Sonnenwarm und Regensanft - Band 1. Agnes M. Holdborg

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Sonnenwarm und Regensanft - Band 1 - Agnes M. Holdborg

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eigentlich von vornherein klar war, was sie tun würde. Also steuerte sie ihren Lieblingsplatz an, ließ sich dort nieder und verdrückte noch ein paar Tränchen, die den Wuttränen gefolgt waren. Allmählich legte sich der innere Sturm. Die Schlange verkroch sich. Anna konnte wieder frei atmen – wie immer, wenn sie hier war. Die Sonne wärmte sie angenehm wie ein tröstender Arm.

      Schon bald war sämtlicher Kummer vergessen. So saß sie mit geschlossenen Augen da, die Beine angewinkelt, den blonden Kopf an die Birke gelehnt und hing ihren Gedanken nach, die sie unbewusst laut aussprach:

      »Wo ist denn nur der Prinz auf seinem weißen Pferd und befreit mich aus meiner Mittelmäßigkeit? Oder der Zauberer, der mich verwandelt, mich groß und schlank und atemberaubend schön macht? – Oder, oder, oder! So ein Schwachsinn!« Na ja, so ganz hatte sie sich wohl doch noch nicht erholt. Dafür saß der Stachel aus Frust und Zorn einfach zu tief. »Mensch, Anna, hör doch auf mit dem Mist! Du solltest lieber über was Vernünftiges nachdenken!«

      Anna schüttelte den Kopf und seufzte. Sie wollte ihre Lichtung genießen und nicht über irgendwelchen Ärger wegen irgendwelcher dummer Nachbarsjungen, blöder Brüder oder sonst was brüten. Sie machte die Augen wieder zu. »Ja, so ein Prinz wäre jetzt echt nicht schlecht.« Endlich fand Anna zur Ruhe. Die Spannung ließ nach und sie versank watteweich in ihren Träumereien.

      »Wo ist denn deine Brille? Wieso trägst du sie heute nicht?«, fragte plötzlich eine dunkle sanfte Stimme.

      »Hm, was iss los?« Annas Traum zerplatzte. Oder träumte sie immer noch? Überrascht riss sie die Augen auf.

      »Der Zauberprinz!«

      Sie musste wirklich träumen.

      Vor lauter Schreck sprang sie auf. Aber auch neuer Ärger machte sich breit. Bisher hatte sich noch nie jemand zu der Lichtung verirrt. Anna hielt sie sozusagen für ihren Privatbesitz und fühlte sich nun empfindlich in ihrer Ruhe gestört.

      Mit einer Hand schirmte sie das blendende Sonnenlicht ab und versuchte, auch ohne Brille so viel wie möglich zu erkennen.

      Direkt vor ihr stand ein Junge umhüllt von goldenen Sonnenstrahlen. Er wirkte etwas älter als sie selbst und hatte wirres dunkles Haar, das in der Sonne braun, zugleich mahagonifarben schimmerte und sich fröhlich über Stirn und Ohren kringelte.

      Groß und schlank, wie er war, stand er einfach da. Die Hände lässig in die Hüften gestemmt lächelte er Anna freundlich an. Dabei blitzten seine wunderschönen leuchtend dunkelblauen Augen. Außerdem zeigten sich hinreißende Grübchen auf seinen Wangen. Anna fand diesen Fremden ausgesprochen attraktiv und sein Lächeln einfach umwerfend.

      Noch nie hatte sie sich einen Jungen genauer angeschaut, aber bei diesem konnte sie nicht widerstehen, obwohl sie befürchtete, ihr Glotzen könnte ihm unangenehm werden. Trotzdem musterte sie ihn weiterhin so intensiv und brauchte etwas, um ihrer Verwirrung Herr zu werden. Gerade wollte sie ihn fragen, was er hier auf ihrer Lichtung zu suchen hätte, als er einfach weitersprach:

      »War doch nur eine kleine Frage. Entschuldige, wenn ich dich verschreckt habe. Aber sonst bist du nicht so sprachlos, wenn du hier sitzt. Du redest nämlich sehr viel. Und normalerweise trägst du eine Brille.«

      »Ich rede sehr viel?«, brachte Anna immer noch verwirrt hervor. »Wie kommst du denn darauf?«

      »Nun, ich habe dich hier schon oft beobachtet und deshalb weiß ich, dass du gerne hier sitzt und redest.«

      »Stimmt, ich bin wirklich gerne hier. Aber ich rede doch nicht«, empörte sie sich.

      Sein Lächeln veränderte sich zu einem breiten Grinsen, was Anna an Jens erinnerte und deswegen ziemlich verärgerte. »Du scheinst halt gerne zu träumen oder was du da auch immer tust. Tja, und dabei sprichst du.«

      »Kann nicht sein«, widersprach sie noch einmal. »Und überhaupt, wer bist du eigentlich? Ich hab dich hier noch nie gesehen. Von wegen, beobachten. Das kann gar nicht sein.«

      »Ich heiße Viktor und ich bin oft hier, sehr oft. Man muss sich nicht groß verstecken, um dich zu beobachten. Ich glaube, wenn du hier bist, siehst du ohnehin nichts mehr. Du bist dann irgendwie weggetreten oder so. Du sitzt hier, redest vor dich hin und bist halt trotzdem irgendwo anders. Ich wüsste nur zu gerne, wo?«

      Ja, sie wohl auch, stellte Anna fest, ehe eine vage innere Unruhe sie erfasste und ins Grübeln brachte. Zuerst hatte sie gar nicht richtig begriffen, dass sie nicht mehr allein auf ihrer Lichtung war. Dann hatte sie sich darüber geärgert. Doch jetzt wurde ihr mit einem Male bewusst, dass dieser Viktor ihr total fremd, vielleicht sogar gefährlich war. Weil ihr die Knie weich wurden, setzte sie sich wieder hin. Eigentlich befand sie ihn ja für nett, nicht zu vergleichen mit den anderen, die sie meistens hänselten. Auch war er ja kaum älter als sie. Dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. Aber ein leicht mulmiges Gefühl blieb.

      Viktor schien ihre Stimmungsschwankung zu bemerken. Jedenfalls wich sein Grinsen einem schwachen Lächeln und verflüchtigte sich dann vollends. Stattdessen zog er seine geraden dunklen Brauen hoch. Wahrscheinlich weil sie ihn so blöde anstarrte, nahm Anna an.

      »Nur heute bist du irgendwie anders. Du hast nicht viel gesagt. Und du bist so traurig. Ob das daran liegt, dass du deine Brille nicht aufhast?« Er sah ihr direkt in die Augen. »Ähm, geht’s dir nicht gut?«

      »Was hast du nur andauernd mit meiner Brille?« Anna wartete eine Antwort nicht ab. »Es kommt mir halt sonderbar vor, dass du hier so plötzlich, wie aus dem Nichts auftauchst und mir solche Dinge sagst, so, als würdest du mich kennen. Das ist irgendwie, hhm, eigenartig. Du bist irgendwie …«

      Weiter kam sie nicht, denn Viktor ging leise lachend vor ihr in die Hocke, was Anna zusätzlich verunsicherte, hatte sie doch das Gefühl, er würde den goldenen Sonnenstrahl mit sich nehmen.

      »Hast du etwa Angst vor mir?«, fragte er sie. »Das brauchst du nicht. Tut mir leid, ich sollte natürlich nicht darüber lachen. Aber glaube mir, vor mir brauchst du dich nicht zu fürchten.«

      Erstaunt überlegte Anna, vor wem sie denn hier im Wald sonst Angst haben sollte, wenn nicht vor einem Wildfremden wie ihm.

      Als könnte er ihre Gedanken hören, wurde er ernst. »Du bist manchmal etwas unvorsichtig oder eigentlich immer. Dies ist schließlich ein Wald. Wer weiß, wer sich hier so alles rumtreibt. Das könnte gefährlich sein und ist deshalb eigentlich nichts für kleine Mädchen.«

      Bei der Bezeichnung »Kleine Mädchen« funkelte sie ihn böse an. Doch er lachte schon wieder und nahm ihr damit den Wind aus den Segeln. Obwohl er offenbar über sie lachte und sie damit verärgerte, fand sie dieses Lachen ungeheuer anziehend.

      Von diesen Empfindungen hin- und hergerissen, bemühte sie sich dennoch um eine gelassene Antwort: »Dies ist nun mal meine Lieblingsstelle in meinem Wald und hier gibt’s doch nichts zum Fürchten.« Und da sie ja gerade erst beschlossen hatte, sich nicht vor ihm zu fürchten, fügte sie rasch hinzu: »Und vor dir habe ich schon mal gar keine Angst.«

      »Schon gut, Anna, ich hab’s ja nicht böse gemeint. Ich wollte nur …«

      »Anna?«, hakte sie überrascht nach und wurde misstrauisch. »Woher weißt du meinen Namen? Hab ich den etwa auch vor mich hingeplappert? Was soll ich überhaupt erzählt haben? Sag’s mir.«

      Nun schaute er etwas schuldbewusst drein. »Ich sage nur, was ich gesehen und gehört habe, wenn du hier sitzt, weißt du? Du kommst immer alleine und sprichst

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