Mark Feller. Michael Bardon

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Mark Feller - Michael Bardon Mark Feller

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Allah ihre Seelen retten …

      »Warte, ich kann nicht mehr.«

      Tahire bremste ihren Vorwärtsdrang, obwohl der Fluchtgedanke sie völlig einnahm.

      »Lass mich zurück, ich schaff es einfach nicht. Es tut so schrecklich weh.« Faizahs Gesicht war schmerzverzerrt, Tahire konnte sehen, dass ihre Freundin Tränen in den Augen standen.

      »Das geht nicht, du kannst hier nicht bleiben. Die Ratten werden dich auffressen«, sagte sie. Allein der Gedanke an die haarigen Biester ließ sie erschauern. Die Viecher waren wirklich überall; sie tummelten sich zu Hunderten in dem schmalen Durchschlupf.

      Ihr Blick irrte umher – sie suchte nach einem Ausweg. Verzweiflung nahm sie ein, als ihr bewusst wurde, dass die Stimmen immer näher rückten. Allein hätte sie es vielleicht noch geschafft, doch mit der verletzten Faizah an ihrer Seite konnte sie den Gedanken an eine weitere Flucht, gleich wieder vergessen.

      »Stell dich nicht so an«, fauchte sie, während ihr Blick erneut durch das Halbdunkel des Ganges irrte. Das durfte doch nicht sein! Allah hatte sie zu diesem Platz geführt, er hatte das bestimmt nicht getan, um sie in diesem stinkigen, dunklen Gang sterben zu lassen.

      Sie trat zwei Schritte vor und zog ihre Freundin, die vor Schmerzen aufstöhnte, einfach mit.

      »Bei Allah!«, hauchte sie, als sie das kleine Loch in der Blechhaut der linken Lagerhalle sah, keine fünf Schritte vor ihnen. Der Durchschlupf war eng und die ausgefaserten Ränder standen scharfkantig hervor, doch für Faizah und sie würde es zum Durchkriechen reichen.

       Was für ein Geschenk des Himmels!

      Die Stimmen kamen näher – sie konnte jetzt zwischen einem Mann und einer Frau unterscheiden.

      »Komm mit!« Statt auf eine Reaktion zu warten, zog sie ihre Freundin einfach mit. Tahires Beine zitterten vor Anstrengung, doch die Angst verlieh ihr die nötige Kraft.

      »Schnell, krabbel da hinein«, keuchte sie, während sie auf die Knie sank und ihrer Freundin half, durch das Loch zu kriechen.

      »Schneller Faizah, sie sind gleich da …«

      Tahire hielt die Warterei nicht mehr aus. Sie packte beherzt zu, hob die Beine ihrer Freundin an, und schob sie durch das Loch. Nackte Haut schrammte an den messerscharfen Kanten des Blechs. Egal. Aus dem inneren der Lagerhalle drangen die erstickten Schmerzensschreie ihrer Freundin, gefolgt von einem Wortschwall, der kein gutes Haar an ihr ließ. Auch das war Tahire egal. Sie wollte nur noch eins: sich in Sicherheit wissen.

      Der Ruf einer Frau ließ sie innehalten. Sie verstand nicht, was die Frau rief, erkannte aber am Klang ihrer Stimme, dass es sich um einen Befehl handelte. So was in der Art von: Halt, bleib, wo du bist! Oder: Gib auf, du hast keine Chance!

      Tahire zögerte keine Sekunde. Sie sprang auf die Füße, raunte ein »Versteck dich, ich komme wieder …« durch die Öffnung und stolperte los. Weg von dem Loch in der Wand, weg von ihrer Freundin, weg vom Versteck, in dem Faizah mit ihrem schlimmen Fuß hoffentlich erst einmal in Sicherheit war. Ihr Heil lag jetzt in der Flucht, die Zeit zum Verstecken hatte Faizah mit ihrem ständigen Gejammer sinnlos vertrödelt.

      Erneut rief die Frau etwas. Sie stand noch immer am Anfang des Durchganges, ebenso wie der Mann. Tahire ignorierte ihr Rufen – sie konzentrierte sich ganz auf ihre Flucht. Ratten huschten vor ihr davon, es war ihr egal, sie beachtete sie nicht mehr. Die Angst trieb sie voran, ihre Beine rannten schneller, als sie es jemals für möglich gehalten hätte.

      Nur noch wenige Meter, vielleicht vier oder fünf. Am Ende des Ganges wartete das Tageslicht auf sie. Tahires Füße trommelten über den geschotterten Boden, ihre Beinmuskeln brannten, ihr Atem flog mit ihrem Puls um die Wette. Noch zwei Schritte, jetzt war es nur noch einer …

      Ein Hieb in den Rücken trieb sie weiter voran. Sie kam ins Straucheln, ihre Beine knickten unter ihr ein, als wären sie aus Stroh und nicht aus Fleisch, Sehnen, Muskeln und Knochen. Ein weiterer Schlag schien ihre Lunge zum Bersten zu bringen. Sie hörte den Nachhall eines Schusses, konnte nicht mehr Atmen, schmeckte Blut. Tahire verstand nicht, was da vorging, sie verstand auch nicht, was gerade mit ihr geschah. Als der dritte Schuss fiel, und das Projektil ihre Wirbelsäule durchschlug, ging sie der Länge nach zu Boden. Ein letztes Zittern durchlief ihren Körper, dann lag sie ganz still und ihre Augen brachen.

       *

      »Was für ein Schlamassel«, sagte ich und schaute zu meiner Kollegin Fariba, die mit verschränkten Armen neben der Wohnungstür lehnte – sie sah reichlich genervt aus.

      Ich blickte aus dem Fenster. Überall standen Polizisten; sie fotografierten die Schaulustigen, wiesen Rettungskräften den Weg oder sorgten dafür, dass kein Unbefugter auch nur in die Nähe des Tatorts gelangen konnte. Drei Sanitäter stürmten an mir vorbei, ein älterer Streifenbeamter hielt ihnen die Tür auf und deutete schweigend in den hinteren Raum.

      Dort lagen der MP-Schütze und der tote Revolverheld.

      Mein Blick folgte den Sanitätern, bis ich einen grauen Bus der Sorte Sprinter bemerkte, der umständlich vor dem Grundstück nach einem Parkplatz suchte. Das mussten die Jungs von der SpuSi sein, die ich nach einem kurzen Telefonat mit Briegel beim LKA angefordert hatte.

      Zwei weitere Rettungskräfte stürmten in die Wohnung. Ich konnte auf ihren Jacken lesen, dass sie Notärzte waren.

      »Das geht hier ja zu wie in einem Taubenschlag. Du hättest mit deinem Anruf noch ein paar Minuten warten sollen, jetzt dauert es Stunden, bis wir uns in der Wohnung in Ruhe umsehen können.«

      Ich schüttelte den Kopf und schaute meine Kollegin an. »Das ging nicht. Die beiden Frauen brauchten dringend einen Arzt. Außerdem musste ich die Kollegen von der Streife verständigen, die hätten uns sonst ein SEK-Team auf den Hals gehetzt.«

      »Jaja, schon klar«, erwidere Fariba. Sie schob trotzig die Unterlippe vor und rollte genervt mit den Augen. »Dennoch, ein paar Minütchen mehr und ich hätte die Bude auf den Kopf gestellt. Dann hätten wir vielleicht schon eine neue Spur, der wir jetzt nachgehen könnten.«

      Ich lächelte in mich hinein, gab jedoch keine Antwort. Fariba war ein Heißsporn, die am liebsten alles auf einmal erledigen wollte. Geduld war wohl die Art von Tugend, die man bei ihr vergeblich suchte.

      »Da kommt Petermann«, sagte ich und wies mit einem Kopfnicken aus dem Fenster.

      »Das is gut!« Faribas Blick folgte meinen. »Sebastian ist ein Ass. Der sieht Dinge am Tatort, die jedem normalen Menschen verborgen bleiben. Echt der Hammer, der Typ.«

      Wir sahen beide mit an, wie Sebastian Petermann, der Profiler in unserem Team, schwungvoll unter dem rotweißen Flatterband hindurchschlüpfte und zielstrebig auf das Haus zueilte. Unsere Blicke trafen sich, er nickte mir kurz zu und verschwand keine Sekunde später im Hauseingang.

      »Ich habe gehört, er trägt immer nur Schwarz. Tag für Tag immer nur Schwarz?«

      Ein Lächeln huschte über Faribas Gesicht, als sie mir nickend zu verstehen gab, dass an dem Gerücht etwas dran sei. »Das stimmt«, gluckste sie, »Gerüchten zufolge ist er vor fünfzig Jahren schon mit diesem Outfit geboren worden und hat es seitdem nie wieder abgelegt. Is schon ’ne Nummer für sich, unser Sebastian.«

      »Wow!

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