Oliver Hell - Stirb, mein Kind. Michael Wagner J.
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„Gute Arbeit, Frau Nimmermann“, sagte er anerkennend.
„Danke, Herr Kommissar“, sagte sie und lächelte.
*
Bonn, Ministerium des Innern
„Schönen guten Tag, Herr Doktor Matheissen“, grüßte die Büroleiterin freundlich. Matheissen nickte seiner Angestellten nur kurz zu und ging direkt weiter in sein Büro.
Solche Arbeitszeiten hätte ich auch gerne, dachte sie und seufzte. Matheissen hatte angegeben, den Morgen über Termine zu haben, doch sie kannte seinen Terminkalender und wusste, dass er sich einen freien Vormittag gegönnt hatte. Bei seinem sonst prall gefüllten Terminkalender tat er das von Zeit zu Zeit. Mit einer Tasse dampfendem Kaffee betrat sie kurze Zeit drauf sein Büro und stellte die Tasse auf seinem ausladenden Schreibtisch ab.
„Wie erbeten liegt die wichtige Korrespondenz in den Wiedervorlagemappen“, erwähnte sie noch, war es allerdings klar, dass sie dafür gesorgt hatte, dass alles so arrangiert war, wie der Herr Doktor es wünschte. Matheissen konnte da sehr ungehalten sein, wenn es nicht so war. Doch diesmal nickte er nur konziliant und rang sich sogar ein Lächeln ab. „Ihr Kaffee, Herr Doktor, schwarz und mit zwei Stück Zucker.“
„Danke. Wann erwarten wir den Besuch aus den Niederlanden noch? Am 18.oder 19. Juli?“, fragte er und vertiefte sich in seinen Outlook-Kalender.
„Am 18. Juli, morgens um 10 Uhr, Herr Doktor“, antwortete sie wie gewohnt gut informiert.
„Dann habe ich das ja richtig im Kopf“, antwortete er beiläufig. „Aber trotzdem Danke, wenn ich Sie nicht hätte, Frau Joachim, ich wüsste manchmal nicht, was ich tun würde!“
„Das ist meine Aufgabe, Herr Minister“, antwortete sie und lächelte geschmeichelt. Doch schnell war sie wieder professionell und verließ den Raum. Matheissen sah ihr nach. Ihre Figur war nach wie vor tadellos, drall und an den richtigen Stellen gut proportioniert. Doch über kurz oder lang würde er sich eine jüngere Büroleiterin suchen. Eine mit weniger Falten im Gesicht. Frau Joachim tat zwar alles, um ihr fortgeschrittenes Alter zu verbergen, aber das gelang ihr nur noch mit großen Mühen.
*
Bonn, Präsidium
„Weg!“
Diese Antwort gefiel Hell überhaupt nicht. Er hatte die beiden Beamten vor sich stehen, denen die Verfolgung so gründlich missglückt war. Bedröppelt. Mit gesenkten Köpfen.
„Und die Personenbeschreibung? Wie sieht es damit aus?“
Hell musterte die beiden kritisch. Während einer der beiden Beamten über das wenig zufriedenstellende Ergebnis des Fahndungsaufrufes referierte, rührte Hell in seinem Kaffee. Obwohl dieser schon kalt sein musste.
Was war bloß los mit dem Polizeinachwuchs? Warum begangen so viele junge Kollegen solche Fehler? Er machte sich ernsthafte Sorgen. Nicht nur um diese beiden, sondern auch um seinen Sohn Christoph, der in der kommenden Woche seinen Dienst bei der Einsatzzentrale in Bonn antreten würde. Als Frischling direkt von der Polizeischule in Münster.
„Die beiden sind bisher nicht polizeilich aufgefallen, daher haben wir keine Chance, sie zu identifizieren“, sagte der junge Beamte zerknirscht. Hell seufzte innerlich. „Ist in Ordnung, Sie können Ihren Dienst wieder aufnehmen!“
Die beiden verabschiedeten sich mit dünnen Stimmen und er war alleine in der Abteilung. Er hatte die Kollegen zusammengetrommelt, die sich wie er offiziell im Urlaub befanden. Daher würde es eine Weile dauern, bis sie gemeinsam loslegen konnten. Hell starrte aus dem Fenster, dorthin, wo auf der anderen Rheinseite sich die Höhen sanft gegen den blauen Himmel abhoben.
Wer hatte diese junge Frau getötet? Und warum? War sie tatsächlich eine Prostituierte? Oder hatte man sie womöglich sogar unter Drogen gesetzt, um sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen? Die Obduktion der Leiche würde darüber Klarheit bringen. Doktor Stephanie Beisiegel, die Chefin der Bonner Rechtsmedizin, hatte ihm versprochen, schnell Ergebnisse zu präsentieren. Was er schon jetzt allerdings spürte, war, dass ihm diese Sache hier schon gewaltig an die Nieren ging. War sie ein Opfer der Umstände geworden? Was hatten diese beiden Männer mit Migrationshintergrund mit ihrem Tod zu tun? Waren sie die Mörder? Hatte man sie nur engagiert, um die Leiche loszuwerden? Wohin wollten sie das Mädchen bringen? Man konnte davon ausgehen, dass sie aus der Not heraus die Kiesgrube ausgewählt hatten, um vor der Polizei zu flüchten. Oder war dies zuvor schon der Plan? Es gab nichts Definitives in diesem Mord. Er holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Ein Mord brachte immer eine Menge von Dingen ans Tageslicht. Auch Dinge, die eigentlich unter einem Mantel des Schweigens verborgen bleiben sollten. Würde es auch hier so sein? Die Polizei fuhr für die Fahndung nach den beiden Flüchtigen alles auf, was ihr zur Verfügung stand. Und wenn alles seinen normalen Gang ging, dann verfügte man bald über die ersten Ergebnisse. Wenn.
Kurz drauf traf der erste der Kollegen ein. Vergnügt kommentierte Wendt den Kleidungsstil seines Chefs.
„Es scheint ja ein leichter Fall zu werden, Chef, wenn man Ihren lockeren Style anschaut“, feixte er lächelnd.
„Wenn ich vorher gewusst hätte, was mich da in der Kiesgrube erwartet, hätte ich vorher was Dunkles angezogen“, bremste er die gute Laune seines Kollegen.
„Aha“, sagte Wendt und hängte seine Jeansjacke auf den Stuhl an seinem Platz, dann trat er vor die Tafel, an der Hell zwei Tatortfotos angeheftet hatte. Mehr noch nicht.
„Eine Ausländerin? Was weiß die Presse?“, fragte er skeptisch.
„Es herrscht eine Mitteilungssperre, so lange, bis wir überhaupt etwas sagen können. Sonst haben wir direkt alle auf dem Hals: Die Presse, das Auswärtige Amt, die Vertreter der ausländischen Gruppierungen und den Ditib. Erst wenn wir wissen, um wen es sich handelt, können wir eine Mitteilung formulieren.“
Wendt nickte. Bonn war als ehemalige Bundeshauptstadt noch immer ein heißes Pflaster. Einige Länder hatten noch immer ihre Botschaften hier. Als UN-Standort, der immer mehr ausländische Mitarbeiter anzog, stand man im internationalen Fokus. Da war der Mord an einer jungen Ausländerin nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
„Was hat die Halterabfrage ergeben?“, wollte Wendt wissen, nachdem er die Begutachtung der Tatortfotos abgeschlossen hatte. „Der Seat Ibiza ist vorgestern von einem Parkplatz gestohlen worden. Die junge Frau war völlig geschockt, als man ihr mitteilte, dass man darin eine Leiche gefunden hätte. Sie möchte ihr Fahrzeug nicht zurück“, sagte Hell.
Wendt stieß ein Glucksen aus. „Verständlich.“
„Was denkst du, Chef?“, fragte er mit einem Wink auf die noch fast leere Glastafel.
Hell wäre es lieb gewesen, um die Antwort auf diese Frage herumzukommen. Wendt bemerkte das. „Ich muss jetzt etwas tun, was sonst nicht mein Ding ist. Ich kann dir ein Gefühl nennen. Ich weiß, das ist normalerweise Chrissis Ding, aber ich habe eine ganz dumme Vorahnung. Ich kann es dir nicht präzisieren, aber ich glaube, wir haben per Zufall die Spitze eines Eisberges entdeckt. Da kommt noch was nach.“
‚Titanic-Feeling‘ “, meinte Wendt, senkte seinen Blick und schürzte seine Lippen. Diesen Begriff hatte seine Freundin Julia Deutsch geprägt, die als Fachanwältin für Scheidungsrecht