Seine Sensible Seite. Amalia Frey

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ich mich nur um, erklärte noch: »Herr Schneid, ich werde die Hilfe Ihres Sohnes nicht brauchen. Ich wünsche ihn nicht morgen, nicht übermorgen und zu keiner Zeit hier vorzufinden, wenn wir an Ihrem Buch arbeiten.« Und damit wetzte von dannen.

      Dieser Hintern …

      °°°

      Der nächste Morgen kündigte bereits einen sauheißen Tag an. Die Sonnenstrahlen kitzelten meine Nase und ließen mich lächelnd aus meinen bewegten Träumen erwachen. Um mich auf Touren zu bringen, rutschte meine Hand noch einmal ins Höschen und katapultierte mich kurz ins Engelsreich. Ich erstickte mein Stöhnen. Hier war niemand, den ich damit anfeuern könnte. Dann streckte ich alle Glieder und erhob mich. Entgegen meiner Gewohnheit schlief ich nicht bis 12:00 Uhr, sondern musste um 8:00 Uhr aus dem Bett und ins Bad. Zähneputzend und mit verquollenen Augen starrte ich in den Spiegel. Mein Gesicht war wohl das Einzige an mir, dem man die Dreißig ansah. Spitz war es geworden, meine Züge ergaben ein fast perfektes Herz. Ich mochte die vollen Lippen meines Vaters und die hellbraunen Augen meiner Mutter. Meine Haut war eine vollendete Symbiose dieser Mischehe: ein kühles Mittelbraun. Mit 27 fielen mir die zarten Furchen auf, die meine Stirn waagerecht schmückten, und schließlich folgte die tiefe Denkfalte, die sie oberhalb meiner flachen Nase genau teilte. Als sich mir mein Schwarzes naturkrauses Haar noch chemisch glätten ließ, trug ich einen Pony, der die Falte auf meiner Stirn passabel verdeckt hatte.

      Ich spuckte aus und sah wieder in den Spiegel. Den Stirnfalten hatte ich anfangs versucht, mit Cremes und Peelings entgegenzuwirken. Doch jeder kleine Erfolg wurde durch den nächsten nächtewährenden Schreibmarathon zerstört. Ich entschied mich fürs Mit-Würde-Tragen. Eine Gesellschaft, die Denk- und Lachfalten mit Nervengift wegspritzte, musste ohnehin ihre Werte überdenken, so ging ich mit gutem Beispiel voran. Dazu kam die Entscheidung, meine schwarzafrikanischen Wurzeln nicht mehr mit Tonnen von Chemie zu zerstören und meine Haare ganz einfach schneiden zu lassen, wenn mir die Mähne zu voluminös wurde. Als Ma meinen Kurzhaarschnitt sah, erklärte sie mir, dass ich ihr ein Brief mit sieben Siegeln sei. Ich verkniff mir schon länger Bemerkungen in die Richtung, wie verletzend ihr Verhalten war.

      Sie merkte nicht einmal, wie sexistisch und rassistisch sie sein konnte. Mit Sprüchen wie diesen konnte ich Bücher füllen - was ich dann ja auch getan hatte. Sowohl sie als mein Dad waren noch nie mit meinem eigenen Kopf klargekommen und hatten ihre liebe Not mit mir, wie sie es nannten. Ich denke, sie folgten vor über dreißig Jahren nur einem hippen Trend, mich nach einer Autorin zu benennen, die ihrer Zeit voraus gewesen war. Und wunderten sich dann, dass aus mir tatsächlich ein Freigeist wurde. Immerhin sorgten sie, kaum dass ich lesen konnte, dafür, dass ich mich vor der realen Welt in Büchern verkroch. Sie hörten auch nicht auf, sich zu wundern, als ich mit 18 auszog. Meine Erziehung und Ausbildung hatten ursprünglich darauf abgezielt, dass ich in das Unternehmen einstieg. Während sie sich zwar nie mit meiner linksliberalen Grundeinstellung identifizieren konnten, hatten sie mir doch nie Bildung verwehrt und mich lesen lassen, was ich wollte. All das hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Aber für sie war es ebenfalls verwunderlich, dass sie das Ganze bei meinem Bruder Woolf wiederholten, sodass aus ihm politisch eine jüngere, männliche Version von mir wurde und er lieber bei mir leben wollte.

      Sie hatten uns gelassen. Uns freigelassen. Wir hätten es elterntechnisch schlechter treffen können. Obwohl wir gebrochen hatten, unterhielten wir einen lockeren Kontakt. Sie hätten uns auch gerne von vorne bis hinten finanziell gepusht. Doch dank der lieben Literatur war das nicht nötig. Meine letzten beiden Romane hatten sich ziemlich gut verkauft und ich hatte für das nächste Buch einen saftigen Vorschuss erhalten. Auch verdiente ich mir nebenher mit dem Schreiben einer Kolumne in der Berliner Zeitung und mit meinen geliebten Lesereisen etwas hinzu. So hielt mich mein Stolz guten Gewissens von weiteren Subventionen meiner Eltern ab.

      Woolf stolperte nun ebenso verpennt wie ich ins Badezimmer. Mehr als offensichtlich hatte er mich nicht erwartet, das zeigten mir sein schockierter Gesichtsausdruck und seine riesige Morgenlatte – wie sie wohl bei fünfzehnjährigen Jungs normal war.

      Rückwärts entfernte er sich aus der Tür und verschwand in seinem Zimmer. Ich lächelte amüsiert, putzte zu Ende, und als ich das Bad verließ, rief ich: »Ich bin in der Küche und mache uns Frühstück.« Was ihm so viel bedeuten sollte, wie: »Keine Sorge, wir werden niemals darüber reden.«

      Ich hatte keine Ahnung, ob er schon mit jemandem schlief, oder ob er sich für die erste Liebe aufsparen wollte. Und ich hatte wenig Talent dafür, mit ihm über Sex zu reden.

      Als ich in seinem Alter war – eigentlich viel früher – und gerne etwas über die menschliche Fortpflanzung gewusst hätte, war Dad mit den Fingern in den Ohren aus dem Zimmer gerannt und hatte gesungen: »Lalalala – meine süße kleine brave Tochter, lalalala!« Es sollte wohl witzig sein, wirkte aber eher traumatisierend auf mich. Und es verfehlte seine Konsequenz nicht: Ich sprach mit meinen Eltern, besser gesagt mit meiner Mutter nur noch einmal über Sex und das nicht freiwillig.

      Da war ich 22 und schleppte David, nachdem er mich etwa 25.000-mal darum gebeten hatte, zum Vorstellungsbesuch bei ihnen an. Ma war von Haus aus schlank und sportlich. Dazu ein Augenaufschlag, der besungen wurde. Sie wusste schon immer die Männer für sich zu gewinnen. Als meine Eltern sich kennenlernten, war Fio 21 und Kellnerin im Domhotel. Rex war da schon 34 und verknallte sich auf den ersten Blick in sie. Nach der ersten Liebesnacht war er rettungslos verliebt und leitete alles in die Wege, sie zu sich nach Westberlin zu holen.

      »Austen, du beherrschst das Element Mann genauso gut wie ich«, hatte sie mir gesagt, als die Männer etwas ferner von uns durch unseren großen Garten in Grunewald schritten.

      »Oh, Ma sei bloß still!«

      »Nutz das, binde ihn an dich. Was glaubst du, wie ich einen so reichen Mann bekommen habe?«

      »Ma bitte ...«

      »Ganz genau, ich BIN so gut! Und das bist du auch, ich sehe es, wie er dich ansieht ...«

      Ich ließ sie stehen. Und die Erinnerung an dieses Gespräch hätte ich zu gerne verdrängt.

      Während ich die Kaffeemaschine befüllte, riss mich das Schrillen meines Telefons aus meinen Erinnerungen. Meine beste Freundin Danni: »Austen Schätzchen, es ist furchtbar!«

      »Bianca oder Benjamin?«

      »Beide! Bianca nervt mich schon wieder wegen des Schrankes, und außerdem will sie mir die Reparatur von der Waschmaschine berechnen. Sie sagt, das war Nini. Natürlich kommt sowas exakt einen Tag, nachdem Ben sie mal wieder betrunken angerufen und ihr erzählt hat, wir wären wieder zusammen. Da hat sie ihm gesagt, dass sie sich vor einen Zug wirft, wenn das passiert.«

      Es war gar nicht so leicht, ihr zu folgen bei all dem Leid, das ihre Psycho-Exen ihr bereiteten. Danni war in den letzten fünfzehn Jahren immer mal mit Bianca und dann wieder mit Benjamin zusammen gewesen. Von Letzterem hatte sie zwei Kinder, Nini und Charlie.

      Nachdem sie sich über die beiden ausgeheult hatte, gelang es mir, sie zu beruhigen: »Danni, schließ die Augen. Atme ein und atme aus. So und nun ganz ruhig. Woran denkst du jetzt?«

      »Dass ich Bianca den Hals umdrehe, wenn sie Nini das nächste Mal anschreit.«

      »Okay, wir wiederholen das.« Ich brachte sie dazu, endlich ruhig zu atmen, und schon flossen die Tränen. »Warum such ich mir immer solche Arschkrampen, Austen? Sogar unter den Lesben finde ich die Flachwichser.«

      Ich kannte Danni nun seit vier Jahren, seitdem sie von Marzahn hier ins Nachbarhaus in die Borkumstraße gezogen war. Und es war keine Woche vergangen, in der sie

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