Zwiebelsuppe à la Jules. Louis Geras

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zwiebelsuppe à la Jules - Louis Geras страница 2

Автор:
Серия:
Издательство:
Zwiebelsuppe à la Jules - Louis Geras

Скачать книгу

      Er zwang sich seine Augenlider einen Spalt zu öffnen. Es fiel ihm schwer. Als würden seine Lider von einem zentnerschweren Etwas niedergedrückt. Als wollte diese Etwas verhindern, dass er die Wirklichkeit sah. Eine Wirklichkeit, vor der er seit Wochen floh.

      Endlich schaffte er es. Abschätzend sah er sich in der kleinen Wohnung um. Sie war modern und ausgesprochen unpersönlich eingerichtet. Alles…. und doch nichts da. Eine Liebeshöhle - elegant, praktisch und sauber. Fast schon steril, als fürchte man, sie könnte alle ihre verborgenen Geheimnisse verraten. Immer, wenn Alex sie betrat, erschien sie ihm leblos und leer. Erst durch sie beide erwachte sie zum Leben. Doch kaum gingen sie, entwich ihr dieser Lebenshauch. Starb sie einen einsamen Tod… .

      Alex fröstelte es. Warum kam er hier immer nur auf so absurde, pathetische Gedanken. Wahrscheinlich lag es an ihrer verstohlenen geheimen Beziehung. Manchmal erschien es ihm unheimlich, dass man sich so intim kannte und doch nichts Elementares voneinander wusste, außer einigen wenigen unwesentlichen Details, die nichts verrieten. Was jedoch nicht an ihm lag. Wann immer er im Gespräch versuchte mehr zu erfahren, wurde er vertröstet, schließlich sollte man die wenigen gestohlenen Augenblicke, die man für einander hatte, genießen und nicht mit nutzlosen Gesprächen vergeuden. Jeder Augenblick war kostbar. Auch Alex empfand es so und versuchte sie auf seine Weise festzuhalten. Dazu gehörte für ihn aber auch ein vertrautes Gespräch. Gedankenaustausch oder zärtliche Worte.

      Seine Augen folgten den Sonnenstrahlen, die sich zwischen den halbgeschlossenen Rollläden hindurch stahlen und über den kleinen Tisch vor dem Fenster Linien zeichneten. Er versuchte diese Gedanken zu verdrängen, denn er fürchtete sich vor der Alternative.

      Die Turmuhrglocke schlug ein Mal. Viertel nach Zwei. Es wurde Zeit. Das nächste Meeting fing in einer Stunde an und er musste noch ans andere Ende der Stadt. Die gestohlenen Stunden verlangten Organisation und hetzten ihn.

      Seufzend schlug er die Decke zurück, blieb aber noch einen Moment liegen und fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Innenseite seines Schenkels. Ganz leicht. Ganz langsam und behutsam. Das Kribbeln setzte augenblicklich ein und er schloss die Augen und genoss es.

      Er hatte früher nicht gewusst, wie sehr es ihn erregte, wenn das jemand machte.

      In den vergangenen Monaten seit sie sich hier trafen, hatte er viel über sich gelernt. Er hatte neue, für ihn fremde erogene Zonen seines Körpers kennengelernt und jede einzelne erforscht. Berührungen, die ihm früher Fremd gewesen waren, erregten ihn nun. Alleine bei dem Gedanken daran, versetzten Impulse ihn in einen berauschenden Zustand. Er wusste, dass dies die Antwort war auf seine Frage, warum er immer wieder hierher kam. Auch wenn er sie nicht hören – nicht wahrhaben - wollte.

      Missmutig zog er seine Augenbrauen zusammen. „Schlampe! Geile Schlampe!“, sagte er halblaut in den leeren Raum und meinte sich selbst damit. Dann zwang er sich die Augen endgültig zu öffnen. Rasch schwang er nun seine Beine über die Bettkante und sprang auf, um nicht in Versuchung zu geraten, weiterhin seinen Gedanken und Gefühlen nachzuspüren.

      Auf dem Weg ins Bad sammelte er seine Socken und die Jeans vom Boden auf und warf sie auf einen der Stühle neben dem Tisch.

      Zuerst heiß, dann eiskalt prasselte das Wasser der Dusche auf ihn nieder. Das klärte seine Gedanken, wenigstens für eine Weile.

      Nachdem er auch die anderen Kleidungsstücke gefunden hatte – er war jedes Mal überrascht, an welchen Orten er sie wiederfand - verließ er, nach einem kurzen prüfenden Blick in den Spiegel, hastig die Wohnung.

      Den Gang entlang eilend, vorbei an den verschlossenen anonymen Türen, suchte er nach seinem Handy in der Jackentasche. Er schaltete es immer aus, wenn sie sich trafen. Er wollte unerreichbar für die alltägliche nüchterne Welt sein, während sie sich in der Wohnung aufhielten. Nun checkte er seine Anrufe. Dreimal das Büro. Eine SMS. Er lud sie herunter.

      Kaum hatte er sie gelesen, beschleunigte er seine Schritte. Seine Hast kam nicht von ungefähr. „Meeting schon um halb“, stand in der SMS. „Verdammt!“, stieß er hervor. Dann begann er den Gang entlang zu laufen - wobei er immer wieder halblaut vor sich hin fluchte -sprang die Treppe - immer zwei Stufen auf einmal nehmend - hinunter und bremste erst knapp vor der zweiteiligen gläsernen Eingangstür.

      Keuchend blieb er davor stehen. Dann drückte er zögernd die Tür auf und sah sich aufmerksam um.

      Seltsamerweise sah er sich immer genau um, bevor er das Wohnhaus verließ. Er kam sich albern dabei vor, aber trotzdem tat er es. Schämte er sich dafür, was er hier trieb? Er ersparte sich selbst die Antwort auf seine Frage und eilte stattdessen in die nächste Seitengasse zu seinem blitzblauen ‚Beetle‘, der eine bleibende Erinnerung an seine letzte fixe Beziehung war.

      Christina, genaugenommen Christina Perner, hatte sie geheißen. Sie war seine Traumfrau gewesen und der ‚Beetle‘ ihr Traumauto. Bis zu dem Tag an dem Alex sie mit einem Anderen im Gebüsch angetroffen hatte und sein Traum von einer traumhaften Beziehung, wie eine Seifenblase in der Sonne zerplatzte und zu einem Alptraum wurde.

      Während er den Schlüssel ins Schloss steckte, um den Wagen aufzusperren, erinnerte er sich an die bizarre Situation. Er sah sich selbst, wie er da stand – gedemütigt und unendlich verletzt – und sie dumm anglotzte. Sie saß rittlings auf seinem Kollegen, den Rock hochgeschoben, mit geöffneter Bluse, die Hand des Anderen an ihrer entblößten Brust. Der Träger ihres BH’s hing seitlich hinunter. Die feine weiße Spitze des Körbchens gab die Brustwarzen frei. Frech standen sie hervor. Ihre Frisur, perfekt gestylt. Der Lippenstift um ihren vollen weichen leichtgeöffneten sinnlichen Mund etwas verwischt. Aber vor allem sah er ihre Augen, die ihn halb unter ihren langen dunklen Wimpern verborgen, gelangweilt-nein - verächtlich ansahen. Dieser Blick hatte sich in seiner Erinnerung eingebrannt.

      Noch im Gedanken an diese Szene gefangen, sprang Alex ins Auto und startete wütend den Motor. Zu fest trat er aufs Gaspedal, so dass er mit einem Rums gegen, das hinter ihm parkende Auto auffuhr. „Verdammt!“, entfuhr es ihm abermals. Das konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. Nicht hier - nicht jetzt. Er stöhnte auf und schlug aufgewühlt mehrmals auf sein Lenkrad. Dann sprang er aus dem Auto, um den Schaden zu begutachten.

      Im gleichen Moment öffnete sich auch die Autotür, des hinter ihm parkenden kleinen elegant-schwarzen Sportflitzer, und eine zierliche Brünette schwang ihre Beine heraus und stelzte auf hohen Absätzen auf ihn zu. Ein enges Business-Kostüm umhüllte einen perfekten schlanken Körper. Das maskenhaft geschminkte Gesicht war nicht einzuschätzen. Weder das Alter, noch die Stimmung.

      „Aufgespritz!“, zuckte für einen Moment ein Gedanke durch Alex Hirn, während er ihr entgegenblickte.

      Ihre Bewegungen drückten dafür deutlicher aus, was sie empfand. Sichtlich wütend rauschte sie auf ihn zu und fauchte ihn an, wobei sich die intensiv Rot nachgezogenen Lippen nur wenig öffneten: „Ihren Führerschein haben Sie wohl auch in der Lotterie gewonnen! Sie Id….“ Den Rest verschluckte sie. Stattdessen fing sie an mit ihren langen lackierten Fingernägeln in ihrer Handtasche - eine echte Dior - zu kramen. „Oder sind Sie betrunken? Es ist wahrscheinlich besser, wenn ich die Polizei rufe.“ Damit zog sie ihr Handy heraus und fing an die Rufnummer einzutippen.

      Alex hatte sich währenddessen über die Stoßstange gebeugt. Erleichtert stellte er fest, dass bis auf ein paar Kratzern und einer kleinen Delle keine Schäden sichtbar waren. Er wollte hier keine Aufmerksamkeit erregen. Daher ergriff er sofort die Gelegenheit, als er merkte, dass die Frau für einen Moment zögerte und dabei ihren Blick abschätzend über ihn gleiten ließ, ehe ihr Finger sich auf die Wahltaste zubewegte.

      Alex zauberte ein charmantes Lächeln auf die Lippen und sah sie eindringlich an. „Ich glaube nicht,

Скачать книгу