Zwiebelsuppe à la Jules. Louis Geras

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Zwiebelsuppe à la Jules - Louis Geras

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ins Gesicht schleuderte – (Sie hatte es mit ziemlich jeden seiner Freunde und Kollegen getrieben.) – zerstörte jede Illusion von Freundschaft, Liebe und Gemeinschaft, die er je gehabt hatte und waren sicher der Auslöser für seine momentane Situation.

      Selbst jetzt konnte Alex ihr höhnisches Gelächter noch laut und deutlich hören, während er abwechselnd dunkle und beleuchtet Gehsteigflächen, wie ein Getriebener, durchhastete. Seit damals war er irgendwie ständig auf der Flucht.

      Er schüttelte sich um die düsteren Gedanken abzuwerfen und zog seine Jacke enger um seine Schultern. Es fror ihn, obwohl es nicht wirklich kalt war. Wenn er so weiter machte, drehte er noch vollständig durch.

      Der ganze Tag war eine einzige Katastrophe gewesen. Er brauchte dringend etwas zum Trinken. Etwas Härteres. Etwas… das seine Probleme leichter machte. Er vertrug etwas Handfestes, schließlich war er kein schwuler Schwächling, der nichts verkraftete.

      Er bremste ab und blieb wie angewurzelt stehen. Dachte über diesen Gedanken nach und fuhr sich mit beiden Händen mehrmals über sein müdes Gesicht.

      An der nächsten Ecke wusste er ein Bistro, welches um diese Zeit noch geöffnet hatte und, wenn der Chef gute Laune hatte, konnte er vielleicht sogar noch etwas zum Essen bekommen. Das ‚Jules‘ - so hieß das Bistro - war nicht besonders groß, aber es verströmte ein fremdländisches Flair, das mit seinen Besitzer - einen Franzosen - zu tun hatte. Im Gegensatz zu den meisten umliegenden Bars, ging es hier etwas ruhiger zu.

      Leise Musik, ein französischer Chanson, klang ihm entgegen, als er die Tür aufdrückte. Der Geruch von Zigarettenqualm und Alkohol umhüllten ihn. Seine Augen gewöhnten sich rasch an das dezente Dunkel, das hier herrschte. Ein wenig Verruchtheit schien in der Luft zu liegen. Einige Tische waren besetzt. Der Großteil aber war schon verwaist. Nur noch die leeren Gläser mit Rändern von rotem Lippenstift erinnerten an die intimen vergangenen Stunden. Die abgestandene Luft roch nach Tabak, Alkohol und menschlichen Ausdünstungen. Der hintere Teil des Bistros war so düster, dass Alex nur Schemen erkennen konnte. Sehr beschäftigte Schemen, deren Bewegungen keine Fragen offen ließen.

      Trotzdem wählte Alex einen der Tische im Hintergrund. Er wollte niemanden sehen und auch nicht gesehen werden.

      Ein verliebtes Pärchen saß zusammengekuschelt am unteren Ende des Tresens, ihm gegenüber. Knutschte intensiv. Die Hände der Beiden schienen überall und nirgends am Körper des jeweils anderen zu sein.

      An einem Nebentisch sammelte eine einsame Gestalt leere Gläser zu Gruppen, die in Reih und Glied vor ihm Habt-Acht standen, entleert in den verflossenen Abend- und Nachtstunden.

      Der Wirt - sein Name ist tatsächlich Jules - mit aufgezwirbelten Picasso-Bart und einen schwarzen Barrett lässig-schräg auf dem Kopf gesetzt, kam hinter den Tresen hervor, wobei er mit einen nun schon etwas schmutzig wirkenden Geschirrtuch geschäftig über den Tresen wedelte, und nahm die Bestellung auf.

      Von seiner fülligen Gestalt verdeckt öffnete sich die Tür abermals und ließ einen Schwall kalter Luft in den verrauchten Raum, ohne das Alex erkennen konnte, ob jemand den Raum betrat oder verließ. Es war ihm auch egal, da er sein Glück kaum fassen konnte, als Jules - gut gelaunt über die erfolgreichen Geschäfte der letzten Stunden - ihm einen Rest seiner Zwiebelsuppe anbot.

      Jules‘ Zwiebelsuppe - original Französisch, wie er mit starkem französischem Akzent betonte - war bekannt für seinen exzellenten Geschmack und Alex war wahrhaftig dankbar dafür letztlich in dieser Nacht noch etwas Genießbares zu bekommen. Bis sie der Wirt aufgewärmt hätte, würde er einen Cognac zu sich nehmen, teilte er gut gelaunt dem Wirt mit.

      Jules verschwand hinter seiner Theke, um kurz darauf einen Cognac-Schwenker vor Alex abzustellen.

      Alex griff danach und so wie er es in vielen Filmen gesehen hatte, fing er an das Glas vor seiner Nase hin und her zu schwenken, wie man es von Kennern kennt. Konnte jedoch keine Geruchsveränderung wahrnehmen, was wahrscheinlich an der dicken Luft im Bistro lag. Schließlich zuckte er die Schultern und kippte - ohne weitere Achtungsbezeugungen gegenüber der goldbraunen teuren Flüssigkeit - den Cognac hinunter.

      Im nächsten Moment brannte es höllisch in seinem Hals, so dass er nach Luft schnappte und loshustet, was seinerseits wieder Tränen in seine Augen trieb. Trotzdem winkte er todesmutig Jules mit seinem Glas zu, dass dieser als professioneller Wirt sofort verstand, ihm ein Lächeln und ein „Qui!“ entlockte und Alex ein neues gefülltes Glas bescherte. Dieses Mal war Alex bereits vorgewarnt und er trank das Hochprozentige langsamer und gelassener, so dass ihm ein neuerlicher Hustenanfall erspart blieb.

      Eine angenehme Wärme breitet sich kurz darauf in seinem Inneren aus und verdrängte etwas die leere Kälte, gegen die Alex in letzter Zeit ständig anzukämpfen hatte.

      Britta

      Als Britta Sanders zum zehnten Mal die Nummer ihres Freundes wählte, war sie den Tränen nahe. Er hatte es ihr versprochen. Er hatte ihr versprochen, dass er sie anrufen würde. Wütend drückte sie die Tasten. Eigentlich war es keine Wut, sondern eher Verzweiflung.

      Seit fast drei Tagen hatte er sich nicht gemeldet. Es war halb acht Uhr abends. Das war seine Zeit. Da rief er immer an. Nur nicht heute. Und auch nicht gestern und vorgestern. Und nun hatte sie es bereits zum zehnten Mal in der letzten halben Stunde versucht. Aber er ging einfach nicht ans Telefon. So als hätte er endgültig genug von ihr. Von ihr und ihren Vorstellungen von Liebe. Er hatte sich beim letzten Treffen über ihre Anrufe beschwert. Sie klammere zu viel, sagte er und warf ihr vor, sie erwarte mehr, als er ihr zurzeit geben könne. Aber ständig darauf zu warten, dass er sich bei ihr melden würde, war eine Qual.

      Wiederum erklang die monotone Stimme der Telefonsprecherin, die sie aufforderte später noch einmal anzurufen. Nahe daran das Telefon in die nächste Ecke zu schleudern, suchte sie ihren Weg durch die Menschenmassen. Alle strebten nach Hause. Rusch Hour. Fremde Gesichter, gesenkte Augen, distanzierte Blicke. Niemand schien sie wahrzunehmen. Die meisten sahen durch sie hindurch. Nur wenige blickten ihr kurz in die Augen. Gleichgültig, desinteressiert.

      Wie hatte es einer ihrer Ex-Freunde einmal treffend ausgedrückt: „Hübsch, aber kein Hingucker. Keine Modellmaße, keine langen Beine, keine blonden Haare, Sommersprossen. Sei froh, dass du mich abbekommen hast.“

      Mit einem Wort: Er war ein Arschloch. Eingebildet, großkotzig, ständig pleite. Er hatte ihr viel Geld gekostet, bis sie begriff, dass sie ohne ihm besser gestellt war.

      Giovanni, ihr jetziger Freund, hingegen war anders. Er war gebildet, weltgewandt, charmant und großzügig. Er sah unheimlich gut aus. Geradezu jugendlich, obwohl er gut und gerne fünfzehn Jahre älter war, als Britta. Schwarzes dichtes Haar - nur ein wenig graumeliert an den Schläfen - schlanke sportliche Figur, legere Boutiquen-Kleidung. Teuer und exklusiv, elitär.

      Sein einziger Nachteil war, dass er verheiratet war. Und das nicht mit ihr. Seine Frau - von der er sich natürlich schon seit langen emotional getrennt hatte – war krankhaft Eifersüchtig und hatte ihn finanziell in der Hand. Daher konnte er sich zurzeit keine Scheidung leisten. Aber er suchte, gemeinsam mit seinem Anwalt und Steuerberater, nach einer Lösung des finanziellen Debakels, damit er mit Britta endgültig immer zusammen sein könne.

      Britta verstand ihn. Sie konnte nicht von ihm verlangen, dass er sein ganzes Geld, seine Zukunft für sie opferte, nur damit er sie heiraten konnte. Naja, eigentlich verstand sie ihn nur teilweise. Britta hätte sofort auf das Geld verzichtet, nur um ihm nahe zu sein.

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