Spaghetti extra scharf. Vera X

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Spaghetti extra scharf - Vera X страница 3

Автор:
Серия:
Издательство:
Spaghetti extra scharf - Vera X

Скачать книгу

Greifer lächelte nicht. „Da müssen wir aber noch an uns arbeiten!“

      Ich blickte schuldbewusst und einsichtig. Natürlich würde ich an mir arbeiten. Ich wusste nur noch nicht, wo ich damit anfangen sollte.

      Bis zu meiner Umschulung, mit der ich endlich als nützlich in die Gesellschaft eingegliedert werden sollte, wurde ich in Gelegenheitsjobs vermittelt.

      Meine erste Stelle hatte ich in einem Supermarkt. Zusammen mit zwei anderen Arbeitslosen füllte ich Regale auf, was mir nicht besonders schwer erschien. Ich kannte den Unterschied zwischen einer Erbsensuppe mit Einlage und einer Tomatensuppe. Und ich konnte die Aufschriften auf den Konservendosen lesen. Immerhin war ich ein Mensch mit Fachabitur.

      Die Aufsicht über uns Aushilfskräfte hatte Heinrich, ein Azubi im zweiten Lehrjahr. Er mochte fünfzehn oder sechzehn sein. Ein kleiner Bursche mit roten Haaren und vielen Sommersprossen auf der blassen Haut.

      Wenn man davon ausgeht, dass ein Azubi der letzte Arsch im Unternehmen ist, dann sind Aushilfen so was wie der Blinddarm. Damit kann wirklich keiner mehr was anfangen. Sie sind da, aber sie gehören doch nicht zur Firma. Was soll man davon halten?

      Heinrich nahm seinen Job sehr ernst und ermahnte uns ständig in einem zackigen

      Befehlston, nur ja alles richtig einzusortieren. Für Heinrich gab es keinen Zweifel, dass wir Idioten waren, denen man genau auf die Finger sehen musste. Nachdem wir unsere Arbeit erledigt hatten, konnten wir ihm dabei zusehen, wie er die Regale abschritt und mit Kopfschütteln die Dosen zurechtrückte. Das Etikett genau nach vorne. So musste es sein.

      Da standen wir, drei erwachsene Männer, mindestens doppelt so alt wie Heinrich und mit einer Berufsausbildung. Wir kamen uns vor wie Statisten, die versehentlich in den falschen Film geraten waren.

      Man traute uns nicht, was sich vor allem morgens unangenehm bemerkbar machte. Die Tür zum Personalbereich war mit einem Zahlenschloss gesichert. Hinein kam nur, wer die richtige Nummer auf einer Tastatur eintippte. Als Aushilfskräfte durften wir die nicht wissen, obwohl der Nummerncode alle vierzehn Tage geändert wurde.

      Es war Februar. Vor Geschäftsbeginn standen wir oft zu dritt in klirrender Kälte und in dicke Wollschals eingehüllt vor der Tür und warteten, bis jemand der Angestellten zu erscheinen geruhte. Wen wundert es, dass wir manchmal spät dran waren.

      Ich machte meine Arbeit so gut ich konnte. Sie behielten mich nur vierzehn Tage. Ich wechselte die Jobs wie reinliche Leute ihre Hemden und Socken. Bald störte es mich nicht mehr. Ich behielt meine gute Laune und lernte die Spielregeln schnell. Bei Frau Greifer machte ich dazu ein unschuldiges Gesicht.

      „Ich weiß auch nicht, warum es nie richtig klappt“, sagte ich dann. Und das war die Wahrheit. Ich weiß es bis heute nicht.

      Ich bekam regelmäßig mein Arbeitslosengeld und bemühte mich, die Scherben meines Lebens zusammenzuhalten.

      Dann wurde es kritisch. Man hatte meine Umschulung genehmigt, und es gab einen Malermeister, der einen Lehrling suchte. Aus mir unverständlichen Gründen hatte er Gefallen an meiner Person gefunden. Ich musste mir schnell etwas einfallen lassen, um dieses drohende Unheil abzuwenden. In so einem Fall ist es von Vorteil, wenn einer vom Theater kommt.

      Zum Vorstellungsgespräch erschien ich pünktlich, mit weißem Hemd, Krawatte und geputzten Schuhen. Eben das ganze Programm.

      Das Büro der Malerwerkstatt befand sich im Erdgeschoss eines Mietshauses. Ein typischer Neubau aus den Sechzigerjahren. Der Hauseigentümer musste farbenblind sein. Der schmucklosen Fassade hatte man im unteren Teil Kacheln in einem geschmackvollen Schwarz verpasst, die bis über die Eingangstür reichten. Was billig war, sollte zumindest edel aussehen. Ein Schild aus Messing neben der Tür: >Malerbetrieb Egon Zierlich<. Durch ein geöffnetes Rolltor konnte ich in den Innenhof sehen. Farbeimer stapelten sich dort neben Leitern in verschiedenen Größen. Das sollte mein neues Leben sein. Nee, nich mit Rudi.

      Ich klingelte an der Haustür. Der Meister empfing mich höchstpersönlich mit einem kräftigen Händedruck und den üblichen dämlichen Sprüchen.

      „Haben Sie denn gut hergefunden?“

      „Ja danke. Es hat alles wunderbar geklappt.“

       Von meiner Wohnung brauchte ich zehn Minuten mit der Straßenbahn.

      „Das ist nett, dass Sie die Zeit erübrigen konnten zu einem Gespräch.“

      Ich lächelte und spielte den netten jungen Mann.

      Der Meister war ein Durchschnittsmensch. Mittelgroß. Das blanke Schädeldach wurde von einem letzten Rest schwarzer Haare eingerahmt. Unter dem üppigen, schwarzen Oberlippenbart blitzten mich große, zitronengelbe Zähne an.

      Raubtiergebiss? Eher Teppichwolf, domestiziert, dachte ich.

      Er trug eine braune Cordhose. Die Hemdsärmel hatte er lässig hochgekrempelt. Ihm gegenüber stand ich, chemisch gereinigt und mit akkurat gezogenem Scheitel.

      Der Meister führte mich in sein Büro. Er fläzte sich in seinen gemütlichen, ledernen Chefsessel mit hoher Rückenlehne und schlug ein Bein über das andere. Auf dem Schreibtisch warteten noch nicht sortierte Papierberge auf Bearbeitung. Das Geschäft brummte.

      Ich hatte den Besuchersessel, ebenfalls aus Leder und gemütlich, aber ohne hohe Rückenlehne.

      Zu reden gab es für mich nicht viel. Das Gespräch bestand vor allem aus einer Lobrede des Meisters auf die Firma. Ich stimmte nur immer mit einem Kopfnicken zu oder sagte >ah< und >oh<, wenn der Meister die Vorzüge und Besonderheiten des Unternehmens schilderte. Dieser Betrieb schien wirklich einzigartig in der Branche zu sein.

      Schließlich kam es zu der einen, nur allzu verständlichen Frage: „Sie haben vorher etwas ganz anderes gemacht. Warum jetzt der Wunsch, bei uns Maler und Lackierer zu lernen?“

      Etwas verschämt kam es aus mir heraus: „Nun ja, es heißt doch, Handwerk hat goldenen Boden. Das wollte ich schon immer mal versuchen. Ich hätte die Stelle wirklich sehr gerne. Aber wissen Sie, mein früherer Chef hat immer zu mir gesagt, mein lieber Rudi, du bist wirklich ein netter Kerl. Aber leider bist du auch ein fauler Sack. Dich behält bestimmt keiner lange. Wie schätzen Sie denn meine Chancen ein?“

      Das Gesicht des Meisters blieb undurchdringlich, wie die Tapetenrollen, die er täglich einkleisterte. Ich stellte mir lieber nicht vor, welche Gedanken gerade in seinem Handwerkerhirn kreisten und sich zu Knoten verdichteten.

      „Wir haben natürlich noch andere Bewerber“, sagte er schließlich. „Das können Sie sich ja denken. Wir melden uns wieder, wenn wir unsere Entscheidung getroffen haben.“

      Das Vorstellungsgespräch war damit beendet und ich wurde freundlich aber bestimmt zur Tür hinausgeschoben.

      Bevor ich endgültig ging, pfiff ich noch der vorbeieilenden Sekretärin hinterher, die dies mit einem missfallenden Blick zur Kenntnis nahm.

      In bester Stimmung genehmigte ich mir in einem Café einen Cappuccino. Ich hatte meine Rolle als hoffnungsloser Fall gut gespielt.

      Wie nicht anders zu erwarten war, erhielt ich kurz darauf meine Bewerbungsmappe mit dem üblichen Brief zurück:

      

Скачать книгу