Der rote Brunnen. Rita Renate Schönig

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Der rote Brunnen - Rita Renate Schönig Regionalkrimi

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auf, die er nicht zuordnen konnte und plötzlich drehte sich alles um ihn. Von Weitem und wie durch einen Nebel, hörte er die Stimme von Bernd Maurer „… Ihnen nicht gut? Ich rufe einen Arzt.“

      Philipp kam wieder zu sich, als er einen leichten Klapps auf seiner Wange fühlte. Ein Mann in einer roten Jacke beugte sich über ihn. „Herr Keilmann? Ah, da sind Sie ja wieder. Wie fühlen Sie sich?“

      „Geht so“, brachte Philipp mühsam über seine Lippen.

      Eine Frau, ebenfalls bekleidet mit einer roten Jacke, wickelte die Manschette zur Blutdruckmessung um seinen Arm und sagte, nach ein paar Sekunden: „Blutdruck 120 zu 70. Das wird wieder.“ Die Frau lächelte ihn an.

      „Nehmen Sie irgendwelche Medikamente, Herr Keilmann?“, fragte nun der Mann.

      „Nein.“ Dann fiel Philipp die Arznei ein, die er von Claudia bekommen hatte.

      „Ja … eh, ja doch.“

      „Welches Medikament und für was?“

      Philipp schaute kurz um sich. Sein Chef stand etwas abseits und wischte sich gerade über seine Stirn.

      „Taxilan“, flüsterte er.

      „Haben Sie das Medikament heute schon eingenommen?“, fragte die Frau und warf ihrem Kollegen einen Blick zu.

      „Nein“, antwortete Philipp. „Ich habe mich heute Morgen so gut gefühlt, dass ich es glatt vergessen hatte.“

      „Sie fühlen sich auch jetzt wieder ganz wohl?“, wollte der Sanitäter wissen und Philipp nickte.

      „Geht schon wieder. War vielleicht nur ein kleiner Schwächeanfall.“

      Was ihm wirklich die Beine weggezogen hatte, darüber wollte und würde er mit den Erste-Hilfe-Leuten ganz bestimmt nicht sprechen.

      „Trinken Sie reichlich Wasser; das hilft immer“, gab die Frau ihm den Rat. „Und reden Sie mit Ihrem Arzt, wegen des Medikaments. Möglicherweise ist eine Umstellung vonnöten.“

      „Möchten Sie nach Hause gehen?“, fragte Bernd Maurer, als die Sanitäter gegangen waren. Er machte einen wirklich besorgten Eindruck.

      „Nein, danke. Ich denke, ein starker Kaffee und …“, Philipp lächelte, „reichlich Wasser und ich bin wieder einsatzfähig.“

      „Nun gut. Kaffee kommt gleich.“

      Philipp hörte, wie sein Chef im Nebenraum den Automaten bediente und fragte sich, ob er ihm nicht reinen Wein einschenken sollte. Wie er noch so überlegte, stellte Maurer zwei Tassen des dunklen und dampfenden Getränkes auf Philipps Tisch, ging zur Eingangstür und schloss ab. Anschließend setzte er sich auf einen der Besucherstühle.

      „Ich denke, wir sollten reden.“

      Jetzt bin ich den Job los, dachte Philipp. Doch es kam ganz anders. Anstatt, dass er eine „Beichte“ ablegte, begann sein Chef zu erzählen, und Philipp begriff nun, weshalb er hier arbeiten durfte und warum Bernd Maurer ihn nie nach seiner Vergangenheit gefragt hatte.

      „Ich hatte schon immer einen starken Charakter. Auch mein Zusammenbruch hat daran nichts geändert. Ich war nur … sagen wir mal … etwas lädiert. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?“

      Philipp nickte. Dennoch fiel es ihm schwer, das zu glauben, was er gerade gehört hatte.

      „Weshalb haben Sie der Polizei nicht die Wahrheit gesagt?“, wollte er wissen. „Sie haben die Frau doch nur niedergeschlagen. Sicher – schlimm genug. Aber, Sie haben sie nicht ermordet.“

      „Meinen Sie, die Polizei hätte mir geglaubt; oder sonst irgendwer? Ich wusste ja selbst nicht, was genau da passiert war. Sie lag plötzlich vor mir auf den Stufen der Kirche. Ich habe den Notarzt gerufen und anschließend die Beine in die Hand genommen.“

      Der Makler sah seinen Angestellten direkt an. „Versprechen Sie mir, dass Sie mit niemandem darüber reden.“

      „Natürlich.“ Philipp nickte. „Sie können sich auf mich verlassen, Herr Maurer.“

      Noch mehr als vor einer halben Stunde, war Philipp sich nun sicher, dass sein Chef ein Recht darauf hatte, auch seine Geschichte zu erfahren.

      Dienstag / 09:00 Uhr

      Seit Nicole zur Ersten Kriminalhauptkommissarin ernannt worden war, brachte Sybille Kleinschmidt, Vorzimmerdame und gleichermaßen persönlicher Abschirmdienst von Staatsanwalt Falk von Lindenstein, ihr einen gewissen Respekt entgegen. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass sie es guthieß, wenn die Kriminalhauptkommissarin – die einzige, die sich das traute – durch ihr Büro rauschte und nach der kurzen Frage: Ist der Herr Staatsanwalt alleine? – nach Frau Kleinschmidts Bejahung, an dessen Tür klopfte und hineinging.

      Selbstverständlich betrat Nicole niemals ohne Voranmeldung von Lindensteins Räumlichkeiten. Entweder hatten sie vorab telefoniert, oder bei einem zufälligen Treffen im Präsidium den Termin abgeklärt.

      Das wusste auch Sybille Kleinschmidt, und es fuchste sie umso mehr. Der Drachen spukte innerlich Feuer. Aber eben nur innerlich. Nach außen hin setzte sie ein süffisantes Lächeln auf.

      Nach dem „Ja, bitte“, des Staatsanwalts und dem überfreundlichen „Frau Wegener. Schön, Sie zu sehen“, sobald Nicole von Lindensteins Büro betreten und die Tür hinter sich geschlossen hatte, verschwand die äußere Abgeklärtheit der Sekretärin schlagartig. Dagegen bemächtigten sich einige, nicht nette – es waren schon kriminell anmutende Empfindungen – ihrer Gedanken.

      Bereits an ihrem ersten Arbeitstag empfand die 40-jährige Bewunderung für ihren Chef. Im Laufe der Jahre wurde daraus Zuneigung, die zuweilen exzessive Ausmaße annahm. Die Art, wie sie ihren Staatsanwalt abschirmte, glich annähernd der Verteidigung einer Ehefrau gegenüber der Geliebten.

      Ja, Sybille Kleinschmidt hatte sich – in den weder liierten noch verheirateten Staatsanwalt – verliebt.

      Richtig bewusst wurde ihr das aber erst, als der stets vornehm zurückhaltende Falk von Lindenstein, eine ihm unnatürliche Verhaltensweise an den Tag legte, und das ausgerechnet gegenüber Hauptkommissarin Nicole Wegener. Waren die beiden noch vor zwei Jahren spinnefeind, lächelte ER plötzlich, wenn er von der, jetzt „Ersten Kriminalhauptkommissarin“ sprach.

      Dass diese arrogante, selbstgefällige Frau zur Leiterin des K11 ernannt worden war, konnte die Vorzimmerdame bis heute nicht verstehen. Obwohl sie sich eingestehen musste, dass die Aufklärungsrate der Kriminalhauptkommissarin und ihrem Team enorm hoch lag.

      Dennoch gab es zwei weitere – nach Dafürhalten von Sybille Kleinschmidt – für den Posten besser geeignete Kandidaten. Die Bewerbungen hatte sie selber gesehen.

      Nur um zu erfahren, was sich hinter der schallgedämpften Tür tat, hätte sie jetzt gerne Mäuschen gespielt. Sie überlegte schon über die Gegensprechanlage zu lauschen, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Wenn Falk das herausbekommen würde … nicht auszudenken.

      Nach etwa 20 Minuten – Sybille Kleinschmidt kam es wie eine Ewigkeit vor – verließ Nicole Wegener gut gelaunt das Büro des Staatsanwalts.

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