Oliver Hell - Stirb, mein Kind. Michael Wagner J.
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Oliver Hell - Stirb, mein Kind - Michael Wagner J. страница 9
„Albern? Ich bin also albern? Okay, wenn das so ist, dann kannst du sicher auf meine weitere Gesellschaft verzichten!“, drohte sie wild entschlossen, „entscheide dich!“
Klauk widerstand dem Impuls, ihr die Hand auf die Schulter zu legen. Sie würde es auch gar nicht zulassen. Stattdessen wartete er ein paar Sekunden, dann fragte er: „Wofür soll ich mich entscheiden?“
„Ob du mich als Partnerin haben willst mit allen Konsequenzen oder nicht?“
Klauk schüttelte den Kopf. „Du stellst ernsthaft unsere Beziehung in Frage, weil ich mit dir nicht einer Meinung bin? Lea, hörst du dich selbst sprechen?“
Sie sagte nichts, ihre Mundwinkel zuckten; sie blieb weiter vor ihm stehen und wartete darauf, dass Klauk einknickte. Doch das sah er überhaupt nicht ein.
„Wenn du willst, dass ich dich als Polizistin ernst nehme, dann musst du professionell und abgeklärt sein und andere Meinungen zulassen …“, sagte er, doch weiter kam er nicht.
„Okay, das war jetzt die Bestätigung für meine Befürchtung. Ich bin ein Dummchen und du bist der Super-Bulle!“ Drehte sich herum und ging in die andere Richtung davon. Klauk blieb wie versteinert zurück. Er fasste sich an den Mund und schüttelte sich innerlich, sah Lea hinterher, die mit in den Nacken geworfenem Kopf um die nächste Ecke bog. Er versuchte, das Gewicht ihrer Worte abzuwägen. Sie meinte das alles zweifellos ernst. Monatelang hatte er gebraucht, bis sie ein Paar geworden waren, hatte sich zuvor nicht getraut, ihr seine Liebe zu gestehen. Und jetzt das! Er biss die Zähne aufeinander, drehte sich herum und versuchte, seine eigene Professionalität nicht zu vergessen. Es galt einen Fall in die Gänge zu bringen. Da zählte die persönliche Befindlichkeit nichts.
*
Bonn-Beuel
Vor der kleinen Doppelhaushälfte wuchsen Hortensien. Auf den Ziegelstufen, die von der Straße hinauf zur Terrasse führten, wuchsen Rosen und Lavendel in Töpfen. Der Lavendel gegen die Blattläuse, die oft die Rosen heimsuchten. Beschaulich. Für Lara roch es nach Muff und Spießertum. Ihr Hund erwartete sie, ihre Mutter nicht. Die war noch auf der Arbeit. Alleinerziehend. Der Vater hatte sich schon lange nicht mehr sehen lassen. Und mit den Alimenten war er auch schon lange im Verzug. Daher lag es allein in den Händen der Mutter, sie und ihre Tochter Lara zu ernähren. In der Vorstellung ihrer Tochter war das aber alles nicht genug. Sie wollte mehr. Mehr Geld, mehr Mode, mehr Luxus. Wie sehr sich ihre Mutter bemühte, das Haus zu halten und ihrer Tochter täglich etwas zu essen auf den Tisch zu bringen, Lara hatte immer etwas daran auszusetzen.
Ihr Hund sprang aufgeregt an ihr hoch, Lara warf achtlos ihren Rucksack in die Diele, legte die Sonnenbrille auf der weißen Ikea-Kommode ab. Sie nahm die Hundeleine vom Haken und streifte Lucy ihr Halsband über. Sie hatte noch zwei Stunden Zeit, bis ihre Mutter von der Arbeit nachhause kam. Bis dahin würde sie mit Lucy spazieren gehen. Und sich auf das Foto-shooting freuen. Doodle Lucy war es egal, ob sie reich oder arm war. Sie liebte Lara und sie liebte ihre Hündin abgöttisch.
Die Unterhaltung mit dem gutaussehenden Mann im Café Pendel ging ihr noch einmal durch den Kopf, während sie mit dem Hund an der Leine durch die Straße in Bonn-Beuel ging.
Bald bin ich hier weg, dachte sie. Für das Leben hier in dem kleinen Stadtteil von Bonn hatte sie mittlerweile nur noch Verachtung übrig. Auch für die Menschen, die hier lebten. Dabei störte sie auch nicht, dass sie Janine zurücklassen würde. Wenn sie erst der neue Star am Modelhimmel war. Eine Nachbarin begegnete ihr, grüßte freundlich. Lara ließ wie üblich alle Höflichkeitsfloskeln aus. Sie warf ihren Kopf in den Nacken und ging wortlos an der Frau vorbei. Was diese dann zu ihr sagte, machte sie sprachlos. Und legte in ihrem Hirn den Wutschalter um.
*
Bonn-Beuel
„Du hast sie eine ‚dumme Mistkuh‘ genannt? Bist du noch bei Trost? Sie ist eine Nachbarin, wir müssen mit den Menschen hier in der Nachbarschaft auskommen!“, schrie Frau Siemons ihre Tochter an. Lara zögerte keine Sekunde, bevor sie zurückschrie.
„Was gehen mich diese Arschkrampen hier in der Gegend an? Was sind das alles für elende Loser? Was bist du für ein Loser? Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben. Bald fängt für mich ein besseres Leben an, du wirst es sehen!“ Keck reckte sie ihr zierliches Kinn hoch und Frau Siemons musste sich zurücknehmen, um ihr nicht eine ordentliche Backpfeife zu geben. Ihre Hand zuckte, doch sie tat es nicht. Sie hatte Lara noch nie geschlagen.
„Was meinst du damit?“
Lara bemerkte, dass sie mit dieser Äußerung einen Schritt zu weit gegangen war. Sie durfte die Neugier ihrer Mutter nicht wecken. Also versuchte sie, einen Schritt zurückzurudern.
„Ich habe diese Frau so satt. Du müsstest manchmal hören, was sie für einen Müll erzählt. Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Sie meinte, ich hätte keine Erziehung! Ich! Dieses asoziale Pack sollte sich an die eigene Nase packen. Ich grüße, wen ich grüßen will und die will ich nicht grüßen“, begann sie plötzlich einen ganz anderen Ton anzuschlagen. Doch ihre Mutter hatte bereits Lunte gerochen.
„Und du findest, dass ich genau zu diesen Sozialhilfeempfängern passe oder warum bist du so gemein zu mir?“
Lara riss den Blick von ihrer Mutter los. „Nein, natürlich nicht, Mama!“
„Und was meinst du mit dem besseren Leben, das du bald führen wirst? Ist das wieder deine Spinnerei von dem Model-Vertrag, den du bald haben wirst? Lara, bleib auf dem Boden. Du bist ein hübsches Mädchen, ein verdammt hübsches sogar. Aber du kannst mit einer vernünftigen Ausbildung mehr erreichen, als mit einem Model-Vertrag. Willst du auch so ein Hungerhaken sein? Willst du jede Kalorie zählen, damit du in die Kleider-Größe 30 passt? Mensch, mach die Augen auf! Das Model-Geschäft ist knallhart. Wer da nicht kuscht, der ist draußen. Und so ein rebellischer Geist wie du, der kommt da gar nicht weit.“
Lara rollte mit den Augen. „Mama, du kennst dich auch so toll aus. Milly Simmonds ist kein Hungerhaken, sie hat die Maße 88-62-90. Die habe ich auch. Bin ich ein Hungerhaken?“ Frau Siemons sah ihre Tochter jetzt an, als wäre sie ein Boxer und hätte einen leichten Treffer am Kinn erhalten. Sie war nicht zu dünn. Lara konnte Unmengen vertilgen, nahm allerdings kein Gramm zu.
„Milly Simmonds! Immer nur diese Milly Simmonds! Du redest von dieser Frau, als sei sie eine Schulfreundin. Du kennst sie doch gar nicht!“
Aber ich werde sie bald kennenlernen, dachte Lara.
„Nein, ich kenne sie nicht. Aber wer Google und Instagram kennt, der kann das alles nachlesen, Mama.“
Die Tatsache, dass sie sich mittlerweile über das Model und nicht mehr über diese dämliche Nachbarin unterhielten, verriet Lara, dass der Zorn ihrer Mutter beinahe verraucht war. Daher setzte sie sogar noch einen drauf. „Was hat sie eigentlich gesagt, die alte Krähe?“
„Das habe ich dir doch schon gesagt. Sie behauptet, du hättest sie eine ‚dumme Mistkuh‘ genannt und sie hätte Angst gehabt, dass du sie schlagen würdest“, wiederholte Frau Siemons die Worte der Nachbarin. Sie musste sich eingestehen, die Einschätzung ihrer Tochter deckte sich im Großen und Ganzen mit ihrer eigenen. Doch das konnte sie ihr gegenüber nicht zugeben.
Lara lächelte verschlagen. Genauso war es gewesen. Sie hatte sich soeben beherrschen können. Hätte Lucy sie nicht weitergezogen, weil sie ganz dringend an einem Busch riechen wollte,