Nuclatom. Hans J Muth

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Nuclatom - Hans J Muth

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drehte den Kopf ein wenig zu mir und ich sah, dass die Gesichtshälfte, unter die man eine gefaltete Sommerjacke gelegt hatte, blutverschmiert war. Verletzungen unter seiner Kleidung konnte man nur erahnen. Für mich war klar: Felix war von einem Auto angefahren worden. Ich sah hoch zu dem jungen Mann, der nun neben uns stand.

      „Der Unfallverursacher?"

      Er zuckte mit der Schulter. „Unfallflucht. Es gibt Zeugen."

      Ich wandte mich wieder Felix zu, der mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Seine Lippen bewegten sich lautlos.

      „Bitte, streng dich nicht an, Felix", versuchte ich auf ihn einzureden. „Der Krankenwagen muss jeden Moment hier sein."

      Seine Lippen bewegten sich weiter und in seinen Augen bemerkte ich etwas Flehendes. Ich beugte mich zu ihm hinunter und mein Kopf befand sich neben seinem.

      „Sabotage", entnahm ich seinem stockenden Flüstern. Er wiederholte es „Sabotage. Du ... musst ... sei vorsichtig."

      Seine Stimme verebbte, die Lider seiner Augen flackerten kurz und zogen sich bis auf einen Spalt zusammen. Er atmete nicht mehr.

      „Gehen Sie zur Seite, Lassen Sie uns durch!", hörte ich eine energische Stimme. Ich wurde beiseitegedrängt und Sanitäter begannen mit der Reanimation. Benommen schlich ich davon und fand mich kurze Zeit wieder in meiner Wohnung. An den Weg dorthin konnte ich mich nicht mehr erinnern, so tief saßen die Gedanken um Felix und seine letzten Worte: „Sabotage". Was bedeutete das? Was wollte er mir damit sagen? Was meinte er damit, ich solle vorsichtig sein?

      Ich sah zum Fenster hinaus und sah den Rettungswagen davonfahren. Ein Polizeiwagen stand in unmittelbarer Nähe des Unfallbereichs. Ein Leichenwagen bahnte sich den Weg durch die inzwischen größer gewordene Ansammlung von Menschen.

      „Es war kein Unfall, Felix", sagte ich leise vor mich hin, während ich beobachtete, sie meinen Mitarbeiter in einen Zinksarg legten und ihn im Leichenwagen verstauten. „Sie haben dich vorsätzlich überfahren. Die Unfallflucht im rechtlichen Sinne war nur vorgetäuscht. Es war Mord. Kaltblütiger Mord. Was wusstest du, Felix, das du nicht wissen solltest?"

      Ich fühlte mich leer, ausgebrannt, mit der derzeitigen Situation überfordert. Was meinte Felix nur mit seinen letzten Worten? Als ich den Leichenwagen davonfahren sah, lief es mir kalt den Rücken herunter. Dann verstand ich plötzlich. Felix wollte mich warnen. „Sei vorsichtig", waren seine letzten Worte. Das konnte vieles bedeuten. War man hinter mir her? Versuchte man auch mich umzubringen. Oder meinte Felix mit vorsichtig, ich solle an meinem Arbeitsplatz die Augen offenhalten? Ich würde es selbst herausfinden müssen.

      Langsam leerte sich der Platz unten auf der Kreuzung und der Verkehr begann sich wieder zu normalisieren. Es war, als wollte ich Felix ein Versprechen hinterherrufen, als ich vor mich hin flüsterte: „Leb wohl, mein Freund, du bist nicht umsonst gestorben, das verspreche ich dir. Ich werde herausfinden, warum man dir das angetan hat."

      3. Kapitel

       Die Zeit danach/Stadtklinik

      Es ist fast dunkel im Raum, als ich erwache und ich muss mich gedanklich erst wieder in meiner Umgebung zurechtfinden. Nur die kleine Nachtlampe versucht, ihre minimale Energie in den Raum abzugeben und unwillkürlich stelle ich wieder einen Vergleich zu mir und meiner minimalen Energie an.

      Ich fühle die Bettlaken mit meinen beiden Händen, denn die Arme liegen, wie in den Tagen zuvor, an den Seiten meines Körpers entlang. Ich liege auf dem Rücken, eine Drehung während der Nacht ist mir nicht mehr möglich.

      Ich verspüre Schmerzen im Bereich meines Steißbeins. Obwohl ich auch den Drang zum Toilettengang habe, besteht hier kein Zusammenhang. Es ist nicht der Druckschmerz einer zu erwartenden Entleerung meines Darms, es ist ein Schmerz, der mir irgendwie auf die unteren Wirbel drückt.

      Ich drehe den Kopf zum Nachttisch und erkenne schemenhaft das Headset, das mir Dr. Bollinger hat besorgen lassen. Ich erinnere mich.

      ***

      Als Dr. Bollinger nach der Visite gestern mein Zimmer verlassen hatte, war ich in einen Tiefschlaf gefallen. Doch er hielt nicht lange an. Irgendwann am Abend wachte ich auf und ließ mir das Gespräch mit dem Doktor durch den Kopf gehen. Sollte ich tatsächlich meine letzten Tage damit verbringen, bis zur Erschöpfung über die Vergangenheit nachzudenken und das auch noch verbal formulieren? Mich überkamen Zweifel und eine Stimme in meinem Kopf sprach sich dafür aus, es zu lassen. Doch eine zweite Stimme stellte sich ihr gegenüber und plädierte dafür, es zu tun. Während ich dem Kampf in meinem Kopf erst einmal freien Lauf ließ, öffnete sich die Tür und die Oberschwester sie hörte auf den Namen Louise trat in mein Zimmer. Mit Mundschutz und Handschuhen. Natürlich. Ich glaubte, unter dem grünen Zellgewebe über ihrem Mund die Konturen eines Lächelns zu erkennen. In der Hand trug sie das von Dr. Bollinger angesprochene Aufnahmegerät und das das dazugehörige Zubehör.

      „Wollen Sie es versuchen?", fragte sie mich und nun sah ich, dass auch ihre Augen lächelten. Sie wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern legte mir das Headset an. Das Aufnahmegerät platzierte sie so neben meiner rechten Hand, dass ich mit dem Zeigefinger die Pausentaste drücken konnte. So war es mir möglich, zu sprechen oder auch nicht, wie es mir passte. Auf Druck meines Fingers lief das Band, auf Druck stoppte es.

      „Schwester, Sie verfügen über mich, als sei ich ihr …"

      Mein Kind?", unterbrach sie mich schnell und eliminierte damit das Wort, das uns beiden wohl gleichzeitig auf der Zunge lag: Pflegefall.

      „Warum nicht? Lassen Sie sich verwöhnen. Wir machen es gerne", fügte sie leise hinzu. Mit wir bezog sie das gesamte Personal ein, was mir irgendwie guttat.

      „Also? Werden Sie es versuchen? Was soll ich dem Doktor sagen?"

      Diese Erpresserin. Sie wusste, dass ich nicht mehr ablehnen würde. Und sie wusste, dass ich mich vor Dr. Bollinger nicht bloßstellen würde. Ich nickte.

      Lächelnd und mit erhobenem Kopf verließ Schwester Louise den Raum, ihre korpulente Figur mit den am Hinterkopf zusammengefassten schwarzen Haaren leicht in den Hüften wiegend.

      Ich überlegte nicht lange. Wenn ich mich schon entschieden hatte, dann wollte ich auch gleich loslegen. Ich drückte die Aufnahmetaste.

      ***

      Der Schmerz im Lendenwirbelbereich nimmt zu. Ich versuche, den Körper etwas zur Seite abzudrehen, es gelingt mir, wenn es auch nur wenige Zentimeter sind. Dann verlässt mich die Kraft und der Körper rollt zurück die die ehemalige Position.

      Ich liege etwa eine halbe Stunde so, als Schwester Louise das Zimmer betritt. Mit Mundschutz und Handschuhen. Was sonst?

      „Sie haben mit dem Schreiben begonnen, das ist gut“, sagt sie, während sie diverse Vorbereitungen trifft. Sie hat gelauscht, denke ich. Ja, sie hat an der Tür gelauscht. Warum auch nicht. Nach meinem Ableben wird es sich jeder anhören, als erstes alle hier auf der Station, ehe es seinen weiteren Weg gehen wird.

      „Schwester, ich habe Schmerzen", beginne ich. Der Druck auf meinem Rücken wird schlimmer. „Der Rücken, ziemlich unten."

      Schwester Louise macht ein besorgtes Gesicht. „Ich werde sofort nachsehen."

      „Es ist wieder ein Dekubitus, nicht wahr",

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