Bob Lennce und der fremde Klang. Sanne Prag

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Bob Lennce und der fremde Klang - Sanne Prag

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War Eve ermordet worden?

      Die Polizei kam. Die Leiterin der Untersuchung war eine Frau. Ezra fand das gut. Mit Frauen hatte er umgehen gelernt, bevor er sprechen oder gehen konnte.

      Frau Kommissarin war nicht ganz schlank und strömte Mütterlichkeit aus. Hier war die Mutter aller Anwesenden. Der erfahrene Beobachter hatte Zweifel: Wie hätte sie diesen Job geschafft, wenn all die weiche Fürsorglichkeit tatsächlich vorhanden gewesen wäre?

      Sie hatte zuerst Bob Lennce befragt, in der irrigen Annahme, dass er irgendetwas von der Organisation wüsste. Der verwies sie an Ezra, er kannte, schien es, Walthen gut genug. Also kam sie auf Ezra zu und sagte mit sanfter, ruhiger Stimme: „Sie sind der Organisator hier, hat mir Herr Lennce gesagt.“ Walthen stand in der Nähe und rückte auf, mit charmantem Lächeln. Er konnte sich wohl seinen Job nicht so leicht aberkennen lassen. Er stellte sich neben die Dame von der Polizei, nahe, sodass sie ihn nicht übersehen konnte. Aber sie war auf Ezra konzentriert.

      Ezra hatte vorher sein Handy bemüht, um das Profil der Dame zu erkunden: Doktorin der Rechte, Professorin an der Uni… Sie lächelte ihn freundlich an, zwei Grübchen in den Wangen. Eine biedere, blonde Frisur, milde Augen scannten ihn sanft. „Ich würde gerne mit Ihnen beginnen, weil sie alle Vorbereitungen kannten. Ich bitte Sie aber, dann noch zu bleiben, für Rückfragen.“ Nein, keine Befehle, ruhige Klarheit, das Notwendige im Vordergrund. Ezra war vorsichtig. Soviel sanfte, vernünftige Mütterlichkeit hatte sicher einen harten, krummen Geierschnabel im Verborgenen.

      Man unterhielt sich über die Vorbereitungen, die Notwendigkeiten für die Veranstaltung, bevor sie begonnen hatte. Was war vorher da, was wurde wo und wie beschafft? Ezra erkannte an den Fragen: Es ging um Gift. Konnte es irrtümlich irgendwie in Eve hineingekommen sein? War es vielleicht schon da gewesen, bevor die Veranstaltung begonnen hatte? War hier ein mörderischer Zufall am Werk, oder Planung? Woher kam das Cateringservice, wollte Mutter Kommissar wissen. Wieso dieses, nicht ein anderes?

      Ezra ging in sich. Hatte eine geheimnisvolle Kraft ihn bewogen, dieses Catering auszusuchen? Man sollte nicht so präpotent sein, zu glauben, dass man durch nichts beeinflusst würde, dass man immer alle Entscheidungen allein träfe, ohne Einflüsterungen. War er vielleicht einer Strömung ausgesetzt gewesen, die er so nicht wahrgenommen hatte?

      Die Kommissarin befragte ihn sorgfältig. Er hatte das Catering aus sechs Anbietern ausgewählt, die er sich vorher aus dem Internet gesucht hatte, so sagte er ihr. Aus der Liste hatte er dann schnell entschieden: Fast die Billigsten, und sie hatten am Telefon kompetent geklungen. Einflüsterungen? Wie sollte das passiert sein?

      Der Raum? Eine Kegelbahn – hatte geschlafen, mindestens ein halbes Jahr, aber wahrscheinlich länger. Wieso ein halbes Jahr oder länger? Das Laub vom Vorjahr, irgendjemand hatte die Türe im vergangenen Herbst offengelassen. Feuchtigkeit und Blätter im Raum, die Türe war verzogen, musste repariert werden. War vielleicht irgendetwas im Raum vergiftet? Alte Farbe möglicher Weise, die irgendwie ins Essen gekommen war?

      Ezra bestätigte, er hatte extra Wein gekauft, weil er das Service nicht kannte. Wenn die den Termin verschlafen hätten, hätte es halt nur Brezeln und Weißen und Roten gegeben. Immerhin irgendetwas, nicht gar nichts. Der Wein und das Mineral wurden gelagert, und er hatte die Leute vom Catering dann angewiesen, alles aufzubrauchen.

      Ezra führte die Dame zu dem Ort der Lagerung hinter der Ecke. In dem Stadium der Untersuchung mussten alle Möglichkeiten erkannt werden. Aber wie bitte sollte ein vergifteter Doppler im Umlauf gebracht worden sein? Ausrottung aller Journalisten? Das wäre wohl aufgefallen.

      „Und haben Sie vielleicht beobachtet, was an dem Tisch, wo Frau Lesnault gestanden hat, los war?“

      Ezra versuchte, sich zu erinnern. Zuerst fiel ihm der Engel mit der Posaune ein: „Wir hatten einen Engel da, einen Posaune blasenden Engel.“

      Frau Kommissar nahm das gelassen. Bei Kunstveranstaltungen musste man auf alles gefasst sein. „Einen Engel…“, wiederholte sie ruhig.

      „Die Mutter der Hausfrau blies ein Posaunensolo, als schon fast alle Leute da waren.“

      „Wissen Sie zufällig, was zu dieser Zeit auf dem Tischchen gestanden hat, bei Frau Lesnault?“

      Ezra kramte in seiner Bildergallerie des Abends. Ein dunkler Kellner lief um die Tische, stellte etwas ab, das waren wohl Brötchen oder etwas Ähnliches, und ein Glas Roter. Bob rührte in einer Tasse und schob sie dann weg… Das erzählte er. Was war da noch? „Alle haben einen Kreis um die alte Dame mit der Posaune gebildet. Ich habe sie herein gebeten.

      Ich konnte da nicht auf das Tischchen sehen.“ Es war ihm natürlich klar, dass das der Moment war, wo man gut etwas Gift unterbringen konnte. Das war der Zeitpunkt, wo keiner etwas anderes sah als den Engel mit der Posaune.

      Ungerufen kam ein Bild aus dem Dunkel des Abends: der Kellner mit einem Tablett und etwas Hellem drauf. Er konnte nicht erkennen, was es war. Das konnte er ihr so aber nicht sagen… Was war das Helle?

      Ezra hätte gerne mehr erfahren, aber natürlich gab es keine Auskünfte an Zivilisten. Er rief also wiederum Wolfgang an: „Wir haben einen Mord hier.“

      „Hoffentlich Walthen.“ Wolfgang wusste ja um die Probleme.

      „Nein, leider nicht. Eve Lesnault.“

      „Wirklich schade. Eine interessante Frau.“

      „Kannst du Infos beschaffen?“

      „Was für Infos?“

      „Ich hätte gerne gewusst, an welchem Gift sie gestorben ist. Wie man die Wirkung einschätzt. Ich meine, wie lange vorher sie es genommen hatte.“

      „Wird erst nach der Autopsie zu haben sein. Aber ich mach mich dran. Morgen vielleicht schon… Werde denen erzählen, dass wir nicht wissen, ob das Ganze nicht größere Tragweite hat und so...“ Es war gut, dass es Wolfgang gab, mit seinem Job als Techniker im Geheimdienst. Und er war gerade nicht im fernen Osten oder in Chile, wie zuletzt. Er hatte Pause. – Und er konnte Insiderinformationen besorgen. Auf diese Art war es mit einigen Ausreden möglich, Wissen zu beschaffen, das sonst nicht zu haben war.

      Hatte er, Ezra, Mitschuld an Eves Tod? Hatte er etwas verbrochen und wusste es gar nicht? Er saß noch die Zeit ab für eventuelle Rückfragen. Die Journalisten tröpfelten aus dem Raum. Er wurde leerer kälter und müder. Spät war alles beendet und auch Ezra durfte gehen.

      NACHT

      Inzwischen war an Schlaf nicht zu denken. Leicht unterkühlt und hellwach glaubte Ezra nicht, dass er Freude am Pensionszimmer haben würde. Er zog die Jacke eng um seinen Körper und fand sie viel zu klein und zu dünn. Gerne hätte er sich eine Decke umgewickelt, aber Bett war sinnlos.

      Ein wenig Wind trieb sich in der Straße herum. Leises Frösteln zog die Ärmel hinauf und umschlang die Handgelenke und Unterarme. Es begann zu regnen, aber das Wetter war nicht sicher, ob es dabei bleiben wollte. Mit dem Regen kamen einige Eisstückchen. In der Kathedrale brannte ein sehr heller Scheinwerfer. Ezra wanderte neugierig durch das Seitentor, oder das, was einmal ein Seitentor werden wollte.

      Die gewölbten Mauern ragten auf um Gottes zukünftige Arena. Im starken Licht des Scheinwerfers rannen die gläsernen Tropfen aus dem Himmel und trafen Sand und Mosaike. Ein Beton-Engel blickte von einer Säule und hatte ein wenig Eis auf der Nase und auf den Flügeln. Hoch oben kletterte eine kleine, schwarze Gestalt durch das Gegenlicht, eine

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