Seine Sensible Seite. Amalia Frey

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A als ziemlich wichtiger Jurist vornehmlich in puncto Energiepolitik in Russland unterwegs. Niemand verstand so recht, warum Sascha nicht auf den Erfolg seines Sohnes stolz war.

      Sie erarbeiteten Geschäftliches zusammen, pflegten aber kein unbedingt herzliches Verhältnis. Je älter mein Mentor wurde, und vor allem nach seinem Schlaganfall vor einigen Jahren, desto mehr regelte sein Sohn für ihn – wenn auch aus der Ferne.

      »Fräulein Lux, ich weiß, Sie und Alexander hatten einen schlechten Start. Aber ich bitte Sie aufrichtig, ihm noch eine Chance zu geben. Er ist kein übler Mensch, wenngleich das auf viele den Eindruck machen kann. Er hat Einiges erlebt, wissen Sie? Genau wie Sie. Ich denke, Sie beide sind sich auf gewissen Ebenen sehr ähnlich. Deswegen habe ich ihn hergebeten, er müsste in einer halben Stunde hier sein.«

      »Er ist wirklich in Berlin?«

      »Ja, heute Vormittag gelandet. Er wird seinen Aufenthalt mit deutschen Fällen verbinden und nebenher ein paar Angelegenheiten für mich regeln.«

      Das überraschte mich dann sehr. Sascha war schon länger krank, seit Wochen bettlägerig. Ich hatte ihn zu Hause nicht besuchen dürfen. Das und die Tatsache, dass sich Doktor A bisher gefühlt fünfhundert Mal angemeldet, jedoch immer im letzten Moment abgesagt hatte, ließen mich erschaudern. Es konnte doch nur bedeuten, dass es meinem lieben alten Freund so schlecht ging, dass selbst dessen verlorener Sohn in seiner Nähe bleiben wollte. Ich schüttelte den Gedanken ab.

      »Nun«, gestand ich ihm zu, »wenn Sie mich darum bitten, werde ich Doktor Schneid die Möglichkeit geben, seine gute Seite zu zeigen. Ich wüsste allerdings nicht, in welchem Zusammenhang wir uns treffen sollten.«

      »Das bringt mich zu meinem eigentlichen Anliegen. Ich weiß, es ist viel verlangt, aber könnten Sie sich in Anbetracht der Umstände vorstellen …«

      Plötzlich versagte seine Stimme. Instinktiv griff ich nach seiner Hand und sagte bestimmt: »Herr Schneid, lieber, lieber Sascha, Ihnen verdanke ich meinen Durchbruch. Was kann ich also für Sie tun?«

      »Schreiben Sie mein Buch – jetzt!«

      Ich schreckte zurück.

      Mein fünftes Werk »SCHWARZE ZAHLEN« sollte das Leben meiner Großmutter behandeln. In den Fünfzigern unterhielt sie eine Liebschaft mit einem weißen Industriemogul. Er half ihr finanziell und unterstützte sie, als sie ihre eigene Wäscherei in Miami eröffnete. Aus dieser verbotenen Liebe ging auch mein Vater hervor. Nana gelang damals, was leider heute noch zu wenigen alleinerziehenden Schwarzen gelingt: ein so großer finanzieller Erfolg, dass sie ihrem Sohn höhere Bildung zugänglich machen und ihn zum Studieren sogar nach Deutschland schicken konnte. Als er sein eigenes Geld verdiente, verkaufte sie die Wäscherei und verbrachte ihren Lebensabend damit, sich für die gesellschaftliche Anerkennung von Mischehen starkzumachen. Sie war schon drei Jahre tot, als ich Anfang der Achtziger geboren wurde. Dad sagte oft, dass ihre Kämpferinnatur in mir weiterlebte.

      Sascha fuhr fort: »Ich weiß, Sie haben gerade das andere Projekt. Ich weiß, wie viel Freude es Ihnen bereitet, Ihrer Großmutter zu gedenken. Ich weiß, dass unsere Übereinkunft eine andere war. Aber sehen Sie mich an – wer weiß, wie viel Zeit noch bleibt?«

      »Sagen Sie so etwas nicht.«

      »Ich weiß, es ist viel verlangt …«

      »Gar nicht, Herr Schneid«, unterbrach ich ihn und drücke diesmal mit beiden Händen seine Hand, »Es ist das Mindeste. Wir können sofort beginnen.«

      »Liebes Fräulein Lux, Sie goldiges Wesen. Heute muss es nicht sein. Kommen Sie morgen und bringen Sie ihren Klappcomputer mit. Dann erzähle ich Ihnen alles.«

      »Gut, so machen wir es.«

      »Mit Richter ist das auch schon abgeklärt. Ich werde ihm Bescheid geben, dass der Vorschuss, den sie bereits erhalten haben, für meine Biografie gedacht ist. Wenn Sie mit dem Schreiben fertig sind, so werde ich es verfügen, bekommen Sie noch einen Bonus.«

      »Das muss nicht sein, mir geht es gut. Lassen Sie mich das Buch so schreiben. Aus alter Freundschaft und Dankbarkeit.«

      Da drückte er meine Hand fester und hauchte: »Sie wären mir eine gute Tochter gewesen …«

      Will der mich verarschen?

      Ein starker Geruch nach Rasierwasser stieg in meine Nase, so dass ich instinktiv aufsah. In der Tür stand der schnieke Anzugträger von vorhin und das offenbar schon seit einer Weile. War ich im falschen Film? Eine krasse Ader pochte an seiner Stirn, sein Hals färbte sich dunkelrot. Jeden Moment würde er explodieren. Stattdessen brummte er kalt: »Guten Tag, Frau Lux nehme ich an …«

      Die Erkenntnis, wer er war, verschlug mir den Atem.

      Sie nickte. Das konnte doch nicht wahr sein!

      Mit den kurzen Haaren und den zusätzlichen Muskeln hatte ich sie nicht erkannt.

      »Doktor Schneid«, gab ich mit einem Nicken zurück und lockerte langsam den Griff um Saschas Hand.

      Im sonnendurchfluteten Krankenzimmer wirkte Doktor A in seiner Wut zwar furchterregend, doch er hielt lange genug still, so dass ich sein Gesicht genauer betrachten konnte. Maskulin und rosé war es, blass wohl vom Stress. Er hatte einen markanten Kiefer mit einem graden Mund, den zwei tiefe Falten umrundeten. Wegen der schlechten Rasur sah ich, dass sein Bart ebenso blond wie sein Haupthaar war. Er mochte Mitte vierzig sein. Und endlich erkannte ich die Ähnlichkeit: Er hatte die großen, dunkelgrünen Augen Saschas.

      »Junge! Steh da nicht so wie ein Zinnsoldat«, rief dieser ungewohnt schroff.

      Als Doktor A daraufhin auf uns zusteuerte, ließ ich endgültig die Hand seines Vaters los und rutschte vom Krankenbett.

      Ich wollte höflichen Abstand wahren, so dass die beiden sich begrüßen konnten. Aber Doktor A blieb noch weiter entfernt vom Bett stehen als ich, stemmte die Hände in die Seiten und nickte seinem Vater zu.

      »Das Fräulein hat eingewilligt«, stöhnte Sascha müde. Seine Stimme wirkte in Gegenwart seines Sohnes plötzlich viel brüchiger und schwächer. Hatte er vor mir stark sein wollen oder wollte er vor Doktor A kränker wirken? Oder machte er es gar nicht mit Absicht?

      »Ich möchte, dass du sie bei allem unterstützt.«

      Daraufhin drehte Doktor A sich zu mir herum und starrte mich noch böser an.

      »Hmm«, knurrte er nach einer Weile, »soweit ich weiß, wird sie meine laienhafte Hilfe nicht brauchen. Sie ist doch wohl qualifiziert genug.«

      Ich zog eine Augenbraue hoch und wollte erwidern, dass er recht hatte, Sascha kam mir jedoch zuvor: »Hornochse, nun reicht es. Sie macht sich damit genug Umstände. Ich will, dass du ihr zur Seite stehst. Du wirst an unseren Treffen teilnehmen und evaluieren.« Dann wandte er sich an mich, seine Stimme klang deutlich sanfter: »Mein Gedächtnis ist in letzter Zeit etwas schlecht, es kann sein, dass er mich verbessern muss, wenn ich von früher spreche.«

      »Sicher, ich werde einen guten Anstandswauwau abgeben«, rief Doktor A und ließ den Blick über meine Figur schweifen. »Wer weiß, wozu so ein junges Ding sonst …«

      Ich ließ ihn nicht ausreden. »Ich darf doch wohl sehr bitten!«, donnerte ich. Und das so laut, dass der Pfleger

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