Anna und Jadwiga. T. D. Amrein
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Anna und Jadwiga - T. D. Amrein страница 8
Der Professor lächelte. „Damals war ich einer der aktiven Fachärzte. Der Name sagt mir zwar auf Anhieb nichts. Jedoch kann unser Archivar die Akte problemlos heraussuchen. Darin ist selbstverständlich vermerkt, wer sie auf dem Tisch hatte. Aber selbst wenn sie nicht bei mir war. In den meisten Fällen wirft man ohnehin mal zwischendurch einen Blick auf die Arbeit der Kollegen. Oder es wird auch einfach gemeinsam über einen Befund diskutiert. Gut möglich, dass ich trotz allem etwas mitbekommen habe. Duda, sagten Sie?“
Krüger nickte. „Anna Duda.“
Der Professor schlenderte zu einem an der Wand angebrachten Haustelefon. „Das Archiv bitte!“
Krüger wartete geduldig, während der Professor versuchte, den Archivar an die Strippe zu bekommen. „Schon Zuhause! Um diese Zeit?“, moserte er.
Schließlich gab Gründel auf. „Tut mir leid, Herr Kommissar. Heute geht das nicht mehr.“
Krüger gab sich entspannt. „Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es nach fünfzehn Jahren nicht an. Außerdem haben wir kaum eine andere Wahl, oder?“
„Wir könnten natürlich selbst suchen gehen“, sinnierte der Professor. „Aber bei diesen Mengen im Archiv …“
„Bestimmt nicht“, wehrte Krüger ab. „Das ist absolut kein Notfall.“
„Trotzdem, Herr Kommissar. Ich kümmere mich darum. So bald wie möglich. Wollen Sie nur den Bericht haben oder möchten Sie den Vorgang lieber mit mir besprechen?“
„Das Letztere fände ich ausgezeichnet!“
„Dann machen wir das so. Wie kann ich Sie erreichen?“
Krüger zückte eine seiner neuen Visitenkarten. „Bitte, Herr Professor!“
Der stutzte kurz. „BKA, Sonderermittler. Wie soll ich Sie denn jetzt korrekt ansprechen?“
„Bloß keine Umstände!“, wehrte Krüger ab.
„Wenn Sie meinen, Herr Kommissar.“
„Danke für Ihre Zeit, Herr Professor!“
„Aber gerne.“
***
Die Führung im Heimatmuseum startete pünktlich um zehn Uhr. Nadja hatte kaum erwartet, dass außer ihr etliche weitere Besucher anwesend sein könnten. Darin hatte sie sich jedoch gründlich getäuscht. Offenbar hatte der Veranstalter einer Kaffeefahrt von dieser praktischen Gelegenheit, um Zeit totzuschlagen, Wind bekommen. Ein weiterer Irrtum, wie Nadja bald feststellte. Eduard Schuster wies gleich von Anfang an darauf hin, dass man die vorgestellten Spezialitäten der Gegend am Nachmittag bei gemütlichem Zusammensein zu günstigen Konditionen erwerben könne. Wenigstens ließ sich dadurch der Sinn des Ganzen ziemlich klar erkennen. Ausgerechnet ein pensionierter Hauptkommissar mit normalerweise ausreichender Beamtenpension beteiligte sich mit klarer Begeisterung an dubiosen Verkaufsveranstaltungen. Nadja überlegte während der gesamten Führung durch das Museum, ob sie Schuster überhaupt befragen sollte. Er würde bestimmt rasch dichtmachen, sobald er vermutete, dass es sich um Nachforschungen zu seinem Nebenjob handeln könnte. Als langjähriger Polizist dürfte er schwer zu täuschen sein, vor allem wenn es um die eigene Haut ging. Einen zufriedenen Rentner mit weiblichen Reizen einzuwickeln, verlangte dagegen kaum besondere Fähigkeiten, falls frau entsprechend ausgestattet war. Nadja beschloss, sich zuvor mit Krüger zu besprechen. Deshalb schlich sie sich erst unauffällig auf eine Toilette und verließ danach direkt das Museum.
***
Krüger traf sich zur gleichen Zeit erneut mit Professor Gründel in der Rechtsmedizin. Der kam gleich zur Sache: „Sobald ich die Akte aufgeschlagen hatte, erinnerte ich mich sofort wieder. Selten habe ich eine solche Schlamperei erlebt wie bei dieser Sache. Ich obduzierte damals leider nicht selbst, sonst hätte ich eventuell etwas retten können. Bevor ein Assistent den gesamten Inhalt der Lieferung in ein Becken kippte.
Anstatt uns vorschriftsgemäß an den Fundort zu rufen, schmiss man uns ein Bündel mit Leichenteilen vor die Füße. Durch den Druck des Sackes und die Erschütterungen beim Transport vermengten die letzten vorhandenen Weichteile zu einem undefinierbaren Brei. Aus dem die Knochen in wirrer Zusammenstellung herausragten. Bloß weil sich das Opfer auch ohne Obduktion sicher identifizieren ließ und der Todeszeitpunkt höchstwahrscheinlich dem Datum des Verschwindens entsprach, sah das Institut schließlich von einer Anzeige an die Dienstaufsicht ab.
Außerdem ging der zuständige Staatsanwalt davon aus, dass das Mädchen mit bloßen Händen erwürgt wurde. Spuren einer Strangulation hätten wir ohnehin nicht mehr feststellen können. Auch vor Ort nicht.“
Krüger reagierte empört. „Erwürgt! Mit bloßen Händen? Davon steht überhaupt nichts in den Berichten! Wer sollte das festgestellt haben und wie?“
Der Professor nickte. „Ich war damals ein normaler Angestellter. Trotzdem haben wir im Kollegium darüber diskutiert, daran erinnere ich mich. Aber man erklärte uns schließlich, dass der Staatsanwalt über weitere Anhaltspunkte zur Todesursache verfügt haben solle.“
Krüger schüttelte den Kopf. „Davon kann keine Rede sein. Wie sollten diese Anhaltspunkte denn ausgesehen haben?“
„Na ja, welche erfuhren wir natürlich nicht. Jedoch beispielsweise Augenzeugen, ein Geständnis oder andere Leichen, die das gleiche Tatmuster aufwiesen … Möglichkeiten wären durchaus vorhanden.“
„Es gab nichts dergleichen. Zumindest nicht nach meinem Kenntnisstand. Und ich war mit einem der Polizisten am Fundort, die damals die Leiche oder besser die Leichenreste geborgen haben.“
„Dann bleibt wohl nur übrig, dass Sie den damaligen Staatsanwalt befragen“, schlug der Professor vor.
„Ist leider inzwischen verstorben!“
„Ach so. Das ist natürlich unglücklich.“ Der Professor konnte ein schwaches Grinsen kaum verbergen.
„Ja, aber eigentlich spielt das keine so große Rolle“, fuhr Krüger fort. „Es ging dem Staatsanwalt vermutlich bloß darum, die Blamage durch eine Schutzbehauptung zu vermeiden. Konkret frage ich mich, ob Anna eventuell durch ein Geschoss zu Tode gekommen sein könnte?“
Der Professor runzelte die Stirn. „Erschossen?“, wiederholte er. „Sie haben einen konkreten Grund für diese Vermutung, oder?“
Krüger nickte. „Zugegeben, eher eine vage Vorstellung. Wenn Sie es jedoch auch nicht völlig ausschließen können, dann lasse ich den Fundort auf Metallrückstände untersuchen.“
„Der Schädel und die Knochen des Torsos waren vollständig vorhanden. Also Rippen, Becken, Wirbelsäule et cetera. Auch einige Knorpelteile von Kehlkopf und Speiseröhre sowie kleine Reste der großen Muskeln des Gesäßes. Erkennbare Spuren einer Schussverletzung wären uns bestimmt nicht entgangen. Jedoch kann auch eine Kugel tödlich sein, die nur Weichteile, große Blutgefäße oder Organe trifft. Ein seitlicher Bauchschuss könnte beispielsweise den unteren Teil der Aorta treffen.“
„Organe waren keine verletzt?“
Der Professor zuckte mit den Schultern. „Die Innereien waren schlicht nicht mehr vorhanden, nach Monaten im Wald. Maden und