Ein Flaschengeist in Wanne-Eickel. Sieglinde Breitschwerdt

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Ein Flaschengeist in Wanne-Eickel - Sieglinde Breitschwerdt

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bitte", bettelte Tanball, „Tante des großen Meisters. Ich laste Ihnen auch nicht zur Falle, ich meine, ich falle Ihnen auch nicht zur Last. Ich brauche nur ein plätziges, friediges Winzchen für meine Flasche!"

      Tante Eulalia hatte sich wieder einigermaßen beruhigt. Prüfend sah sie sich um. Ein zerbrochenes Marme-ladenglas lag auf dem Boden. Ärgerlich sammelte sie die Scherben zusammen. Mit spitzen Fingern zog sie ein staubiges Ding aus dem Karton.

      „Ist das die Flasche?"

      „Ja, Tante des mistigen Großen!", säuselte es wieder hinter Fabians Ohr.

      Ich träume, dachte Eulalia Mehlmann, ging zur Spüle, ließ Wasser ein und griff nach Flaschenbürste und Spülmittel. Entsetzt segelte Tanball vor ihre Nase und jammerte: „Was machen Sie denn da?"

      „Ich mach' dat Ding erst mal sauber!", erwiderte sie ungerührt.

      „Aber das ist mein Zuhause!", heulte Tanball. "Ich wohne darin!"

      „Um so schlimmer", tadelte sie. Erbarmungslos und stocherte sie mit der Bürste in der Flasche herum.

      „Wenn bei uns schon ein Flaschengeist wohnt, dann nur in einer sauberen Flasche! Basta!"

      Ehe sich der Kleine versah, wurde er geschnappt. Mit dem feuchten Spüllappen wischte ihm Tante Eulalia die Erdbeermarmelade von Gesicht und Westchen. Zufrieden musterte sie ihn und setzte ihn auf den Toaster.

      „So! Flasche und Geist sind sauber!"

      Sie schüttelte den Kopf und kicherte: „So etwas Witziges hab' ich noch nie geträumt! Flaschengeister? Haha, noch dazu in Wanne-Eickel? Das gibt's doch gar nicht. Aber jetzt, marsch ins Bett! Und dieser kleine Fresssack kommt zurück in seine Flasche."

      Sie kramte in einer Schublade und gab Fabian einen Korken.

      „Stöpsel die Flasche gut zu, damit er nicht noch mehr Unsinn anstellt. Gute Nacht! Ich möchte noch ein bisschen schlafen!"

      Mit diesen Worten verließ sie die Küche.

      Fabian hielt Tanball die Hand hin. Zögernd schwebte der Kleine darauf.

      „Zeigst du mir mal, wie du in die Flasche kommst?"

      Der Flaschengeist nickte. Auf einmal wurde er ganz lang und dünn. Mit einem pfeifenden Geräusch verschwand er in der Flasche. Da war auch wieder die Fliege, die ihn schon vorhin so genervt hatte. Sie zog eine elegante Spirale, angefangen über Fabians Kopf, und schoss in den Flaschenhals.

      Fabian grinste. Na gut, dachte er, dann hat der Kleine ein bisschen Gesellschaft. Er stöpselte die Flasche zu, ging in sein Zimmer und stellte die Flasche auf den Nachttisch.

      Ich träume, dachte er. Ich träume ganz bestimmt. Mann, ich bin zehn. Ich glaub' doch nicht mehr an Geister!

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      Im Haus in der Frieda-Straße in Wanne-Eickel war Ruhe eingekehrt.

      Die Tante schnarchte in ihrem Bett, Luzimops döste auf der Kommode, und Fabian träumte von seinen Eltern und von Tanball, der schmatzend auf dem Rand eines Marmeladenglases hockte.

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      Der Mond stand hoch am nachtblauen Himmel, schien durch Fabians Fenster und lächelte. Mit einem Mal stutzte er. Die Flasche, die auf dem Nachttisch stand, die hatte er doch schon einmal gesehen, oder? Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Das war doch die Flasche von diesem kleinen nichtsnutzigen Wicht? Aber wie kam die hierher, hier nach Wanne-Eickel? Neugierig sammelte er ein paar Strahlen ein, die sowieso nur so am Himmel herumhingen, und drang damit tief in das Innere der Flasche...

      Wutentbrannt stampfte Tanball mit dem Füßchen auf und zeterte: „Bamase, sieh dir das an! Alles drüber- und drunter- und durcheinander! Ist das nicht grauenmäßig?"

      Die Fliege hockte seelenruhig auf Tanballs Hänge-matte und surrte: „Aber sauber!"

      „Und meine Büchertage, alle nass! Meine Zauber-bücher..."

      „Reg dich wieder ab. Fast hundert Jahre hast du kein Zauberbuch mehr angefasst!", surrte sie und verdrehte ihre Augen.

      „Sogar mein Handbuch 'Zaubern leicht gemacht für jedermann' ist pitschig und nassig. Wie soll ich da was wiederfinden?", jammerte er und popelte in seinem Näschen.

      „Das wirst du schon", erwiderte Bamase ungerührt. „Überleg dir lieber, wie du deinem neuen Meister erklärst, dass du ein miserabler Zauberer bist!"

      „Ach, Bamase", seufzte der kleine blaue Wicht. „Warum wird ständig meine Flasche gefunden? Andere Dshinnis müssen hundert Jahre und noch länger warten, bis sie entdeckt werden, und ich...", verstohlen wischte er sich ein paar luftige Tränchen ab. „Ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht richtig zaubern kann!“

      Bamase summte mitfühlend und putzte ihre Flügel.

      „Vielleicht wünscht sich dein Meister nichts?", versuchte sie ihren kleinen blauen Freund zu trösten.

      Zweifelnd sah Tanball sie an. Nachdenklich zog er die Stirn in luftige Falten und popelte wieder in seinem Näschen. Unerwartet stieß er einen abgrundtiefen Seufzer aus und murmelte: „Ich schreib' das alles inmein Tagebuch!"

      „Ja, tu das", summte die Fliege schläfrig und klappte ihre Flügel zusammen.

      Tanball fand einen Bleistift, legte das Tagebuch auf die Knie und schrieb: "Liebes Tagebuch! Mein Flaschen-geisterleben wird immer hauengrafter! Ein netter Junge hat meine Flasche gefunden. Mein neuer Meister hat eine Tante. Sie ist ein riesiger Drachen mit Lutzpappen... äh Putzlappen... Und ihre katzige Blöde trachtet mir nach dem Leben..."

      „Nun übertreib mal nicht!", surrte Bamase, die auf seiner Schulter hockte. Neugierig las sie, was ihr Freund seinem Tagebuch anvertraute.

      „Bis jetzt lebst du ja noch!"

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      Die vermopsten Würstchen

      Die Sonne sandte ihre Strahlen aus und schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte jemand an so einem schönen Morgen noch schlafen? Sie warf ein paar Strahlen direkt in Fabians Gesicht und kitzelte seine Nase. Na endlich! Der Junge wachte auf. Fabian gähnte, streckte sich, ließ den Kopf über die Bettkante hängen, stemmte die Hände auf den Boden und schlug einen Purzelbaum.

      „Fabian, steh auf!", rief Tante Eulalia, die in der Küche werkelte.

      Er brummte zurück. Fröhliche Menschen am frühen Morgen fand er furchtbar, total ätzend. Als er sich aufrichtete, fiel sein Blick auf die Flasche. Ich werd' wahnsinnig, dachte er, ich hab' also nicht geträumt!

      Er nahm die Flasche, klemmte sie zwischen die Knie und versuchte, den Stöpsel herauszuziehen.

      „Bamase, hilf mir!", hörte er ein leises Wispern. „Ich kann den Festhaltel nicht mehr stöpseln ...!"

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