TEE macht tot. Monika Clayton

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sie ihm dabei zu, wie er die Termine seiner Schützlinge durchging. Immer wieder klopfte er auf seine Tastatur ein, hielt inne, um dann weiter zu klopfen.

      Danach wandte er sich Esther wieder zu. Ernst war sein Gesicht. Er faltete die Hände über seinem Schreibtisch und schüttelte den Kopf. Die Prüfung hatte ergeben, dass er keinen anderen Termin zur Verfügung hatte. Bereitwillig erklärte er auch den Grund dafür. „Sehen Sie Frau Friedrichsen, die Terminvergabe wurde der berechneten Dauer einer Untersuchung angepasst. Ebenso an den Schweregrad mancher Vorerkrankungen. Würde ich Ihren Termin verschieben, wären alle Folgenden ebenso verschoben. So ein Wirrwarr kann ich nicht riskieren. Nein! Beim besten Willen nicht.“

      Esther verzog das Gesicht und guckte auf die Uhr. Jetzt begann das Frühstück.

      „Ihre Untersuchung dauert doch nicht lange“, versuchte er, Esther Enttäuschung zu besänftigen.

      „Ob es nun fünf Minuten sind oder eine halbe Stunde, zu spät ist zu spät!“ Mit der Entscheidung ganz und gar unzufrieden, erhob sich Esther. „Was sind Sie nur für ein verbohrter Mensch“, brummelte sie, während sie in Richtung Tür schlurfte. „Wie kann man nur so auf die planmäßige Einhaltung der Termine bestehen? Ich gehe jetzt frühstücken!“

      Balthasar Sebastian Rohrasch stützte seinen Kopf in die Hand und blickte ihr nach. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag Frau Friedrichsen“, sagte er flehentlich, als sie schon fast die Bürotür erreicht hatte. „Wenn Sie sich nur heute netterweise an Ihren Termin halten, verspreche ich, werde ich künftige Termine Ihrem Tagesplan anpassen.“

      Esther blieb stehen und ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. Endlich nickte sie. Der Rohrasch gab sich doch wirklich alle Mühe, seine Senioren glücklich zu machen, da durfte sie jetzt nicht so stur sein, entschied sie − wenn auch widerwillig. Sie machte sich auf den Weg zu der kleinen Praxis, die sich ebenfalls im Erdgeschoss neben Rohraschs Büro befand.

      Währenddessen warf der gutmütige Dr. Ralf Liebherr einen Blick in die Krankenakten seiner Patienten. Bisher waren sich die Bewohner ausnahmslos alle einig gewesen, dass die Untersuchung, die der Rohrasch angeordnet hatte, zum einen unnötig sei und zum anderen ungelegen kam. Und er war derjenige, der den Unmut zu spüren bekam.

      Entschlossen klopfte es an seiner Tür.

      Dr. Liebherr war sich sofort darüber im Klaren, dass dies auch bei seiner nächsten Patientin der Fall sein würde. Langsam wurde die Klinke heruntergedrückt, und herein schlurfte Esther Friedrichsen.

      „Hallo Frau Friedrichsen“, begrüßte er Esther und trat ihr entgegen. „Wie geht es uns denn so?“

      „Nicht so schlecht, als dass ich deswegen auf mein Frühstück verzichten müsste“, entgegnete Esther spitz und ließ sich auf den Stuhl vor dem Arztpult nieder. Sie hatte sich zwar bereit erklärt, den Termin einzuhalten, aber gerne tat sie es nicht. Aber das hatte der Rohrasch auch nicht verlangt.

      „Gut, versuchen wir, die Untersuchung schnell über die Bühne zu bringen!“ Freundlich wies er Esther Friedrichsen an, sich abhören zu lassen, prüfte Blutdruck, Augenreaktion, Ohren, Rachen und Reflexe. Der Routine wegen stellte er noch eine Unmenge gesundheitlicher Fragen, die sie knappgehalten mit „ja“, „nein“, „nein“, „ja“, „geht so“ beantwortete. Sorgfältig schrieb er sich danach ihr Gewicht auf und äußerte augenzwinkernd, dass etwas abzunehmen und weniger fettreiche Kost ihren Gelenken ganz gut täte, was wiederum ihrem mittlerweile belastetem Herzen etwas Erleichterung schenken würde.

      Überlegend stierte Esther ihn an, kam dann aber zu dem Entschluss, dass sie mit ihren 83 Jahren wirklich keine Diät mehr beginnen sollte. „Nein!“, schüttelte sie den Kopf. Ihr Lebtag habe sie noch keine Diät gemacht und werde sicherlich nicht jetzt noch damit anfangen. Außerdem sei sie viel zu sehr an ihre regelmäßigen Mahlzeiten gewöhnt, als dass sie sich noch umstellen wollte. „Wenn es Zeit zum Gehen ist, hilft ohnehin keine Diät. Halten Sie mich einfach in dem Zustand, in dem ich mich befinde!“, erteilte sie dem Arzt Anweisung, „und ich tue das Meinige mit Kräutertees. Und so Gott will und nichts dazwischen kommt, lassen sich damit sicherlich noch fünf Jahre herausschlagen, vielleicht auch mehr. Das wird sich zeigen.“ Abrupt stand sie auf und richtete ihre Kleidung.

      Verwundert versprach der Arzt, während er sie zur Tür geleitete, zu tun, was ihm möglich sei. Dass man sich mit Senioren auf keine Diskussionen einlassen sollte, hatte er, seitdem er hier auf St. Benedikta Dienst tat, sehr schnell gelernt. Und so entließ er Esther Friedrichsen aus der hauseigenen Praxis.

      Diese machte sich auch gleich auf den Weg, um nun endlich zum Frühstückstisch zu eilen.

      Hektisch und ungeordnet ging es im Speiseraum zu, was Esther Friedrichsen ganz und gar nicht gefiel. Ständig hörte man einen Stuhl über den Boden schleifen, sich jemanden verabschieden oder sich begrüßen. Die Plätze des Ehepaares Teifler waren leer, als sie den Speisesaal mit einer halbstündigen Verspätung endlich betrat. Frau Teifler hatte, soweit Esther wusste, gerade jetzt ihren Termin. Lisa Müller steckte sich noch hastig die letzten Bissen in den Mund. Ihr außerplanmäßiger Vorsorgetermin war in 20 Minuten. Also nach Frau Teifler, aber vor Herrn Teifler.

      Konzentriert wendete Esther sich ihrem Brotkörbchen zu. Schnitt, wie sie es immer tat, erst beide Semmeln auf, bestrich alle vier Hälften gleichmäßig extra dick mit Butter und häufte dann, ebenfalls gleichmäßig, Aprikosenmarmelade darauf. Ausgehungert schlang sie ihr Frühstück in sich hinein; mit dem letzten Bissen stellte sie jedoch fest, dass der nicht wie immer war. Abwartend blieb sie am Tisch sitzen. Vielleicht stellte sich das Sättigungsgefühl ja doch noch ein. Zehn Minuten wartete sie und lauschte den Gesprächen, die sie heute jedoch kaum fesselten. Sie gönnte sich einen Schluck Orangensaft, dann noch einen, aber der Hunger verging einfach nicht.

      Das mag wohl auch der Grund gewesen sein, warum sie das tat, was sie tat, denn eigentlich machte sie nie etwas Unrechtmäßiges.

       9. Kapitel

      Esther ließ ihren Blick den Tisch entlangwandern. Lachend sah Gertrud kurz zu ihr herüber und wandte sich dann wieder Lenni zu, der seinen Charme bei ihr spielen ließ. Sie lief rot an und senkte verschämt den Blick. Lenni hatte sicherlich wieder einen seiner üblichen Sprüche gerissen und um ein Stelldichein gebeten. Einen Augenblick lang sah Esther Lenni verhalten an.

      Mit wieherndem Hallo trat in diesem Augenblick die immer laute und hektische Frau Teifler an den Tisch. Höflich wurde zurückgeschrien.

      Für Esther kam dieser Moment äußerst gelegen. Niemand achtete gerade auf sein Frühstück, weshalb Esther kurzerhand und ungefragt in das Brotkörbchen griff, das neben dem Teller von Elisabeth Schirner stand. Die merkte es nicht.

      Herzhaft biss Esther Friedrichsen in die dritte Semmel und ließ sie sich schmecken. Würde sie öfter ihr Frühstück verspätet einnehmen müssen, überlegte sich Esther, während sie sich endlich gesättigt fühlte, wäre sie in kürzester Zeit doppelt so dick. Das würde dem Dr. Liebherr sicherlich nicht gefallen und dem Rohrasch sowieso nicht. Sorgfältig wischte sie mit ihrer Serviette die Spuren des gestohlenen Mahls aus ihrem Gesicht und ging dann wie gewohnt ihrem Tagesablauf nach.

      In ihrem Zimmer kleidete sie sich, der Jahreszeit entsprechend, um. Die braune Cordhose ließ ihre Hüften noch etwas rundlicher hervortreten, was Esther aber herzlich wenig interessierte, denn Misswahlen wurden in St. Benedikta nie abgehalten. Nachdem sie sich noch in einen fliederfarbenen Wollpullover gezwängt hatte, zog sie Mantel, Mütze und Schal an. Sie griff nach ihrem Schirm, der stets hinter der Zimmertür an der Garderobe hing, und machte sich auf den Weg zum montäglichen Friedhofsbesuch.

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