www.buch-den-mord.de. Charlie Meyer

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in Verbindung mit meinem Herumgekrauche im Maschinenraum zeigte Wirkung.

      »Nix Hollerbeck«, entgegnete Santos genussvoll. »Nienburg. Sieht so aus, als zögen Sie die Morde regelrecht an.«

      Ich stöhnte. Na toll. »Jemand, den ich kenne?«

      »Sie hatten gestern Abend eine Charterfahrt?«, beantwortete er meine Frage mit einer Gegenfrage.

      »Ja.«

      »Mit der Crème de la Crème des deutschen Adels?«

      »Na ja, ich kann mich nicht erinnern, dass ein Bismarck oder ein von Thurn und Taxis dabei gewesen wäre. Nur der halbe Stammbaum einer Familie namens von Thoren. Und wenn jemand einen von denen umgebracht hat, wundert es mich eigentlich nicht. Wenn wir eine Schrotflinte an Bord gehabt hätten, hätte ich es möglicherweise selbst getan. Da war ein Herr mit ziemlich scharfer Zunge dabei. Der mich übrigens vor der Fahrt auch noch angebaggert hat.«

      Santos lachte, wurde aber gleich darauf wieder ernst.

      »Zügeln Sie Ihre Zunge. Die Polizei ist schon unterwegs. Vor zwei Stunden wurde auf einem Feld direkt neben dem Weser-Radweg die Leiche eines gewissen Cord von Thoren gefunden. Er hatte seinen Ausweis dabei, daher die schnelle Identifizierung. Ohne hätte es wohl etwas länger gedauert.«

      Scheiße. Wenn es nicht zwei Cord von Thoren gab, war das genau der Kerl, der mich erst angemacht und dann übel beschimpft hatte. Ich schwieg, während sich meine Gedanken überschlugen. Wurde ich verdächtigt, der Mörder zu sein? Wer war der Mörder? Ein Chartergast? Wann wurde er ermordet? Noch am selben Abend? Später?

      »Wollen Sie nicht wissen, warum es länger gedauert hätte?«, hakte Santos nach, als ich zu lange nachdachte.

      »Sie werden es mir sagen, ob ich es hören will oder nicht.«

      »Der Gerichtsmediziner meint, es sei höchstwahrscheinlich eine Armbrust gewesen.« Santos nieste. »Entschuldigung.« Er nieste erneut, und dann noch zweimal hintereinander. Serie. »Scheißerkältung.«

      Ich zügelte nicht nur meine Zunge, sondern auch meine Vorstellungskraft. Ich hatte mal einem Freund beim Armbrustschießen zugesehen und ahnte vage, was so ein Bolzen mit Fleisch und Knochen anstellen konnte.

      »Das Kuriose an der Sache ist. Die Schwierigkeit, das Opfer durch reine Inaugenscheinnahme zu identifizieren, liegt daran, dass der Mörder mehrmals geschossen hat. Fünfmal, um genau zu sein. Ein Schuss hat ihm das Gesicht weggefetzt.«

      »Auf dem Feld?«

      »Nein, Baron von Thoren wurde irgendwo anders ermordet. Wo steht noch in den Sternen. Aber der letzte, der tödliche Bolzen, ging mitten durch den Kopf. Die anderen Schüsse sahen mehr so als, als habe der Mörder zwar auf das Opfer gezielt, aber nicht wirklich ins Schwarze getroffen. Ein Schuss ging durch den linken Oberarm, einer zertrümmerte ihm die rechte Schulter. Der Dritte durchbohrte seinen Magen, der Vierte seinen Oberschenkel und dann, endlich der Volltreffer.«

      »Du meine Güte.«

      »Sie sagen es. Sieht nach Scheibenschießen aus.«

      »Wer macht denn so was?«

      »Tja, das frage ich Sie.«

      Mir tropfte noch immer das Öl aus den Haaren.

      »Ich habe einen Springerjob als Schiffsführer und die Schnauze voll von Morden. Fragen Sie jemand anderen.«

      Ich drückte das Gespräch weg und ärgerte mich. Es gab genug professionelle Profiler in Deutschland, um einen Verrückten mit einer Armbrust zu schnappen. Nur weil der Mord zufällig in räumlicher Nähe zu mir passiert war und ich von dem Opfer kurz vor seinem Tod beschimpft worden war, musste wahrlich nicht ich als einziger Laie in der Branche meinen Senf dazugeben. Mein letztes Profiling hatte für einige der Beteiligten ein schmerzhaftes Ende gefunden. Unter anderem für mich selbst. Und für Santos.

      Ich hatte genug mit diesem verdammten Schiff zu tun. Wir arbeiteten an einer Bestandsaufnahme aller maroden Ecken, in denen wir tätig werden mussten, und das waren mehr als gedacht. Derzeit war mein Decksmann auf dem Weg in den nächsten Baumarkt. Die Rundfahrten würden noch warten müssen.

      »Dylan Crispin?«

      Ich knickte in den Knien ein und fuhr herum.

      Während ich mit Santos telefoniert hatte, war wie aus dem Nichts ein Streifenwagen vor dem Schiff aufgetaucht, und ein Uniformierter starrte vom Anleger zu mir herüber. Möglicherweise hatte er mich bereits gerufen, und ich hatte ihn nicht gehört. Dann aber gleich zu einem Megafon zu greifen, das meinen Namen quer über die Innenstadt von Nienburg hallen ließ, war wohl doch etwas übertrieben.

      Neben dem Uniformierten stand ein Kerl in Zivil. Kripo, den Gesichtsausdruck kannte ich.

      »Dürfen wir an Bord kommen?«, brüllte das Megafon.

      Kalle und Lilith tauchten aufgescheucht neben mir auf. Lilith wie ich ölverschmiert, Kalle mit einem Wischmopp in der Hand.

      »Was wollen die Idioten von uns«, murmelte Kalle. »Ist keine Wasserschutz.«

      Lilith sagte nichts, sah allerdings alarmiert aus und zog sich unauffällig ins Schiff zurück, was bei mir ebenfalls die Alarmglocken auslöste. Lag es daran, dass sie eine Gothic war und die Staatsautorität aus Überzeugung ablehnte, oder hatte sie etwas zu verbergen?

      Kalle jedenfalls überstieg mit seinen langen Beinen mühelos die Reling und sprang als Erster an Land.

      »Können wir helfen?«

      Einen Moment lang schwiegen beide und verdauten den Anblick von Kalles zwei Meter fünf. Der Kripobeamte fasste sich zuerst und hielt seine Marke hoch. Sehr hoch sogar, und Kalle nahm sich Zeit, sie zu inspizieren.

      »Ja?«, fragte er mit der selbstverständlichen Autorität der Führungskraft, die er nicht war.

      »Kilian von der Kripo Hannover. Sie sind Dylan Crispin?«

      Der Kripomensch trug einen Anzug, den ich als maßgefertigt einschätzte, ein blütenweißes Hemd und einen Schlips mit goldener Nadel. Obgleich er schon Mitte vierzig sein musste, ließ sich noch kein einziges graues Haar in seinem schwarzen, akkurat geschnittenen Schopf sehen. Er war eitel und färbte, keine Frage. Sein Kinn war glatt, die Augen grau und scharf, die Zähne so weiß wie sein Hemd und der Bauch nicht vorhanden.

      Der Prototyp des Frauenschwarms - und das wahrscheinlich schon seit seiner Geburt.

      Ich trat neben meinen Decksmann.

      »Ich bin Crispin. Was kann ich für Sie tun?«

      Der Uniformierte, der hinter Kilian stand, ein spilleriger Kerl in den Dreißigern in einer Uniform, in der er verloren aussah, musterte mich ungeniert. Sein Kinn war stoppeliger als meins, die Frisur zerzaust, und zweimal in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft sah er sich gezwungen, seine Hose hochzuziehen.

      Rein äußerlich erinnerte er mich an Piet, meinen kettenrauchenden Matrose-Motorenwart zu Hause in Hollerbeck. Dieser hier sah ähnlich verlottert aus.

      »Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«

      Ich

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