www.buch-den-mord.de. Charlie Meyer

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Zeit verkauft wurde. Für einen Spottpreis, wie gemunkelt wurde. Allerdings sollten ihr die Jahre des Müßiggangs auch nicht gut bekommen sein. Eisen und Wasser vertragen sich auf Dauer nur bei guter Pflege des Schiffsrumpfes.

      Auf jeden Fall reizte mich die Kombination aus marodem Unglückskahn und diesem Newcomer von Reeder. Der Junge lehnte sich auf, hatte für eine lächerlich geringe Summe dieses Lux-Schiff gekauft, das in der Branche quasi als verhext galt, und wollte sich eine eigene, von Papa unabhängige Existenz aufbauen.

      Zwei gute Gründe für einen Abstecher nach Nienburg.

      Ich mochte den Jungen schon, bevor ich noch ein einziges Wort mit ihm gewechselt hatte. Was mir im Nachhinein mal wieder zeigte, dass ich auf mein Bauchgefühl nur mit einer gesunden Portion Skepsis hören sollte.

      Am Abend, bevor ich losfuhr, landete ich auf ein Abschiedsbier in der Waldklause. Gustls Bikerkumpel pokerten und rückten nur zu gern zusammen, um ein Weichei wie mich auszunehmen. Seine warnenden Blicke ignorierten sie geflissentlich. Gustl ist ein grauzopfiger Ex-Hells-Angel, der sich nach seiner Kronzeugenaussage in einem Hamburger Milieumord in unsere Provinz flüchtete und seitdem die Waldklause leitet.

      Er kann weder kochen, noch freundlich mit Gästen umgehen, noch seine eigenen Getränke zufriedenlassen, aber wahrscheinlich wird er sowieso in wenigen Monaten wieder verschwunden sein. Um sich bis dahin finanziell über Wasser zu halten, schmeißt er abends den Grill an und bezahlt an den Wochenenden zwei Schülerinnen der Hauswirtschaftsschule dafür, die Frühstücksgäste zu verköstigen.

      Seine im Biergarten aufgebockte Harley wirkt wie ein Magnet auf andere Biker. In den Sommermonaten hocken auf den langen Holzbänken Schulter an Schulter seine Bikerkollegen, während ihre Maschinen zweireihig vor dem verwitterten Jägerzaun aufgebockt stehen.

      Die verschreckten Einheimischen trifft man seitdem hier eher selten an. Lucy schon eher. Kaum zu glauben, aber Lucy mit ihren langen blonden Haaren und dem makellosen Modelgesicht hat sich mit dem alternden Gustl in eine leidenschaftliche Affäre gestürzt. Eine ihrer zahlreichen Liebschaften. Für das unvermeidliche Aus kann ich nur auf eine Trennung in gegenseitigem Einvernehmen hoffen, befürchte aber eher ein Beziehungsdrama à la Othello. Zumindest Biker Gustl ist schwer verliebt.

      Ihr letzter Freund Ruprecht hatte gerüchteweise nach der Trennung eine Therapie anfangen müssen. Lucy ist nichts für schwache Nerven, und obgleich ihr nach einem Autounfall, bei dem ich mit im Wagen saß, ein Unterschenkel amputiert werden musste, liegen ihr die Männer reihenweise zu dem einen Fuß, der ihr geblieben ist.

      Der Zweite ist zwar nur eine Prothese, kann aber sehr schnell und sehr gezielt zutreten, wie meine Schienbeine aus leidvoller Erfahrung wissen.

      Gustl lief an diesem Abend zu Hochform auf und wetzte mit seinen vollen Tabletts Biergläser wie ein Wiesel zwischen Theke und Tisch hin und her. Mitpokern wollte er nicht. Ich hatte ihm im letzten Spiel seine Harley abgewonnen, was ihn kalkweiß hatte werden lassen. Dabei war er sich seines Gewinnens so verdammt sicher gewesen. Bei vier Königen auch nicht weiter verwunderlich, nur hatte mir der Zufall ein Royal Flash in die Hand gedrückt.

      Selbst, nachdem ich mich unter Lucys drohenden Blicken beeilte, April, April zu brüllen, traut mir Gustl seitdem nicht mehr über den Weg, was ich nachvollziehen kann. Die Hütte, in der ich mitten im Wald wohne, hatte vor nicht allzu langer Zeit einem adeligen Grundbesitzer aus dem Nachbarort gehört, und jetzt gehört sie mir. Nach jenem Pokerspiel hatte ich eben nicht April, April gebrüllt, sondern die Hand aufgehalten, um den Schlüssel in Empfang zu nehmen.

      Dass mich ein Hells Angel fürchtet, auch wenn er nur ein Ex ist und ich nicht seine Harley einkassieren darf, bauchpinselt natürlich mein Ego.

      An diesem Abend gewann ich allerdings nichts Spektakuläres. Ein paar Euro für die Portokasse, eine Warnschutzweste fürs Auto, das ich nicht besaß, und eins von Hannes kleineren Schiffsmodellen. Ein etwas schiefes Schubschiff aus der Anfangszeit seiner Schiffsbauerkarriere, was selbst er lediglich mit einem gleichgültigen Achselzucken kommentierte.

      Hannes Leidenschaften sind maßstabsgerechte Schiffsmodelle, vor allem Fahrgastschiffe. Nebenbei ist er ein begnadeter Hacker und schreckt vor keiner digitalen Herausforderung zurück.

      In beiden Sparten gehört er mittlerweile zur Elite, wobei er sich wohlweislich nur seiner Modelle rühmt und seine nächtlichen Hackattacken unerwähnt lässt. Lucy und ich gehören zu den wenigen, die wissen, was er im Keller seines Hauses so treibt, aber keiner von uns beiden würde damit hausieren gehen. Nicht einmal, wenn wir vor Gericht aussagen müssten. Das waren wir ihm nach der Sache mit dem Liebespaarkiller mehr als schuldig.

      Wir begossen meinen Abschied von Hollerbeck mit einer Lage Bier, dann holperte ich mit dem Mountainbike den Waldweg zu meiner Hütte hoch, um meine vorerst letzte Nacht in heimischen Gefilden zu verbringen.

      3

      »Was für eine Verschwendung von Zeit und Geld«, klagte Cord von Thoren und sah missmutig zu, wie sein Butler Niklas in der Hotelsuite den Koffer ausräumte. »Und das auch noch mitten in der Woche.«

      Niklas antwortete nicht, sondern hängte stattdessen von Thorens Smokingjacke auf einem Kleiderbügel außen an den Schrank. Obwohl der Kerl sich wahrscheinlich über seine Unhöflichkeit fürchterlich ärgerte, wusste Niklas, dass von Thoren mit wohligem Schauer das Spiel seiner durchtrainierten Armmuskeln beobachtete.

      Er fungierte nicht nur als Fahrer und Kammerdiener für von Thoren. Wann immer nach ihm gerufen wurde, war er ihm auch in anderer Hinsicht zu Diensten. Thorens Gut lag abseits der Geselligkeit, sein Dienstherr war stockschwul, und er, Niklas, wurde für seine Gefälligkeiten so fürstlich entlohnt, dass er im Laufe der letzten sechs Monate gelernt hatte, die Angelegenheit rein sachlich zu betrachten.

      Business for Money, nicht mehr und nicht weniger. Im Zeitalter hochleistungsfähiger Kondome gesundheitstechnisch unbedenklich. Ob's ihm gefiel, stand auf einem ganz anderen Blatt. Er war so hetero, wie man nur sein konnte, und zwar auf die konventionelle Methode. Dieser Sadomasoquatsch widerte ihn an, aber für jeden schrillen Schrei, den er ausstieß, wurde er extra bezahlt.

      Mittlerweile schrie er standardmäßig mindestens vier Mal pro Session, abhängig von der Länge seiner Qualen, was ihm einen Zusatzbonus von garantierten 400 € einbrachte.

      Auf Reisen führte er immer eine Anzahl von Eisbeuteln im Gepäck mit sich, und ab und an überlegte er, am Ende einer Session das nächstbeste Kopfkissen zu greifen, seinen Boss zu ersticken und ihm unter Triumphgeheul den verdammten Schwanz abzuschneiden.

      Stattdessen hielt er durch und packte von Thorens Smoking aus.

      Wie jedes Jahr um diese Zeit reisten alle erreichbaren Abkömmlinge des im dreizehnten Jahrhundert plündernden und mordenden Raubritters Hieronymus von Thoren aus ganz Europa zu einem Familientreffen in Nienburg an. Im Schnitt, die Cousins und Cousinen dritten Grades mitgezählt, um die hundertfünfzig. Während ihr Ahnherr schließlich sein unrechtmäßig erworbenes Vermögen in die Kreuzzüge nach Konstantinopel investiert hatte und bettelarm von einer heidnischen Lanze durchbohrt worden war, dachten und handelten seine Nachfahren durchaus wirtschaftlich und wussten das Geld anzusammeln. Immobilien, Handelsschiffe, Bordelle.

      Durchschnittlich gab es im Familienclan weit mehr Millionäre als im Bundesdurchschnitt und sogar den einen oder anderen Multimillionär. Cord von Thoren war zwar einer der Reichsten, doch Niklas hielt die Augen offen. Sein Motto hieß festhalten und weitersuchen. Schwul war schlimm genug, aber schwul und pervers nur eine vorübergehende Lösung.

      Auf

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