Liebreiz, Mord und Kaktusstiche. Bernharda May

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Liebreiz, Mord und Kaktusstiche - Bernharda May

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war nichts von Belang, Frau Endesfelder.«

      Na, das glaubte ich ihm nicht! In dem Fall würde ich ja nicht im Kommissariat sitzen.

      Schneller, als Tork es erfassen konnte, sprang ich auf, beugte mich über seinen Schreibtisch und erhaschte einen Blick auf seinen Computerbildschirm. Was ich sah, ließ meinen Atem stocken.

      »Ich glaube es nicht!«, rief ich aus.

      »Frau Endesfelder, dieser Anblick war nicht für Sie bestimmt«, sagte Tork. »Setzen Sie sich bitte wieder hin!«

      »Das ist mir klar, dass ich sowas nicht sehen soll!«, gab ich zurück. »Aber genauso wenig sollten Sie… In Ihrer Dienstzeit… Und überhaupt!«

      Mir fehlten die Worte – beinahe.

      »Ich werde Ihre Vorgesetzten von dieser Ungeheuerlichkeit unterrichten«, drohte ich. »Wer ist das in Ihrem Fall, na?«

      »Das wäre Kriminaldirektor Hummel«, erwiderte Tork und sein Ton war plötzlich hart, »aber der…«

      Doch ich hörte ihm nicht weiter zu, denn ich war viel zu empört, um mich auf weitere Diskussionen einzulassen. Von wegen, ich würde respektiert! Mit einem ebenso harten Ton wie dem seinen wünschte ich ihm einen guten Tag, stürmte aus seinem Büro und verließ augenblicklich die Polizeidirektion.

      3. Ein unverhofftes Wiedersehen

      Okay, eines muss ich zugeben: Ich habe die Polizeidirektion mitnichten »augenblicklich« verlassen. Das war nämlich gar nicht möglich, man musste ja zunächst all die Gänge vom Kommissariat 1 bis hin zum großen Warteraum bewältigen, und weil die alle gleich aussahen, benötigte ich eine Weile, bis ich mich zurechtfand. Den Kriminaldirektor Hummel aufzusuchen, gab ich während dieser Odyssee auf.

      Als ich endlich draußen war, brauchte ich eine Minute, um zu verschnaufen. Die ganze Zeit über habe ich wohl unbewusst mit dem Kopf geschüttelt und vor mich hin geschimpft, denn auf einmal rief mir jemand zu:

      »Flo Endesfelder! Wie immer in Selbstgespräche vertieft! Über wen motzt sie wohl heute?«

      Ich sah auf und ein blonder Lockenkopf mit viel zu vielen Sommersprossen im Gesicht stand vor mir. Sein Grinsen war so breit, dass sich seine Augen zu engen Schlitzen verkleinert hatten. Wäre nicht ihr Funkeln gewesen, das durch die Wimpern glänzte, hätte man sie ohne Weiteres für verschlossen gehalten.

      »Tony!«, rief ich überrascht aus.

      Er war der letzte Mensch, mit dem ich vor dem Polizeigebäude gerechnet hätte.

      »Was machst du denn hier?«

      »Ich habe mein Fahrrad abgeholt«, erwiderte Tony und zeigte nicht ohne Stolz auf einen klapprigen Drahtesel, den er mit sich führte. »Es war mir vor einigen Wochen geklaut worden und ich hab auf dem Revier Anzeige gegen unbekannt erstattet. Viel Hoffnung hatte ich mir nicht gemacht, aber die Polizei hat mein Rad tatsächlich wiedergefunden. Der Dieb ist natürlich nicht zu ermitteln. Und du, was grummelst du hier vor dem Eingang vor dich hin?«

      »Ich wollte ebenfalls eine Anzeige erstatten«, sagte ich missmutig.

      »Ist dein Fahrrad auch weg? Diese dreisten Banditen!«

      »Nein, ich besitze gar keines. Ich wollte eine Vermisstenanzeige aufgeben.«

      »Scheint ja nicht geklappt zu haben«, bemerkte Tony. »Du schmollst wie damals, als du aus der mündlichen Prüfung rauskamst.«

      Er lachte.

      »Du hast mit einem ›sehr gut‹ gerechnet, aber nur ein ›gut‹ bekommen und konntest dich nicht freuen.«

      »Anders als du, der schon froh war, überhaupt bestanden zu haben«, erinnerte ich mich.

      Dieser Moment nach der mündlichen Prüfung, kurz vor unserem gemeinsamen Schulabschluss, war das letzte Mal gewesen, dass Tony und ich einander gesehen hatten. Für Jahre hatten wir die gleiche Klasse besucht und uns schon damals gut verstanden. Um den Kontakt über die Schulzeit hinaus aufrecht zu erhalten, waren wir jedoch nicht eng genug befreundet gewesen. Umso mehr erstaunte es mich, dass er mich so schnell wiedererkannt hatte.

      »Leider ist mein Grund zum Schmollen heute ein ernsterer als damals«, sagte ich.

      Tony hörte zu lachen auf und stimmte mir zu.

      »Nicht zu wissen, wo ein geliebter Mensch steckt, ist bitter«, gab er zu. »Komm, lass uns spazieren gehen. Dann kannst du dir alles von der Seele reden.«

      Dankbar nahm ich sein Angebot an. Weiterhin vor einer Polizeidirektion Selbstgespräche zu führen, schien mir nämlich keine gute Idee zu sein.

      Wir schlenderten durch die Stadt und ich erklärte Tony in kurzen Stichpunkten, was mich zur Polizei geführt hatte.

      »Das Aufgeben der Vermisstenanzeige hatte ich mir allerdings ganz anders vorgestellt«, schloss ich mürrisch meinen Bericht.

      »Ja, jetzt kann ich verstehen, warum du sauer bist«, sagte Tony. »Da wird man sogar ins Kommissariat geschickt und am Ende war es pure Zeitverschwendung.«

      »Du sagst es! Und rate mal, worauf dieser blöde Tork die ganze Zeit geschielt hat, während er mit mir sprach!«

      Tony war entsetzt.

      »Doch nicht etwa auf deine…?«

      »Nein, viel schlimmer«, unterbrach ich ihn. »Auf seinen verflixten Computerbildschirm.«

      »Vielleicht gab's dort Wichtiges zu lesen?«, meinte Tony. »Polizeiliche Infos, die er für euer Gespräch brauchte?«

      »Von wegen! Ich hab ja auch draufgeguckt. Er hatte eine Internetseite geöffnet, einen Online-Spielwarenhandel. Nach ferngesteuerten Spielzeugautos hat er gesucht, statt nach meiner Tante! Das muss man sich mal vorstellen!«

      Ich war wieder auf hundertachtzig. Zum Glück liefen wir durch einen Park, wo der Schatten der Bäume uns vor der Sommersonne schützte. Wer weiß, was meine hitzige Wut in Verbindung mit den hitzigen Strahlen sonst mit mir angerichtet hätte.

      »Komm, lass uns ein Eis essen«, schlug er vor. »Dahinten ist ein Café.«

      Wir setzten uns an einen Tisch im Außenbereich. Tony bestellte sich einen Eisbecher mit heißen Himbeeren, ich nahm mit einem Bananenmilchshake vorlieb. Das kalte Getränk dämpfte meine Erregung.

      »Du hättest den Polizisten genauer schildern müssen, was es mit dem Handy deiner Tante auf sich hatte«, kam Tony schließlich auf unser Gesprächsthema zurück. »So exakt, wie du es mir eben erzählt hast – wie sie von einem Moment auf den anderen nicht mehr erreichbar war. Dann hätten sie für deine Sorge sicherlich mehr Verständnis gehabt.«

      »Stimmt«, gestand ich ein, »für eine ausführliche Darstellung fehlte mir vorhin die Geduld. Aber die reagierten ja auf mein Argument hinsichtlich der Reservierung schon sehr verhalten.«

      »Na ja, als Argument würde ich diesen Punkt nicht unbedingt bezeichnen«, entgegnete Tony. »Deine Tante hat euch vielleicht schon vor Wochen oder Monaten im Bistro angemeldet und im Nachhinein

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