Oliver Hell - Stirb, mein Kind. Michael Wagner J.
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Der Mann betrachtete das Foto, dann ließ er sich auf seinem Stuhl zurückfallen. „Ihr beiden könntet beinahe Schwestern sein“, seufzte er.
„Ehrlich?“
„Kein Scheiß. Wir machen morgen die Fotos und dann sehen wir weiter. Aber wenn ich so nachdenke …“, sagte er langsam, sah an ihr hinab und wiegte den Kopf hin und her.
Lara ballte die Hände zu Fäusten, kniff die Augen zusammen und kreischte leise vor sich hin.
„Jajajajajajaja!“
Eine Viertelstunde später bestieg sie den Bus, ließ sich auf eine der Bänke fallen. Sie streckte die Beine aus und schloss die Augen. Sie würde es schaffen. Model sein. Und so bekannt sein wie Milly.
*
Bonn, Kiesgrube Flerzheim
Franziska war nicht erfreut gewesen, dass Hell sofort nach dem Anruf von Staatsanwalt Retzar das Haus verlassen hatte. Im Schlafzimmer hatte sie ihm deutlich gemacht, wie sie zu dem plötzlichen Abbruch des Urlaubs stand. Doch schließlich hatte sie sich damit abfinden müssen. Während er sich ankleidete, versuchte er sie weiter zu besänftigen, versprach ihr, nur den Tatort zu besuchen und dann den Fall an Kollegen abzugeben. Völlig unüblich trug er allerdings keine lange Hose, sondern hatte direkt die Shorts anbehalten, die er im Garten getragen hatte. Immerhin gab ihm ein helles Hemd eine gewisse Seriosität. Zu den brauen Sneakers hatte er ebenfalls helle Socken gewählt. Als er so gekleidet am Fundort der Leiche auf dem Gelände der Kiesgrube Flerzheim auftauchte, fragten ihn die beiden Beamten, die dort die Absperrung sicherten, nach seinem Dienstausweis. Missvergnügt hielt er ihnen die Plastikkarte hin und erhielt eine halbherzig gemurmelte Entschuldigung wenigstens von einem der beiden. Die KTU hatte schon die Arbeit aufgenommen. Ein Einsatzfahrzeug stand etwas außerhalb, in Fahrtrichtung der Kiesgrube. Ein weiß gekleideter Tatortermittler kniete auf der Ladefläche des Spezialfahrzeugs, das pickepacke voll mit Spezialutensilien beladen war. Hell konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte, nur die Form des wohlgeformten Gesäßes ließ auf eine Frau schließen. Unter der weit nach oben aufragenden Heckklappe des Seat Ibiza machte ein anderer Ermittler Fotos von der Leiche.
Hell trat zu ihm hin. „Urlaub beendet?“, fragte dieser knapp, ohne das Display der Kamera aus dem Auge zu nehmen. Hell antwortete nicht direkt, weil er den Mann nicht sofort erkannte. Hell blickte in den Kofferraum und konnte sich einen Fluch nicht verkneifen. „Verdammte Scheiße, das ist ja noch ein Kind!“, brummte er ärgerlich.
„Dachte mir schon, dass Retzar dich deshalb haben wollte“, antwortete der Tatortermittler und senkte die Kamera. „Ja, das ist noch ein Kind. Und wenn du mich fragst, dann ist die offensichtliche Herkunft des Opfers an sich schon eine Bombe. Hallo Oliver“, sagte Tim Wrobel, der Leiter der Bonner KTU. Für einen Moment wunderte sich Hell darüber, dass er seinen Freund Tim nicht unter dem weißen Overall erkannt hatte. Doch dies hatte nur für ein zwei Sekunden Priorität. Dann war er wieder ganz gefesselt von der sehr jungen Toten. Die braunen Augen der Toten starrten ins Leere. Sie war ein hübsches Mädchen, mit langem dunkelbraunem, fast schwarzem lockigen Haar. Er beugte sich in den Kofferraum hinein und betrachtete die Würgemale am Hals den Kindes.
„Wo sind die Typen, die das Auto gefahren haben?“, fragte er, sicher neugierig, aber mehr, um sich selbst von dem flauen Gefühl in seinem Magen abzulenken. Wrobel verzog das Gesicht.
„Weg, die sind filmreif flitzen gegangen.“
Hell hörte gar nicht richtig hin. Die junge Frau hatte massive Würgemale an der vorderseitigen Halshaut, es waren auch halbmondförmige Abdrücke der Fingernägel des Mörders zu sehen. Hell schluckte, achtete darauf, mit dem Kopf nicht gegen die Heckklappe zu stoßen, als er sich aufrichtete.
„Was meintest du?“, fragte er erneut nach.
„Wozu?“
„Entschuldigung, ich bin etwas geschockt. Ich hätte nicht gedacht, hier eine junge Türkin zu finden. Oder was denkst du, woher sie stammt?“, fragte er und heftete seinen Blick auf Tim Wrobel. Auch dessen Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Du liegst damit sicher richtig, ich würde auch sagen, dass unser Opfer aus der Türkei, Syrien oder dem Irak stammt. Was Näheres kann sicher Stephanie beisteuern. Sie kommt übrigens etwas später, weil sie noch einen Suizid vor der Brust hat“, informierte ihn der Tatortermittler.
„Um Gottes willen! Die himmlische Ruhe ist vorbei, wie mir scheint.“
„Ja, wir kommen eben von dort. Ein älterer Mann, kein Vergleich zu dem hier“, sagte Wrobel mit einer Kopfbewegung hin zu der Toten.
„Kinder sollten nie vor ihren Eltern gehen. Und sie sollten nie so elend sterben müssen, wie dieses Kind hier!“, fügte Hell an. Beide seufzten.
„Ja, das ist übel“, sagte Wrobel hart.
„Was für ein Mädchen ist sie wohl gewesen?“
Hell fuhr herum. Neben ihm stand die weibliche Tatortermittlerin, deren Hinterteil er im Fahrzeug der Ermittler schon heimlich bewundert hatte.
„Ein sehr hübsches“, antwortete Hell und sah die junge Frau fragend an. Sie hielt dem stand. Unter der Kapuze quoll keck eine blonde Strähne hervor. Knapp dreißig Jahre alt, eins sechzig groß und schlank, lustige Lachfältchen um den Mund herum. Ihre blauen Augen wirkten riesig in dem schmal geschnittenen Gesicht.
„Ach ja, ich bin die Neue. Mein Name ist Constance Nimmermann. Sie müssen Kommissar Hell sein, stimmt’s?“ Sie hielt ihm ihre Hand hin. Hell schlug ein. „Ja, Oliver Hell, sehr angenehm, Frau Nimmermann.“ Ihr Händedruck war für eine Frau sehr fest.
„Julian Kirsch hat sich eine Auszeit genommen. Er tourt mit einem Freund für ein halbes Jahr durch Neuseeland. Frau Nimmermann ergänzt unser Team in dieser Zeit“, erläuterte ihm Wrobel nebenbei. Die junge Frau hatte aber schon die Freundlichkeiten abgehakt und widmete sich wieder der Toten.
„Türkin? “
„Vielleicht. Diese Frage haben wir uns auch eben gestellt“, gab Hell zu. Frau Nimmermann trat einen Schritt nach vorne. Sie holte einen länglichen Gegenstand aus ihrem Ermittlerkoffer und kniete sich auf die hintere Prallfläche des Seat. Mit einer schnellen Bewegung hob sie damit den Rock des Mädchens hoch.
„Upps! Eine junge Türkin, die Strapse trägt. Gewöhnungsbedürftig“, stieß sie überrascht aus und sah über die Schulter hinweg zu den beiden Männern herüber. Beide Männer vergewisserten sich, dass sie zweifellos richtig lag, sie wurde dafür mit anerkennenden Blicken bedacht.
„Allerdings“, sagte Hell, „wir müssen die Kollegen von der Sitte befragen, ob sie die Tote kennen.“
„Klar.“
„Die Strapse sind übrigens keine aus dem Angebot von C&A oder so, die kommen aus einem speziellen Milieu“, sagte sie ohne die Augen schamvoll niederzuschlagen. Sie schien sich damit auszukennen. Wrobel nahm es ebenso schweigend hin wie Hell.
„Schon klar, was die Herren jetzt denken. Aber ich darf Sie dahingehend beruhigen. Meine Vorlieben für Unterwäsche liegen woanders. Ich war ein paar Jahre bei der Sitte, bevor ich zur KTU wechselte. Da lernt man sein Metier von der Pike auf.“
Hell interessierte sich nicht für