Heil mich, wenn du kannst. Melanie Weber-Tilse
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Erneut runzelte er die Stirn, weil er den Sinn hinter ihren Worten nicht wirklich verstand, aber andererseits - wer verstand schon Frauen? So startete er den Wagen und lenkte ihn auf die Straße.
»Wo fahren wir hin?«
Er sah für einen Moment zur Seite und grinste. »Warts ab, Neugiernase!«
Die Fahrt verlief in angenehmem Schweigen, und am Ziel angekommen fand er recht schnell einen Parkplatz. Sein Blick glitt zu Fran. Er war gespannt, wie sie reagieren würde, wenn sie seinen Laden betrat. Wie immer öffnete er ihr die Tür und bot ihr seinen Arm an, nachdem sie ausgestiegen war.
Ein Glöckchen bimmelte leise, als er die Tür zu Rosemaries Café öffnete und sogleich den herrlichen Duft von Kaffee, frischen Brötchen und allerlei weiteren Leckereien in sich aufnahm. Zu diesem Duft mischte sich der Geruch von Büchern. Ein erfreutes Jauchzen an seiner Seite ließ ihn lächeln, offenbar gefiel seine Wahl auch Francoise. Sein Blick glitt durch den kleinen, urgemütlichen Raum.
Der Zahn der Zeit war nicht spurlos an der Einrichtung vorbeigegangen, doch genau das machte den Charme für ihn aus. Die Holztische waren alt, aber gepflegt und die antiquiert anmutenden Sessel, die an jedem Tisch standen, luden zum Verweilen ein. An den Wänden reihten sich Regale aneinander, gefüllt mit den unterschiedlichsten Büchern aller Farben und Genres.
Er verbrachte fast jeden Sonntag hier und noch immer fand er Geschichten, die er nicht kannte und die ihn fesselten. Es war von Rosemarie, der Besitzerin erlaubt und sogar gewünscht, dass sich die Besucher des Cafés die Bücher mit an die Tische nahmen und in ihnen stöberten.
»Jefferson, welch eine Freude!«, ertönte da auch schon die Stimme der alten Dame, und ehe er sich versah, fand er sich in einer herzlichen Umarmung wieder. »Und wenn mich meine alten Augen nicht trügen, hast du sogar ein Mädchen dabei! Es geschehen noch Zeichen und Wunder!«
»Rose, darf ich dir vorstellen, das ist Francoise. Sie ist die Assistentin meines Bosses und ich wollte ihr unbedingt deinen zauberhaften Laden und das phänomenale Frühstück zeigen, dass du uns sicher gleich servieren wirst!«, erklärte er und schon hatte Rosemarie auch die überraschte Fran an ihren mächtigen Busen gezogen.
»Herzchen, Sie müssen etwas ganz Besonderes sein, wenn er Sie mit hierher bringt!«, rief sie und sein Blick glitt zu Francoise. Für einen Augenblick sah er deutlich die Angst in ihren Augen flackern und ihre Miene wurde undurchdringlich, doch so schnell wie dieser Moment gekommen war, verflog er auch wieder.
Bevor Rosemarie am Ende noch etwas sagte, was dafür sorgte, dass sich seine Begleiterin wieder in ihrem Schneckenhaus zurückzog, half er Francoise aus ihrem Mantel und schälte sich dann aus seinem Mantel. »Es tut mir leid, Miss ... Francoise ... sie kennt mich, seitdem ich ein kleiner Junge bin, und ...«, er grinste sie schief an.
»Schon okay«, murmelte sie, doch er hörte an ihrer Stimme, dass es eben das jetzt gerade nicht war.
Die alte Dame schien zu spüren, dass etwas nicht Greifbares in der Luft lag, denn sie marschierte laut plappernd in eine Ecke des Cafés und winkte beide heran. »Setzt euch hierher, ihr beiden. Ich werde euch das beste Frühstück servieren, das ihr je bekommen habt!«
Aus einem Reflex heraus legte er seine Hand in Francoises Rücken und übte sanften Druck auf sie aus, um sie in Richtung des von Rose ausgewählten Tisches zu führen. Als ihm bewusst wurde, was er da tat, war es schon zu spät. Doch überraschenderweise versteifte sich Francoise nicht, sondern ließ sich stillschweigend von ihm dirigieren.
Nachdem sich beide niedergelassen hatten, wuselte die alte Dame zwischen Tisch und Theke hin und her und deckte den Tisch. Nach und nach landeten all jene Köstlichkeiten, die er so gern mochte, bei ihnen. Es gab alles, was das Herz begehrte. Pancakes, Rührei, Buttercroissants, noch warme Brötchen, diverse Marmeladen und Honig, sowie eine Auswahl an Wurstaufschnitt servierte Rose ihnen, und ganz zum Schluss brachte sie zwei große, dampfende Tassen herbei und stellte sie summend vor beiden ab.
»Was ist das?«, fragte Francoise und musterte misstrauisch das Gebilde aus Sahne und Schokoladenstreuseln, das auf der Tasse thronte und so aussah, als würde es jeden Moment alles zum Überlaufen bringen.
»Das ...«, er grinste vergnügt und er nahm ein Croissant in die Hand, »ist die weltallerbeste heiße Schokolade!«
»Ich werde aufgehen wie ein Hefekuchen und es wird Wochen dauern, bis ich all die Kalorien wieder runter habe!«, beschwerte sich Fran, doch das Lächeln auf ihren Lippen milderte die Worte. Dennoch war er kurz und offenbar unbemerkt von ihr zusammengezuckt, hatte sich aber sofort wieder gefangen.
»Dann wird unsere nächste Verabredung eben im Fitnessstudio stattfinden!«, kommentierte er trocken, was ihr ein lautes Lachen entlockte. Für eine Weile herrschte einvernehmliches Schweigen zwischen ihnen, während sie sich dem reichlichen Frühstück annahmen, das fast den gesamten Tisch belagerte.
»Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass du vom Nebentisch aus die ganze Zeit angestarrt wirst?«, kicherte Fran auf einmal los und deutete ›unauffällig‹ in die entsprechende Richtung. Er folgte ihrem Hinweis und sah sich Auge in Auge mit einem Mann, der genau in diesem Moment seine Kaffeetasse zum Mund führte – mit abgespreiztem Finger!
»Werde ich?«, fragte er verwirrt.
»Ja doch!«, grinste sie. »Der beobachtet dich schon seit locker fünf Minuten!«
»Ja, und ...?« Noch immer war ihm nicht klar, worauf zum Geier sie hinauswollte.
»Nun tu doch nicht so, Jefferson. Ich hab dich schon gestern durchschaut!«, ihre Stimme klang tadelnd.
»Ach?«, er biss herzhaft in sein Croissant.
»Das muss deine Ausstrahlung sein! Und wirklich ...«, sie sah ihn mit großen Augen an und nickte bekräftigend, »ich habe überhaupt kein Problem mit deiner Homosexualität!«
Fast hätte er das Croissant, in das er gerade hineingebissen hatte, wieder ausgespuckt. Fassungslos holte er Luft, vergaß dabei aber, vorher zu schlucken und der letzte Rest des buttrigen Gebäcks verirrte sich in seine Luftröhre, was in einem enormen Husten- und Erstickungsanfall endete. Röchelnd sprang er auf. »Entschuldige mich für einen Moment!«, keuchte er und hastete in Richtung der Herrentoiletten.
Dort angekommen starrte er im Spiegel sein gerötetes Gesicht an, nachdem er auch das letzte Stück Croissant aus seiner Luftröhre gehustet hatte. »Ich habe überhaupt kein Problem mit deiner Homosexualität!«, hallten ihre Worte noch immer in seinem Kopf nach und er konnte es kaum glauben. Sie dachte, er stünde auf Männer! Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie auf das schmale Brett kam.
Einige ihrer Aussagen bekamen unter diesem Gesichtspunkt eine völlig neue Bedeutung für ihn und im Moment wusste er nicht, ob er lachen oder sich ärgern sollte. Der Spruch über die Wahl seines Autos, ihre Andeutung, den Mann am Nebentisch betreffend. Er erstarrte. War etwa auch ihre Zusage zu dem gemeinsamen Frühstück nur der Tatsache geschuldet, dass sie dachte, er sei homosexuell?
Das würde erklären, warum sie sich in seiner Gegenwart so entspannt verhielt. Stöhnend raufte er sich die Haare und unterdrückte einen Fluch. In seinem Leben hatte er schon so einiges erlebt, aber ... für homosexuell gehalten zu werden, gehörte mit Sicherheit nicht dazu. Er musste das schleunigst aufklären! Hastig spritzte