www.buch-den-mord.de. Charlie Meyer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу www.buch-den-mord.de - Charlie Meyer страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
www.buch-den-mord.de - Charlie Meyer

Скачать книгу

Job.

      Zehn Minuten später bog ein klappriger Ford auf den unbefestigten Parkplatz der Schiffsanlegestelle, der einen nicht weniger klapprigen alten Campingwagen hinter sich herzog. Einen von diesen kleinen kugeligen Gebilden aus den Sechzigern. Der Ford spuckte eine dürre kahle Bohnenstange in T-Shirt und Jeans aus, dem ein zottiger Ziegenbart vom Kinn hing.

      Während er sich noch aus der Fahrertür quälte, zu seiner vollen Länge entfaltete, und zu mir herüber starrte, rumpelte ein knallroter Sportwagen durch die Schlaglöcher den Weg hinunter, was den Kahlköpfigen und mich gleichermaßen von unserer gegenseitigen Begutachtung ablenkte.

      Ungewöhnlich war allerdings weniger der Wagen, ein Mercedes Cabrio, als vielmehr seine Fahrerin.

      Sie trug eine schwarze Latzhose, die maßgeschneidert aussah. Der rechte Hosenträger hing vorschriftsmäßig über der Schulter, der linke etwa auf Hüfthöhe. Die Hosenbeine waren bis zur Wadenmitte aufgekrempelt, die Füße steckten in Springerstiefeln mit Stahlkappen. Unter der Latzhose lugte ein ärmelloses schwarzes T-Shirt hervor. Ihre pechschwarzen Haare waren fransig geschnitten und standen in alle Richtungen ab. Selbst auf die Entfernung konnte ich die dicken Kajalstriche rund um ihre Augen erkennen.

      Das in Verbindung mit dem weiß gepuderten Gesicht erinnerte mich an einen Waschbären, nur dass Waschbären selten schwarzen Lippenstift auftragen. In ihren knöchelhohen, schwarzen Stiefeln ohne Socken stapfte sie durch den Dreck auf den Anleger zu und starrte zu mir hoch.

      Die haarlose Bohnenstange folgte ihr in respektvollem Abstand. Wenn ich seine Blickrichtung richtig deutete, starrte er auf den Hintern der jungen Frau, die forsch auf das Schiff zugestapft kam.

      »Du meine Güte«, entfuhr es mir unwillkürlich, als ich realisierte, dass sich dort höchstwahrscheinlich meine Besatzung näherte. Halt suchend griff ich nach der Reling.

      »Du bist der Schiffsführer?«

      Die Waschbärin blieb vor dem Schiff stehen und starrte zu mir hoch. Bei näherem Hinsehen schätzte ich die junge Frau auf keine zwanzig Jahre alt, und wenn man die Schminke aus dem Gesicht wusch, kam möglicherweise ein hübsches Mädel zum Vorschein. So sah sie furchterregend nach Vampir aus, und ich nahm mir spontan vor, in den nächsten vier Wochen viel Knoblauch zu essen, damit ich nicht eines Morgens mit Bissspuren am Hals aufwachte.

      »Ich bin Lilith, deine Matrosin. Bitte um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen.« Sie hörte sich verbissen an. Aggressiv, genauer gesagt, beziehungsweise beides in Kombination. Verbissen und aggressiv. Keine gute Taktik, um seinen neuen Chef für sich einzunehmen.

      Mittlerweile hatte der lange Kahlköpfige das Gothicmädchen eingeholt und baute sich neben ihr auf. Der Größenunterschied zwischen beiden betrug etwa einen halben Meter.

      »Kalle Ruppert«, rief er zu mir hoch und starrte mich mit den braunen Augen eines traurigen Spaniels an. »Decksmann.«

      Wind und Wetter hatten sein Gesicht braun gegerbt und ihm Tausende kleinster Furchen in die Haut gegraben. Ich schätzte ihn auf Ende vierzig. Er sah aus, als würde er sich schon seit Urzeiten auf Schiffsplanken herumtreiben, war von seinem Dienstgrad her aber erst Decksmann, die unterste nautische Stufe, was mich irritierte.

      »Immer rein in die gute Stube.« Ich versuchte ein wenig Begeisterung in meine Aufforderung zu legen, aber es gelang mir nicht recht. Stattdessen machte ich auf den Hacken kehrt und stiefelte ziemlich lustlos den Niedergang hinunter.

      Einen Moment lang verhaarten wir dann im Eingangsbereich des Schiffes unschlüssig voreinander, dann ergriff ich die Initiative und deutete durch die Tür in den Salon. Hier gab es sechs Sechsertische an der Steuerbordseite, sechs an der Backbordseite und sechs in der Mitte. Alle kahl, ohne die übliche Mindestdeko wie Tischläufer oder Mitteldecker.

      Keine Blumen, keine Speisekarten, nicht einmal Bierdeckel.

      Wer immer dieses Schiff an Bobsie verkauft hatte, war geizig genug gewesen, es komplett abzuräumen.

      Die Stuhlbezüge, blau mit weißen Punkten, waren verschlissen, teilweise sogar löchrig, die nackten Tischplatten zierten Glasringe von vor Unzeiten servierter Getränke. Ich registrierte, wie die Blicke meiner neuen Crew von der dreckigen Tischplatte über das ramponierte Mobiliar und die Spinnweben vor den schlierigen Fenstern durch den Salon wanderten. Begeisterung sah anders aus.

      Ich gab Händchen, wies einladend auf den nächstbesten Tisch und stellte mich vor. Dylan Crispin. Der Aushilfsschiffsführer.

      »Lilith«, wiederholte das Gothicmädchen und klang genervt. »Matrose-Motorenwart. Binnenschifferausbildung auf einem Frachter und auf dem Schulschiff Rhein.«

      Lange konnte sie den Abschluss noch nicht in der Tasche haben. Außerdem Grufti, Designerklamotten, Mercedes Cabrio und Binnenschifferausbildung? Ungewöhnlich und erfragenswert.

      »Kommst du aus einer Binnenschifferfamilie?«

      »Warum? Habe ich kein Anrecht auf eine Privatsphäre?«

      Ich starrte sie perplex an, und einen Moment lang verschlug mir ihre Angriffslust komplett die Sprache. Privatsphäre auf einem kleinen Schiff wie diesem ist eine knifflige Angelegenheit, aber davon abgesehen, schien mir meine Frage das Normalste von der Welt zu sein. Die Frage eines Chefs, um die Motivation und die Fähigkeiten eines außergewöhnlichen Mitarbeiters einschätzen zu können.

      Sie war noch sehr jung und damit auch unerfahren, aber wenn sie einer Schifferfamilie entstammte, vielleicht sogar auf einem Frachtschiff aufgewachsen, war die Ausgangslage eine ganz andere. Ich wollte ganz einfach wissen, ob ich mich im nautischen Bereich auf sie verlassen konnte, trotz ihrer Jugend. Ein Schiffsführer ist auf seinen Matrosen angewiesen. Wenn er fährt, und es gibt ein Problem, muss er wissen, dass der nach ihm nächsthöhere Nautiker im Maschinenraum das Richtige tut.

      Dementsprechend gereizt reagierte ich. »Du meine Güte, ich wollte dir bestimmt nicht zu nahe treten. Mich interessiert einfach, warum du Binnenschiffer werden willst. Ich hatte eben noch keinen Gruftimatrosen, der ein rotes Cabriolet fährt. Außerdem werden wir die nächsten vier Wochen auf engstem Raum zusammenleben.« Ich deutete auf die Tür zum Kabinentrakt. »Es gibt da hinten zwei winzige Kabinen und ein Duschklo. Naturgemäß werden sich unsere Privatsphären da schon an der einen oder anderen Stelle tangieren.«

      Kalle räusperte sich und hob wie ein Schüler beim Unterricht die Hand. Selbst vornübergebeugt und im Sitzen wirkte er riesig. Dabei messe ich selbst schon ein Meter fünfundachtzig.

      »Ja? Der Schüler da vorn in der ersten Reihe.«

      Matrosin Lilith verzog nicht einen Mundwinkel bei meinem gekünstelten Versuch, die angespannte Stimmung mit einem Scherz zu entladen. Das konnten vier lange Wochen werden, wenn wir uns nach fünf Minuten schon gegenseitig an die Hälse gingen.

      »Ich bin zwei Meter und fünf und passe in keins von diesen Puppenstubenbetten. Deshalb übernachte ich lieber im Wohnwagen. Da is‘ ein großes Bett drin, und ich störe keinen mit meinem Schnarchen.«

      Er sah ehrlich betrübt aus mit seinem faltigen Gesicht und den traurigen Spanielaugen. »Deshalb nehme ich nur Ablöserjobs auf Tagesausflugsschiffen an. Da kann ich meine Bettkugel am Anleger parken.«

      Er deutete vage aus dem Fenster Richtung Wohnwagen.

      Ich überlegte einen Moment, ob ich das zweite Fettnäpfchen auslassen oder einfach weiter voranpreschen sollte. Da aber meine diplomatischen Fähigkeiten selbst von meinen besten

Скачать книгу