Die Macht des jungen Magiers. Yvonne Tschipke

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Die Macht des jungen Magiers - Yvonne Tschipke

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nicht nötig hatte. Ich wollte mich mit Oskas treffen, ein bisschen mit ihm reden. Während der vergangenen Wochen war er zu einem Freund für mich geworden. Und es tat gut, mit einem Menschen zusammen zu sein, der wusste, wer ich eigentlich war.

      „Schlaf nicht ein“, brummte Hera hinter mir. Ich drehte mich kurz um und fing die missbilligenden Blicke auf, die sie mir zuwarf. „Der junge Herr will seinen Tee von dir serviert haben!“

      „Der junge Herr“ - das war Oskas. Darios nannte die Dienerschaft meist nur „der Herr“ und ich war einfach nur Boran - oder der faule Bengel. Meinen richtigen Namen – Nathanael Cajetan – kannten hier nur Darios, Oskas, Ben und ich.

      Ben hatte ich nun auch schon seit einigen Tagen nicht zu Gesicht bekommen. Oskas meinte immer nur, dass er unterwegs sei. Einen Auftrag erfüllen. Welchen Auftrag Ben genau erledigte, hatte er mir natürlich nicht verraten.

      Ich kratzte mich am Bauch. Viel schlimmer als meinen neuen Job fand ich die Klamotten. Das viel zu große Hemd aus grobem Stoff, das mir um meinem schmächtigen Körper hing, kratzte wie wahnsinnig. Die alten Lederschuhe passten kein bisschen, bei jedem Schritt schlappten meine Füße über den Rand. Von der dämlichen Stoffhose, die nur bis zu den Knien reichte, ganz zu schweigen. Ich konnte Mama nie davon überzeugen, dass sie mir hochmodische Klamotten kaufte. Jedenfalls nicht, solange Turnschuhe aussahen, wie breite Lederkästen und die Jeans den Blick auf die Unterhose frei gaben. Doch seit ich diese Mittelalterkleidung tragen musste, sehnte ich mich direkt nach meinen normalen Klamotten.

      „Schlaf nicht ein“, herrschte mich Hera ein zweites Mal an. „Der Tee!“

      Ich schöpfte mit der großen Kelle heißes Wasser aus dem Kessel über dem offenen Feuer in eine Kanne und stopfte ein paar von den getrockneten Teekräutern dazu. Dann angelte ich eine Tasse und ein Sieb aus dem Regal und stellte alles auf ein Tablett. Vorsichtig stieg ich dann die Treppen hinauf und balancierte das Tablett auf meinen Händen. „Wenn in Emotan alle so langsam wären wie dieser faule Bengel, dann würde es nie wieder Frieden geben“, hörte ich die Köchin hinter mir murmeln.

      Ich bin vielleicht die einzige Hoffnung für euer Emotan, dachte ich wutschnaubend.

      Eigentlich wusste ich noch gar nicht so recht, wie ich dieses Land – diese Welt – retten sollte. Oder konnte. Klar war, dass wir zuerst diesen Schlüssel finden mussten. Doch seit vielen Tagen war nichts passiert. Wir verließen Darios` Haus so gut wie nie. Und hier war er wohl nicht zu finden. Wir vermuteten, dass er sich irgendwo in Nermonas Land Salaphia befinden musste. Und mit ihm all die gefangen genommenen Wächter, unter ihnen meine emotanischen Eltern Joram und Elenna.

      Bis jetzt kannte ich Nermonas Reich nur von einer gezeichneten Landkarte, die in Darios` Arbeitszimmer hing. Salaphia lag in einem Tal, umgeben von hohen Gebirgen, die es von den anderen Ländern trennten. Schwer zu erreichen, falls wir doch irgendwann dorthin aufbrechen sollten, dachte ich, als ich es zum ersten Mal sah. Damals hatte ich zweifelnd auf meine unbequemen und viel zu großen Schuhe gesehen und mir fest vorgenommen, in diesem Fall garantiert noch einmal in die moderne Zeit zu reisen, um meine Wanderausrüstung nach Emotan zu holen.

      Oskas erwartete mich bereits. „Nur eine Tasse?“, fragte er, als ich das Tablett auf dem Tisch abstellte. Ich zuckte mit den Schultern. „Was hätte ich Hera sagen sollen, um die zweite Tasse zu rechtfertigen? Ich nehme mal lieber noch eine mit, falls mir die andere auf dem Weg nach oben dummerweise kaputt geht?“, fragte ich etwas gereizt zurück.

      Oskas zuckte belustigt mit den Schultern und öffnete die Tür seines Zimmers. „Hole doch noch eine Tasse aus der Küche“, wies er das Dienstmädchen Betita an, das draußen den Staub von Gemälden und Möbeln putzte. Dann bedeutete er mir, mich zu setzen.

      „Ich habe Nachricht von Benedict. Er hat eine Ahnung, wo wir den Schlüssel zum Buch finden können“, sagte er dann.

      „Du hast Ben losgeschickt, um den Schlüssel ausfindig zu machen?“ Ich sah meinen neuen Freund erstaunt an. Ben war nicht viel älter als ich, ein paar Monate nur. Und dann schickte Oskas ihn mit einem solchen schwierigen und in der Tat gefährlichen Auftrag los?

      „Auf Benedict ist Verlass. Du wirst Augen machen, wenn du eines Tages seine wahre Größe erkennst“, meinte Oskas. In seiner Stimme schwang etwas Geheimnisvolles mit. Doch ich hatte nicht den allerkleinsten Funken Ahnung von dem, was er meinte. Ich wusste inzwischen, dass Ben hier in Emotan in den vergangenen Jahren zum Wächter ausgebildet wurde. Außerdem war er mein sogenannter Beschützer. Jemand, der mich in allen möglichen Situationen verteidigen sollte. Komischerweise war er nie in meiner Nähe, wenn ich in der Stadt auf Tom und seine Halbaffen traf. Vielleicht galt seine Beschützerrolle nur für Emotan? Manchmal fragte ich mich, ob es etwa kein Zufall war, dass wir so gute Freunde geworden sind. Doch diesen Gedanken wischte ich immer ganz schnell beiseite.

      Es klopfte und Betita brachte die zweite Tasse. „Sag Hera, dass ich heute Borans Dienste den ganzen Tag über in Anspruch nehmen muss“, sagte Oskas, bevor er das Mädchen wieder fortschickte. Betita nickte, knickste und verschwand wieder aus dem Zimmer.

      Ich sah Oskas fragend an.

      „Ich gönne dir einen Tag Ruhe“, meinte er augenzwinkernd. Er schenkte mir Tee ein und bot mir Zucker an.

      „Darios ist heute außer Haus und wir können es wagen, uns gemeinsam einen schönen Tag zu machen“, meinte er fast beiläufig.

      „Und was stellen wir an mit unserem schönen Tag?“, fragte ich, begeistert von der Vorstellung, diesem alten Gemäuer endlich einmal zu entkommen.

      Kapitel 9

      Während ich mich keuchend vom Boden aufrappelte, hörte ich Oskas hinter mir lachen. Ich drehte mich um und warf ihm einen mürrischen Blick zu.

      Einen Tag Ruhe wollte er mir gönnen. Ich konnte seine Worte noch ganz genau hören.

      Doch anstatt auf der faulen Haut zu liegen oder ganz entspannt durch die Stadt zu schlendern, hatte er mich auf eine kleine Lichtung geschleppt, die versteckt mitten im dichten Wald über der Stadt lag, und mir ein Schwert in die Hand gedrückt. Das Gewicht der Waffe zog mich im ersten Moment fast nach unten, ehe ich mich daran gewöhnt hatte. Und schon bald darauf begann Oskas, mit seinem Schwert vor meiner Nase herum zu fuchteln. Ich versuchte, so gut es ging, seine Hiebe abzufangen, doch das Schwert war so schwer, dass ich kaum meinen rechten Arm heben konnte.

      Papa – also Hannes – hatte mich zwar schon, gegen meinen Willen wohlgemerkt, zur Fecht-AG in der Schule geschickt. Doch der schmale leichte Degen dort war nichts im Vergleich zu dieser Waffe, die ich hier in meinen Händen hielt.

      „Du musst es mit beiden Händen führen, wenn du zu wenig Kraft hast“, schlug Oskas vor. Er zeigte mir, wie er das meinte. Ich fasste den Griff des Schwertes also mit beiden Händen. So konnte ich das Gewicht auf beide Arme verteilen. Das ging schon ein wenig besser. Ich schaffte es, immer mehr von Oskas` Hieben abzufangen und konnte ihm sogar ein wenig Gegenwehr leisten.

      „Und ihr seid euch wirklich ganz sicher, dass ich der bin, für den ihr mich haltet?“, keuchte ich, als wir eine kleine Pause machten. Oskas ließ sich neben mir im Gras nieder und nickte. „Ganz sicher“, antwortete er grinsend. „Du bist in den letzten Jahren nur etwas verweichlicht, du Mamasöhnchen!“

      Ich streckte mich nach hinten aus. Heimlich angelte ich mit der rechten Hand nach meinem Schwert, das neben mir im Gras lag. Blitzschnell drehte ich mich dann zur Seite und stoppte die scharfe Klinge erst direkt vor Oskas` Hals. Oskas blieb erschrocken stocksteif sitzen. „He, du solltest

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