Liebreiz, Mord und Kaktusstiche. Bernharda May

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Liebreiz, Mord und Kaktusstiche - Bernharda May

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erkennen sollte, wie dumm mein Anliegen wäre. Aber ich war noch nicht bereit, diesen Kampf mit der Behörde aufzugeben.

      »Herr Wachtmeister«, sprach ich, »würde meine Tante in Ruhe gelassen werden wollen, hätte sie dann extra im Bistro einen Tisch für sie und mich reserviert? Bestimmt nicht. Es ist mit Sicherheit etwas passiert.«

      Der Polizist runzelte für einen Augenblick die Stirn. Offenbar erkannte er die Stichhaltigkeit meines Arguments. Ein bisschen versöhnlicher fuhr ich fort:

      »Ich wäre Ihnen ja schon sehr dankbar, wenn Sie mit Ihren polizeilichen Möglichkeiten mal kurz in Ihrem Computer nach ihr suchen würden. Sie kriegen da doch bestimmt heraus, ob es kürzlich einen Unfall gab, in den sie verwickelt war, oder ob sie in irgendein Krankenhaus aufgenommen wurde oder dergleichen.«

      Ich setzte einen mädchenhaften Bettelblick auf. Ich fand, da er mit mir ohnehin wie mit einem Kind sprach, durfte ich diesen Trick anwenden. Und er wirkte!

      »Na gut, Ihnen zuliebe«, sagte er und wandte sich an seinen PC. »Wie lautete der vollständige Name gleich noch?«

      »Florentine Endesfelder.«

      »Nicht Ihrer! Der von Ihrer Patentante.«

      »Ach so, entschuldigen Sie. Mariebelle Puttensen.«

      Ich buchstabierte, während er tippte, damit sich kein Fehler einschlich. Leider war der Bildschirm nur ihm zugedreht, sodass ich keinen Einblick auf das gewinnen konnte, was vor den Augen des Wachmeisters aufflimmerte. Er blieb auffallend still und begann, sein Kinn zu reiben. Kein gutes Zeichen, fürchtete ich, und meine Sorge wuchs erneut.

      »Was ist los?«, fragte ich.

      Statt mir direkt zu antworten, griff der Wachtmeister zum Telefon, wählte eine Nummer und sprach:

      »Hallo Sieglinde? Hier ist Wolfgang… Ja, hallo… Geht so… Warum ich anrufe: Ist jemand vom Kommissariat zu sprechen? Tork oder Unger?«

      Durch die Sprechmuschel konnte man eine laute Frauenstimme hören, die unentwegt zu schnattern schien.

      »…Ah, gut. Würdest du mich durchstellen? Danke dir, Sieglinde…«

      Es gab eine kleine Pause, in der er mich unverbindlich anlächelte. Dann redete er weiter in den Telefonhörer hinein. Diesmal konnte man den Sprecher am anderen Ende der Leitung nicht hören.

      »Herr Kriminalhauptkommissar, ich habe hier eine junge Dame, die eine Vermisstenanzeige aufgeben will. Ich weiß, das gehört nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich, aber… Genau, es gibt da eine Kleinigkeit… Mariebelle Puttensen. Vor mir sitzt ihr Patenkind. Ich würde Ihnen die Dame mal kurz raufschicken, ja? Und ich sende Ihnen gleich per Mail einen Screenshot… Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen. Entschuldigen Sie bitte im Voraus, wenn sich das als Trugschluss meinerseits entpuppt… Danke, vielen Dank!«

      Er legte auf.

      »Kriminalhauptkommissar Tork möchte mit Ihnen sprechen.«

      Er nannte mir die Zimmernummer seines Büros.

      »Sie müssen in den Ostflügel, dann ins zweite Geschoss. Das Kommissariat 1 ist ausgeschildert. Falls jemand fragt, sagen Sie, zu wem Sie wollen und dass Wolfgang von der Anzeigenerstattung sie geschickt hat.«

      Er reichte mir einen kleinen Notizzettel mit den wichtigsten Eckdaten, damit ich mich auf dem Weg durch das riesige Gebäude nicht verlaufen würde. Erschrocken darüber, plötzlich zu einem Kommissar von der Kripo geschickt zu werden, schlich ich durch die Gänge. Zwar hielt ich mein Haupt hoch, den Blicken der Beamten wich ich jedoch aus. Im Kommissariat 1 wurde ich von einer molligen Frau in schrillen Farben begrüßt, die wohl die Sekretärin war.

      »Sie sind die Dame, die zu Kriminalhauptkommissar Tork will, stimmt's? Ich bringe Sie in sein Büro.«

      Von wollen kann nicht die Rede sein, dachte ich im Stillen. Aber was blieb mir übrig?

      Als ich schließlich Kommissar Tork gegenüber saß, beruhigte ich mich ein wenig. Er schaute mich freundlich an, die Arme auf seinen Schreibtisch gestützt. Neben seinem rechten Ellenbogen stand ein Flachbildschirm, der offensichtlich eingeschaltet war. Allerdings stand auch er mit der Rückseite zu mir, sodass mir ein Blick aufs Display erneut verwehrt blieb.

      »Sie sind also auf der Suche nach Mariebelle Puttensen«, stellte er fest.

      »Muss ich mit dem Ärgsten rechnen?«, fragte ich kleinlaut. »Ist sie etwa irgendwo tot aufgefunden worden?«

      Tork lächelte und schüttelte mit dem Kopf.

      »Uns liegen keine Auskünfte vor, die solch schreckliche Vermutung nahe legen«, sagte er.

      Ich atmete erleichtert auf. Eine Pause entstand. Tork schien nach Worten zu suchen und fuhr erst nach einer Weile fort:

      »Um genau zu sein, liegt uns überhaupt nichts vor, das Ihnen bei der Suche nach ihrer Patin helfen könnte. Freilich bedauern wir das sehr. Aber vielleicht können Sie uns noch ein paar weitere Angaben zu Frau Puttensen machen?«

      »Was für Angaben?«

      »Nun, was sie nach ihrem Urlaub vorhatte, zum Beispiel.«

      »Ich wusste ja nicht einmal, dass sie verreist ist!«

      »Oh«, machte Tork.

      Er hatte wohl nicht mit dieser Aussage gerechnet.

      »Dementsprechend kann ich Ihnen auch nicht sagen, was Tante Mariebelles Pläne für nach ihrem Urlaub waren«, fügte ich hinzu, vor Aufregung in schlechte Grammatik verfallend.

      »Vielleicht wollte sie Freunde aufsuchen? War sie Mitglied in einem Reiseclub? Oder ging sie einer Vereinstätigkeit nach?«

      Verdutzt fragte ich, was diese Nachforschungen zu bedeuten hätten. Sie schienen nichts mit Tante Mariebelles Verschwinden zu tun zu haben. Tork schielte kurz auf den Flachbildschirm, dann sah er wieder mich an.

      »Es wäre ja möglich«, lenkte er ein, »dass Ihre Patin dringende Termine hatte, von denen Sie etwas wussten.«

      »Hören Sie«, erwiderte ich und meine Ungeduld meldete sich zurück, »ich bin zur Polizei gekommen, um Antworten zu finden. Stattdessen fragt man mich hier Dinge, die ich gar nicht wissen kann – und würde ich sie wissen, bräuchte ich nicht erst zur Polizei gehen, sondern könnte selber nach Tante Mariebelle suchen. Verzeihen Sie, Herr Kriminalhauptkommissar, aber dieses Gespräch erscheint mir witzlos. Weshalb bin ich denn extra hierhergeschickt worden?«

      Tork ließ sich von meiner Aufregung nicht anstecken, sondern antwortete gleichbleibend freundlich:

      »Der Beamte, mit dem Sie unten sprachen, hat es nur gut gemeint. Er glaubte, über etwas gestolpert zu sein, was für die Kripo von Bedeutung sein könnte, aber dem ist nicht so. Sehen Sie es ihm bitte nach, Frau Endesfelder. Wir Polizisten führen eine Überprüfung lieber einmal zu viel als zu wenig durch.«

      Anders als Wolfgang von der Anzeigenerstattung war Torks Ton nicht gönnerhaft. Er sprach ernsthaft und ich fühlte mich respektiert. Das beruhigte mich und ich erinnerte mich daran, dass vorhin von einem Screenshot die Rede gewesen war. Hatte der Wachtmeister auf der Suche nach Tante Mariebelles Namen etwas in den

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