Bob Lennce und der fremde Klang. Sanne Prag

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Bob Lennce und der fremde Klang - Sanne Prag

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vierteilen. Aber die Todesstrafe war ja leider abgeschafft. Bedauerlich! Es war auch nicht wirklich einzusehen, warum Walthen Eve Lesnault ermordet haben sollte.

      Wie konnte Gift in ihren Körper gekommen sein? Irgendwo musste es drin gewesen sein und irgendwie den Weg in sie hinein gefunden haben. Aber kaum ein Gift wirkt innerhalb von Minuten, und die starken, schnell wirkenden Gifte schmecken deutlich. Es war also ganz unwahrscheinlich, dass sie es an Ort und Stelle getrunken hatte. Ezras Überlegungen liefen herum und suchten einen Anker. Was war vor der Veranstaltung gewesen? Hatte er unwissentlich zu ihrem Tod beigetragen? Hatte er etwas an der Veranstaltung so organisiert, dass das Gift seinen Weg nehmen konnte? Hatte er Schuld an ihrem Tod?

      Wie konnte er Schuld haben? Was konnte er getan haben, um dem Tod den Weg zu ebnen? Er hatte die Probleme mit dem Raum zu regeln gehabt, war von der Gemeinde gekommen, mit der Information, dass der Gemeindesaal nicht zu mieten war. Für seine Aufgabe eine wirklich schwierige Situation. Er hatte die Inhaberin seiner Pension befragt, wo noch Räume wären, die für den Anlass gebucht werden konnten. Er hatte zu dem Zeitpunkt unbedingt einen Ort für den Empfang gebraucht.

      An dem Tag war die Hausfrau mit Reinheit beschäftigt gewesen. Reinheit war für sie die entschlossene Vernichtung von allem, was sich bewegt, wächst, verändert. Reinheit war das Ewige, das immer Gleichbleibende. Sie rückte mit den unglaublichsten Giften aus, um alles, was da zappelte oder den Platz verließ, zu töten. Der Baum am Vorplatz hatte sein Leben lassen müssen, weil er Blätter produziert hatte. Jetzt prangte vor der Pension eine Betonfläche, eingezäunt wie ein Vorgarten, mit einem Gartenzwerg vorne links.

      Ezra musste lachen: Da gäbe es ja doch die Sehnsucht nach Romantik, ein fernes Rühren an der Welt der Märchen und des Unkontrollierten, könnte man denken. Falsch! Das war wohl nur der Platzanspruch des Kleinen, der immer arbeitet, denn der Zwerg war mit einer Schaufel ausgerüstet.

      Alle, die bleiben wollten, mussten Zimmer bei dieser Dame buchen, denn es gab nur eine Pension im Ort. Das gehörte zu den Problemen der Organisation rund um die Wohltätigkeitsveranstaltung, für die Bob Lennce stand - zum Weiterbau des mächtigen Gotteshauses in dem großen Dorf.

      Ezra hatte schließlich nur die Kegelbahn als möglichen Ort für den Presseempfang aufgetan und hatte sie mit den Helfern aus dem Ort hergerichtet. Wie konnte Gift in dieses Szenario gekommen sein? War etwas von der tödlichen Reinigung ins Essen gelangt?

      Draußen fuhr ein Wagen vor. Den Klang kannte er. Wolfgang war zurück mit neuem Equipment. Ezra wanderte die Treppen hinunter. Die Hausfrau war mit einem Kübel unterwegs, aus dem gewaltige Chlordämpfe aufstiegen. Sie sah ihn böse und gestresst an. Musste er befürchten, der Desinfektion zum Opfer zu fallen? Oder waren die tödlichen Substanzen nur zur Vernichtung von Journalisten und anderem Gelichter gedacht? Plötzliche Todesfälle waren dann einfach - Reinigung?

      Wolfgang kletterte vor der Pension aus seinem Pickup.

      „Hast du dir etwas in Sachen Akustik überlegt? Ich habe gestern nicht mit Bob Lennce über das Problem sprechen können. Ich wollte abwarten, was dir einfällt.“

      Wolfgang zog die Plane fester nach. „Ich weiß nicht genau, ob es etwas bringt, aber ich wollte schon lange ausprobieren, was diese Klangkörper bewirken. Ich denke, es ist gut möglich, dass sie das Akustikproblem beheben, oder aber sie erzeugen etwas Neues.“ Ezra nahm wahr, dass sich unter der Plane etwas wölbte. Ein Experiment? Aber ja.

      „Wir werden Bob Lennce einweihen. Jetzt ist es noch zu früh. Wir sollten ihn nicht reizen. Ich denke, in einer Stunde.“

      Die Ideen von Wolfgang funktionierten meistens, es war eine große Erleichterung, ihn dabeizuhaben. Ezra liebte seinen cholerischen, kleptomanischen Jugendfreund.

      Beide standen beim Pickup, da sah er ein Kind vorsichtig ums Eck schauen. Ein kleines Mädchen. Eine von den dreien, die er am Vortag in der Kathedrale im Sand spielen gesehen hatte. Sie schien auf Abenteuer aus, denn sie versteckte sich hinter der Ecke. Die Hausfrau kam gerade mit Kübel und Mobb aus der Türe. Sie wirkte sehr angestrengt. Das ständige Desinfizieren schien ihr auf die Nerven zu gehen. Es war keine befriedigende Sache, auch keine Erleichterung. Es war nicht erholsam und nicht entspannend, nicht einmal sicher fühlte es sich an. Jede Desinfektion führte zu neuen Desinfektionen. Wie Sisyphos sah sie sich gezwungen, verflucht, zu dieser Art Ordnung getrieben, ohne Freude. Als sie das Kind sah, schwang sie wütend den Mobb. Die Kleine lief quietschend davon.

      „Hexenbrut“, schimpfte die Frau, zu Ezra gewandt. „Abschaum!“

      Ezra und Wolfgang standen da und fanden es ziemlich übertrieben, dass nun schon Kinder aus den heiligen Chlorhallen vertrieben wurden. Sie merkte die Ablehnung und machte ihren Standpunkt klar: „Gotteslästerung“, fauchte sie. „Geister kommen. Die Kinder lassen Geister kommen. Das darf man nicht zulassen. Das muss verhindert werden. Aber die Leute zahlen dafür. Wenn sie Geld dafür kriegen, hört das nie auf. Dann werden die Geister immer wieder kommen und sich hier breitmachen. Die Töne in der Kathedrale sind auch hier, seit die Kinder die Geister beschwören.“ Sie dampfte Frustration aus jeder Pore. „Keine ordentlichen Leute, sehr schmutzig.“ – Das war die schlimmste Beschimpfung, die ihr einfiel. Damit ging sie wieder ins Haus.

      Ezra war verwirrt. Die Kinder als Geisterbeschwörer? Die Geister kommen, wenn die Kinder was tun? Töne in der Kathedrale? Was für Töne? Ezra erinnerte sich an die Klänge, die er am Vorabend in der Kirche gehört hatte, als ob sie aus dem Himmel gekommen wären. War das Geistermusik? Waren Geister an Eves Tod schuld? Geisterkonzerte in einer unfertigen Kirche? War das tödlich?

      Dieses Mädchen war die Mittlere von den Dreien. Ein kleines, dünnes Kind von vielleicht sechs oder sieben Jahren. Sie hockte hinter der Ecke und versuchte, mit dunklen Augen hervor zu spähen. Wolfgang ging, um sie zu beruhigen. Er nahm sie hoch. „Brauchst dich nicht aufregen, ein Mobb ist nicht sowas Schlimmes“, brummte er.

      Die Kleine sah ihn mit großen Augen an. „Ja, aber er stinkt“, sagte sie dann sachlich.

      „Da geb ich dir recht. Man mag das nicht in den Haaren.“

      „Das letzte Mal hatte ich es dann im Kragen“, erzählte sie und fasste sich mit ihrer kleinen Hand hinter den Kopf. „Das war kalt und ist in meinen Pullover reingeronnen…“

      „Bäh, pfui“, machte der große Mann. Es herrschte ein tiefes Einverständnis.

      „Ist sie weg?“, fragte die kleine Frau.

      „Ist ins Haus gegangen.“ Er ließ das Mädchen runter. Sie nahm seine Hand und schaute vorsichtig um die Ecke.

      „Ist noch im Haus drin“, sagte er beruhigend.

      „Kommt sie wieder raus?“

      „Weiß ich doch nicht. Warum tust du dir das immer wieder an?“, fragte er und schaute auch ums Eck.

      „Na, ich muss schauen, ob jemand in ihrem Keller ist.“

      „Wer soll in ihrem Keller sein?“

      Die Kleine zuckte nur mit den Achseln. Sie wollte sichtlich nichts weiter sagen. Er wartete. Ezra wartete auch. Er betrachtete das Einverständnis der beiden mit gutem Gefühl. Nur, wer sollte da im Keller sein? Gestern beim Spielen hatten sie gesagt, dass einer im Keller klopft – hatte das etwas damit zu tun?

      „Komm ich zeig dir was“, sagte das Kind plötzlich und zog an Wolfgangs Hand.

      Ein Ablenkungsmanöver, dachte Ezra, damit nicht weiter nach der Sache mit dem Keller geforscht wurde.

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