich habe gestern dort ein D&G-Shirt gesehen. Hoffentlich ist das noch da! Und wenn nicht, dann kratze ich der Schlampe die Augen aus, die es gekauft hat!“, flötete sie. Janine stimmte sofort in die affektierte Fröhlichkeit ihrer besten Freundin ein, obwohl sie es manchmal nicht nachvollziehen konnte, wie schnell Lara umschalten konnte. Von total sauer auf hyperfreundlich. Oder zurück. Aber so war sie eben. Kapriziös. Ein wenig so, wie die Models, die sie so verehrte.
Neben der Filiale der Postbank am Münsterplatz, die in unmittelbarer Nähe zu dem Eingang von TK-Maxx lag, stand ein Mann mit einer Kamera. Er betrachtete die Fotos, die er in den letzten Minuten geschossen hatte. Der Fotograf betätigte das Wählrad und blieb bei einem Bild hängen, das ihn besonders faszinierte.
Blaue Augen, braunes Haar. Schmales Gesicht und volle Lippen. Er zoomte auf die Augen, atmete einmal tief durch und packte mit zitternden Fingern die Kamera in seine Umhängetasche. Kurz drauf betrat er den Eingang zu TK-Maxx und ließ betont unauffällig seinen Blick schweifen.
*
Bonn
Das Schweigen währte sehr lange. Der Fahrer des blauen Seat Ibiza starrte leer vor sich hin. Ebenso sein bärtiger Kompagnon auf dem Beifahrersitz.
„Fahrzeugpapiere und Führerschein!“, forderte der junge Polizeibeamte ihn erneut auf. Wahrscheinlich hatte diese wiederholte Aufforderung des Polizisten die kleinen grauen Zellen des Mannes erst jetzt in Schwung versetzt, denn plötzlich stieß er einen schrillen Fluch aus und gab Gas. Der blaue Kleinwagen schoss nach vorne, direkt auf den zweiten Beamten zu, der sich gerade das Kennzeichen gemerkt hatte und auf dem Weg zum Einsatzwagen war. Halterabfrage. Business as usual. Mit einem beherzten Sprung entging er der Kühlerhaube des Seat und landete dennoch unsanft hinter seinem VW-Passat. Der Seat rauschte davon.
„Heilige Scheiße, was ist denn in die gefahren?“, fragte er noch auf dem Boden liegend seinen jungen Kollegen. Der streckte ihm die Hand entgegen.
„Los komm! Diese beiden Ärsche schnappen wir uns. Kannst sagen was du willst. Fahrer mit Bart und offensichtlichem Migrationshintergrund sind mir suspekt. Sehr suspekt sogar, und seit der Silvesternacht in Köln noch viel suspekter als jemals zuvor“, rief der junge Polizist. Sein Kollege brummte eine Antwort, wuchtete sich hinter das Lenkrad des Einsatzfahrzeuges und hörte zu, wie sein junger Kollege eine Eisatzmeldung absetzte: „Luna 17 für Zentrale. Verfolgen ein blaues KFZ Marke Seat Ibiza Fahrtrichtung Medinghoven. Kennzeichen SU-RZ 257. Standort Bonn B56 Rochusstraße kurz vor der Straßenmeisterei. Erbitten Unterstützung.“ Mit Blaulicht und Martinshorn rasten die beiden Polizeibeamten los und nahmen die Verfolgung auf.
*
Bonn, Innenstadt
Laras schriller Entzückensschrei hallte durch die obere Etage des TK-Maxx. Janine sah sich nach den anderen Kundinnen um, die über ihr Verhalten bereits die Nase rümpften. „Geht doch auch leiser, Lara“, riet sie ihrer Freundin.
„Voll das Zalando-Feeling, das geht nicht leise. Die Tussen sollen sich um ihren eigenen Kram scheren“, rief sie und steckte einer Frau, die neben ihr im Gang stand, die Zunge raus. Diese Frau schüttelte den Kopf, zischte eine Beleidigung und ging einen Gang weiter.
„So ist es brav, du olle Schrulle!“, rief ihr Lara noch halblaut hinterher. Dann hielt sie sich erneut das D&G-Shirt vor die Brust und hüpfte vor Freude wie eine Dreijährige auf und ab. „Sehe ich damit nicht aus wie Milly? Sag! Sieht doch aus wie Milly auf ihrem Instagram-Account!“
Sie legte das Shirt spontan auf der Kleiderstange ab und zog sich ihr T-Shirt aus. Noch bevor ihre Freundin etwas sagen konnte, warf sie ihr das getragene Kleidungsstück zu und streifte sich das teure Shirt über.
Gottseidank trägt sie wenigstens einen BH, dachte Janine. Sonst hätte es sicher keine Minute gedauert, bis jemand kam und sie vor die Tür setzte. „Du hättest damit schon in die Umkleide gehen können“, tadelte sie halbherzig ihre Freundin.
„Spießerin!“
„Na, wie steht es mir? Sag jetzt bloß nichts Falsches, Janine.“ Sie blitzte ihre beste Freundin an. Natürlich stand ihr das Shirt hervorragend. So schlank und trotzdem weiblich ihre Figur mit fünfzehn schon war. Wo sie selbst doch hier und da etwas an ihrem Körper auszusetzen hatte. „Na?“
„Siehst toll aus, wirklich …“, sagte sie, doch den Rest des Satzes verschluckte sie, denn hinter Lara stand plötzlich ein Mann mit einer Lederjacke. „Vorsicht!“, raunte sie Lara noch zu. Die fuhr herum und erstarrte.
„Ihr braucht keine Angst zu haben“, sagte der Mann mit der Lederjacke und setzte ein gewinnendes Lächeln auf, „Ich bin nicht vom Haus.“ Er nahm die Sonnenbrille ab und seine hellblauen Augen verfingen sich in Laras Antlitz.
„Hast