Oliver Hell - Stirb, mein Kind. Michael Wagner J.
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„Nenn es, wie du magst, Jan-Philipp. Ich habe dieses Bauchgefühl und du kannst mich meinetwegen auslachen.“
Wendt hob seine linke Augenbraue. „Warum sollte ich. Wenn ich in all den Jahren, die wir zusammenarbeiten eins gelernt habe, dann das: Vertraue auf das Bauchgefühl deiner Kollegen!“
Hell warf ihm einen dankbaren Blick zu.
Eine Viertelstunde später war das Team vollständig um den Besprechungstisch versammelt. Recht schnell hatte Hell den Rest seiner Leute mit dem schmalen Ermittlungsstand vertraut gemacht. Schon wurde der Stand der Ermittlungen kontrovers diskutiert.
„Sie ist eine Frau mit Migrationshintergrund? Und zwei Männer ebenfalls mit Migrationshintergrund transportieren ihre Leiche munter mit einem Auto durch Bonn? Denke ich alleine da an einen Ehrenmord, der vertuscht werden soll?“, fragte Lea Rosin, die Jüngste im Team. In der Runde blieb es still; alle sahen sie an.
„Ich finde es zu früh, von einem solchen Rahmen auszugehen“, antwortete Christina Meinhold und Lea runzelte die Stirn. Die Ältere der beiden Frauen im Team hatte ihre Ausbildung zum Analytischen Fallermittler vor geraumer Zeit abgeschlossen, und anstatt in einem Team von Profilern zu arbeiten, hatte sie es vorgezogen, wieder in das Team von Oliver Hell zurückzukehren. Dort wurde sie mit offenen Armen wieder aufgenommen.
„Sie wurde erwürgt, sie trägt Strapse, wie sie von Prostituierten getragen werden und kommt allem Anschein nach aus einem Land des Nahen Ostens. Mehr wissen wir nicht, daher finde auch ich diese Annahme als verfrüht“, antwortete Jan-Philipp Wendt, Oliver Hells Stellvertreter. Lea Rosin verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte. Sie warf einen kurzen Seitenblick auf ihren Freund Sebastian Klauk. Doch auch von ihm erhielt sie nicht die erhoffte Unterstützung.
„Es ist noch zu früh, um solche Schlüsse zu ziehen, Lea“, sagte Hell besänftigend zu ihr.
„Schon gut, ihr seht es anders. Punkt!“
Alle sahen, dass sie mit Hells Worten nicht zufrieden war. Vor allem von Sebastians Seite hatte sie sich Unterstützung erhofft. Immerhin war er ihr Freund.
„Solange wir nicht wissen, wer das Opfer ist, können wir nichts tun“, analysierte Klauk nüchtern. „Diese Strapse beweisen nichts. Man kann sie ihr angezogen haben, nachdem man sie getötet hat, um eine falsche Spur zu legen.“
„Stimmt. So kann es auch gewesen sein“, stimmte ihm Hell zu.
„Von welcher Annahme gehen wir also jetzt erst einmal aus?“, fragte Wendt kühl.
„Von der Annahme, dass wir eine junge Tote mit Migrationshintergrund haben, ebenso zwei Männer mit Migrationshintergrund, die beim Transport der Leiche semigeschickt gewesen sind und seitdem auf der Flucht sind. Haben wir diese beiden an der Angel, kennen wir auch den Namen der Toten.“
Wendts Worte waren klar und sicher.
„Einverstanden. Wir müssen die Kollegen von der Sitte befragen, ob die Tote bei ihnen bekannt war. Und natürlich auch die Kollegen von der Vermisstenstelle ins Boot holen.“
Wendt hatte dies vor dem Eintreffen der Kollegen bereits telefonisch erledigt, nannte den Kollegen jetzt die Namen der Ansprechpartner. „Sie haben die entsprechenden Fotos schon erhalten, besser wäre allerdings ein persönlicher Kontakt. Wer weiß, vielleicht brauchen wir die Kollegen später noch“, erläuterte er.
„Ich kümmere mich um den Kontakt zu den Kollegen von der Vermisstenstelle“, sagte Lea.
„Ich mich um die von der Sitte!“, hielt Klauk dagegen. Sie nickte, stand auf, um zu ihrem Schreibtisch zu gehen. Holte sich ihre Schultertasche und trat hinter Klauk. „Gehen wir?“
Klauk warf ihr einen unsicheren Blick zu. Er ahnte bereits, was jetzt kommen würde. Lea würde ihn kritisieren, weil er ihre These mit dem Ehrenmord nicht unterstützt hatte. So war es immer in der letzten Zeit. Seitdem sie zusammen waren, fuhr Lea bei jeder kleinen Gelegenheit aus der Haut. Ihre Beziehung musste geheim bleiben, eine Beziehung unter Kollegen war in den Dezernaten der Polizei nicht gerne gesehen. Die Vorgesetzten wussten es nicht, die Kollegen aus Hells Team hielten die Verschwiegenheit hoch. Sebastian Klauk seufzte und erhob sich.
„Wir müssen doch in verschiedene Richtungen, magst du nicht vorgehen?“, fragte er.
„Kommst du jetzt bitte, Sebastian?“ herrschte sie ihn an, ihr Blick ließ keinen Zweifel offen, dass sie ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hatte. Klauk rollte mit den Augen. „Zu Befehl“, sagte er und folgte Lea zur Tür.
Als die Glastür ins Schloss gefallen war, begann vor der Tür direkt die Standpauke. „Du könntest mir ruhig mal zur Seite stehen, Sebastian Klauk!“, zischte sie und ihre braunen Augen funkelten.
„Warum sollte ich dir zustimmen, wenn ich nicht deiner Meinung bin?“
„Damit ich mir nicht so vorkomme, als sei ich die kleine Dumme, die von Kriminalistik keine Ahnung hat!“
Klauk ließ die Kinnlade fallen. „Was? Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun, Lea.“
„Hat es sehr wohl. Ich bin die jüngste im Team und habe keine Ausbildung wie ihr. Wenn euch das stört, dann müsst ihr es mir sagen.“
Lea geriet jetzt erst richtig in Fahrt.
„Du bildest dir zu viel ein. Keiner aus dem Team schaut auf dich herab. Wer sollte das denn tun? Chrissi? Ihr seid Freundinnen. Wendt? Der hält große Stücke auf dich. Hell? Dem hast du das Leben gerettet, schon vergessen?“
Leas Finger kreiste gefährlich vor Klauks Gesicht. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück. „Aber du! Du könntest mir zur Seite stehen!“
„Lea, Schatz. Sei bitte nicht albern. Wenn ich mich nicht so früh in einer Ermittlung festlegen mag und an einen Ehrenmord glaube, dann hat das doch nichts mit dir zu tun. Wenn Christina diese These aufgestellt hätte, dann hätte ich ihr auch nicht zugestimmt.“
„Aber du hast gar nichts dazu gesagt, das ist es ja!“, fuhr sie ihn jetzt an. Weibliche Logik, dachte er, doch das konnte er in diesem Moment nicht sagen.
„Keiner hat etwas gesagt, wenn du dich genau erinnerst“, führte Klauk als Verteidigung an. „Eben! Weil ihr mich alle für ungeeignet haltet!“
Klauk atmete tief durch. „Wenn du dich wieder beruhigt hast, Schatz, dann reden wir erneut darüber. Ich gehe jetzt zu den Kollegen von der Sitte. Bis später“, sagte er, wollte sich umdrehen, doch sie hielt ihn am Arm fest.
„Wenn du jetzt gehst, dann war‘s das!“, sagte sie ganz leise, aber diese Drohung bekam dadurch noch mehr Gewicht. Sebastian löste ihren Griff, sah sie verständnislos an.
„Was?“
„Du kannst mich nicht hier auf dem Flur stehen lassen wie ein kleines Mädchen“, stieß sie hervor. Klauk spürte, dass er in dieser Situation nur verlieren konnte. Lea war bereit, ihre Beziehung aufs Spiel zu setzen. Wegen einer solchen Kleinigkeit. Langsam verdrängte der Zorn über diese Albernheiten seine schwächer werdende Gelassenheit. Noch schaffte er es, sein Entsetzen hinter einem Nicken zu verbergen.
„Lea, schade, dass ich das hier nicht mit dem Handy aufgezeichnet habe. Du müsstest dich hören. Ehrlich, das ist albern!“