Sommersturmzeit. Marlene Wagner

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Sommersturmzeit - Marlene Wagner

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Aufwand zu feiern, empfand Katharina mehr als unmoralisch und ungehörig zugleich gegenüber den eigenen Soldaten und der unter dem Krieg leidenden Bevölkerung. Dass es zudem für sie bedeutete, nun über gut zwei Wochen jeden Tag am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu müssen, machte das Ganze nur noch schlimmer. Sie wünschte sich derzeit nichts mehr, als das alles schon hinter sich zu haben. Nun jedoch, wo mit einem Mal doch Hoffnung bestand, dass es tatsächlich noch zur Absage des Festivals kommen könnte oder sie im noch besseren Fall vielleicht sogar aus Sicherheitsgründen Dresden verlassen musste, konnte Katharina nur mit einiger Mühe ein zufriedenes Lächeln unterdrücken.

      Zudem faszinierte sie tatsächlich das Geschehen im Tal.

      In dem Lager waren ca. 50 Zelte im Halbkreis aufgebaut.

      Katharina zählte dank ihres kleinen Fernrohrs auch einige Kanonen, alles andere schien sich im Inneren zu befinden und war somit für fremde Augen nicht zu sehen.

      Sie war überrascht, wie wenig ernst die Schweden die sächsischen Armee noch zu nehmen schien, dass sie sich sogar an einem strategisch eher ungünstigen Standort niederließ und es nicht einmal für nötig hielt, sonderliche Vorsicht walten zu lassen. Von Wachen war zumindest weit und breit nichts zu sehen, sonst wären die Damen sicher schon längst entdeckt worden.

      Das eigentlich Beeindruckende für sie fand jedoch vor dem Lager statt. Einige der Soldaten hatten sich dort versammelt und hielten offensichtlich eine Art sportlichen Wettstreit ab, welcher immer riskanter wurde. Selbst aus der Entfernung hielt Katharina erschrocken die Hand vor den Mund, als ein noch sehr jung aussehender blondgelockter Offizier im vollen Galopp auf zwei Pferden, mit jedem Bein auf einem der Tiere stehend und in den Händen nur die Zügel haltend, über das Feld raste. Der Kerl musste wahnsinnig sein. Doch zu ihrer Überraschung brach er sich weder bei einem Sturz das Genick noch passierte ein sonstiges Unglück. Unter dem Beifall und dem bewundernden Gejohle seiner Kameraden brachte er die Pferde direkt am Lagereingang zum Stehen und reckte triumphierend seine Faust.

      Katharina war noch nicht sehr lange am sächsischen Hof und fühlte sich inmitten dieses „Sündenpfuhls“ aus Affären, Intrigen und des lasterhaften Lebens alles andere als wohl. Zuvor war sie nach dem frühen Tod der Mutter gemeinsam mit ihrem zwei Jahre älterem Bruder Philipp selbst fast wie ein Junge sehr frei und ungebunden auf dem kleinen Schloss ihres Vaters in der Provinz aufgewachsen, weit weg vom Dresdner Hof. Sie hatte das Leben zu Hause geliebt, den Tag am liebsten auf dem Rücken ihres Pferdes verbracht, gemeinsam mit ihrem Bruder Fechten und Schießen gelernt und in ihrer freien Zeit ansonsten so viel Bücher wie möglich gelesen.

      Doch an ihrem 18. Geburtstag verlangten es die Konventionen, dass sie an den Dresdner Hof kam und dort zunächst auf eine standesgemäße Vermählung vorbereitet werden sollte, um dann möglichst schnell einen geeigneten Ehemann zu finden. Geeignet hieß in ihrem Fall vor allem vermögend und hochwohlgeboren. Alles Bitten und Betteln hatte ihr nichts geholfen, obwohl ihr Vater ihr sonst jeden Wunsch von den Augen ablas, hatte er sich in dem Fall nicht erweichen lassen. Außer einer Zofe durfte sie niemanden von zu Hause mitnehmen und fühlte sich in Dresden trotz der vielen Menschen um sich herum unglaublich einsam. Statt dem gewohnten Leben in Freiheit führte sie hier inmitten all des Luxus ein Leben wie ein Vogel im goldenen Käfig.

      Katharina lernte nun mit anderen jungen Adeligen verschiedene Tänze, das Halten von Konversation sowie diverse Handarbeiten, welche sie auf das spätere Leben als Ehefrau sowie das Leben in der Gesellschaft am Hof vorbereiten sollten. Sie hatte zwar das alles auch am Haus ihres Vaters mehr oder weniger widerwillig über sich ergehen lassen müssen, doch da war diese Art Erziehung zu ihrem Glück nie richtig ernst genommen worden. Einzig das Erlernen von Fremdsprachen hatte ihr schon als Kind viel Freude bereitet und ihr Vater engagierte ihr zuliebe schon früh ausländische Gouvernanten, um sie weiter zu fördern. Immerhin, mit diesen Kenntnissen konnte sie nun am Hof glänzen. Alles andere dagegen fiel ihr nun um so schwerer, wobei sie zumindest für das Tanzen durchaus Talent besaß und die meisten Tänze viel schneller als die anderen Mädchen erlernte.

      Zunächst noch neugierig auf die Hofgesellschaft in Dresden war Katharina sogar freudig auf die ersten Empfänge gegangen, zu denen sie geladen wurde, begierig möglichst viele neue interessante Bekanntschaften zu machen, von denen es auf dem Lande naturgemäß eher weniger gab. Doch schnell musste sie feststellen, dass weder ihre umfassenden Kenntnisse über Literatur, Politik und Historie noch ihr schlagfertiger Humor in diesen Kreisen geschätzt wurde. So war ihr im Gegenteil von einem jungen Grafen recht unverblümt mitgeteilt wurden, dass ihm nicht im geringsten daran gelegen wäre, dass seine zukünftige Auserwählte belesen und geistreich war, sondern es ihm absolut genügte, wenn sie seinem Haus mit gutem Aussehen, ordentlicher Haushaltsführung und vor allem mit Gebärfreudigkeit alle Ehre machte und Katharina, wenn sie sein Interesse aufrecht erhalten wolle, sich doch bitte auf diese Grundtugenden beschränken sollte.

      Da diese Meinung einhellig vorzuherrschen schien, hatte sie es von dem Tag an so gut es denn ging vermieden, auf weitere Empfänge und Soiree's dieser Art zu gehen.

      Sie wusste ohnehin, dass die meisten Mitglieder der Hofgesellschaft sie aufgrund ihrer Abneigung gegen übertriebenen Schmuck, Perücken und die viele Schminke, welche gerade Mode war, sowie noch viel mehr gegen die ständigen Intrigen untereinander in der Zwischenzeit als „Bauerntrampel“ verspotteten. Hatte es sie am Anfang ihres Aufenthaltes noch geschmerzt, war es ihr in der Zwischenzeit gleichgültig, auch wenn es sie noch mehr von den anderen abgrenzte. Dieses oberflächliche, frivole Leben am Hof war ihr mittlerweile schon so zuwider, dass sie sich nur ihrem Vater zuliebe zwang, überhaupt noch durchzuhalten. Die Chance, hier einen Mann zu finden, mit dem sie nicht nur ein standesgemäßes, sondern auch einigermaßen glückliches Leben führen könnte, sah sie bei all den Wichtigtuern und eitlen Gecken als mehr als gering an.

      Das Problem an ihrer Situation war jedoch leider, dass sich Katharina diese Haltung gegenüber der Hofgesellschaft und möglichen geeigneten Heiratskandidaten alles andere als leisten konnte. Sollte sie tatsächlich keinen Ehemann finden, dann wären ihre weiteren Aussichten für die Zukunft mehr als bescheiden und das hatte ihr Vater ihr vor ihrer Abreise nach Dresden noch einmal ausführlich dargelegt. Würde man sie als „hoffnungslosen Fall“ wieder aufs Land zurück schicken, standen nur noch der „Stift für ledige adlige Damen“, eine Art Kloster für Adlige, oder eine unehrenhafte Rückkehr als alternde Jungfer an den Hof des Vaters als Alternative bereit. Obwohl sie gegen letzteres wenig einzuwenden hätte, bedeutete es aber auch einen erheblichen gesellschaftlichen Abstieg und diese Blamage wollte Katharina ihrem Vater und letztendlich auch sich selbst gern ersparen.

      Wie ungerecht die Welt doch war! Wenn sie nachts schlaflos in ihrem Bett lag und ihre Optionen durchging, kam Katharina immer wieder zu dem gleichen unerfreulichen Fazit. Wäre sie doch nur als Junge auf die Welt gekommen, dann stünden ihr alle Türen sowohl in Politik als auch in der Armee offen und kein Mensch würde von ihr verlangen, dass sie nur aus gesellschaftlichen Gründen heiraten und möglichst viele Kinder gebären müsste. Doch da an der Tatsache, dass sie nun einmal leider als Mädchen geboren wurden war, nichts zu ändern war, gab es momentan keinen anderen Weg, als sich seufzend und widerstrebend dem Schicksal zu beugen und jeden Tag aufs Neue gute Miene zum bösen Spiel zu machen, um hoffentlich doch noch Gefallen am Hofleben und seinen männlichen Vertretern zu finden. Vielleicht sogar auf dem bevorstehenden Fest, viele ledige junge Mädchen und ihre Eltern setzten darauf große Hoffnung, immerhin kamen zum normalen Hofstaat auch noch jede Menge mehr oder weniger hochwohlgeborene Gäste dazu und unter der Hand galt das Spektakel neben all den gebotenen Attraktionen noch viel mehr als eine Art optimaler Heiratsmarkt.

      Katharina war noch immer so von den Geschehnissen im Tal beeindruckt, dass sie nicht mitbekam, dass die anderen Damen neben ihr schon eine Weile ihre Gespräche eingestellt und stattdessen zu tuscheln und kichern begonnen hatten.

      „Baroness von Lichtenstein?“

      Bedauernd wendete sich Katharina

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