die gekachelte Sonne. B. Born

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die gekachelte Sonne - B. Born

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und ich Depp habe mich weichklopfen lassen“, sagte er. Sie hatte leichtes Spiel gehabt. Sie hatte ihn zu einem Punkkonzert eingeladen. Sie hatten sich betrunken und sie hatte ihn abgeschleppt. Am nächsten Morgen hatte er sich in seiner alten, ätzenden Beziehung wiedergefunden: Anöden und gegenseitiges Runterziehen.

      Er trug ein Tablett, mit Tee und zwei Tassen ins Schlafzimmer.

      „Gerade war es mir gelungen, ein Leben ohne dich zu führen“, sagte er gequält und stellte das Tablett auf den Teppich. Beate lachte sarkastisch auf. Das traf ihn hart, denn es bestätigte, dass er nur auf sie hereingefallen war. Verbittert beobachtete er, wie sie gleichgültig ihre hennaroten Haare bürstete.

      „Ich geh‘ jetzt rüber und schmeiß' sie raus“, sagte er.

      „Das machst du nicht! Du bist doch nur sauer, weil zwischen uns nichts läuft“, entgegnete sie.

      „Und wenn schon.“

      „Kannst ja nebenan auf dem Boden schlafen, keiner zwingt dich bei mir zu liegen“, zischte sie. So schnell er konnte, zog er sich an und knallte die Haustür beim Rausgehen.

      Er rannte über den Hof und hetzte im Treppenhaus schräg gegenüber die mit rotbraunem Linoleum beklebte Treppe hoch in den vierten Stock. Er hatte einen der orange schimmernden Lichtschalter gedrückt und die weißlichen Glasschalenlampen ließen den Boden wie getrocknetes Blut erscheinen. Er klopfte leicht mit dem Schlüssel und schloss ohne abzuwarten auf. Sie hatten sich in seiner nagelneuen, roten Emaille-Kanne Kaffee gekocht und frühstückten die Reste aus seinem Kühlschrank, Schmierkäse aus Käseecken, den sie auf türkisches Fladenbrot gekratzt hatten.

      „Gute Nachrichten“, lachte Sabrina in einem geblümten Kleid und Strickjacke, „wir haben eine Wohnung gefunden. Gleich an der Möckernbrücke. War großes Glück.“

      „Super!“ rief Peter erleichtert. „Wie habt ihr es geschafft?“

      „Jeden Abend haben wir am Mehringdamm auf die frischen Zeitungen gewartet, Gogo hat eine Telefonzelle freigehalten und ich hab‘ eine Zeitung gekauft und schwupps, waren wir die ersten. Wir haben schon gestern Abend den Vertrag unterschrieben. Das ist so toll! Huuh. Ich kann es kaum ertragen.“ Sie wogte ihr Mondgesicht hin und her.

      „Sehr gut! Wirklich sehr gut! Wann zieht ihr denn da ein?“ Er pustete seine zerkratzte Hand, die brannte.

      „Der Vertrag gilt erst ab ersten. Aber da die Wohnung leer stand, kriegen wir schon morgen den Schlüssel“, sagte Gogo enthusiastisch. Seine Hände wärmten sich am Kaffee.

      „Die Wohnung stand leer?“ Peter stutzte. „Das kommt mir komisch vor! Seid ihr sicher, das alles damit okay ist?“

      „Der Vormieter hatte seine Miete nicht bezahlt und ist abgehauen. Es gibt jede Menge zu renovieren. Kannst ja mal helfen kommen“, erwiderte Sabrina.

      „Oh, ihr wisst ja, ich muss etliche Hausarbeiten für die Uni fertig kriegen“, wehrte Peter ab.

      „Du musst ja nicht, du hast schon genug getan, schließlich durften wir bei dir wohnen.“ Sie sah ihn direkt an.

      „Ich muss jetzt los“, sagte er und nahm einen Block, Fotokopien, Bücher und einige Stifte vom Schreibtisch. Er stopfte alles in eine Plastiktüte und ging.

      Voller Energie machte er sich auf den Weg in die Universität. Gerade noch so würde er es zur Vorlesung schaffen. Und wenn Sabrina und Gogo weg wären, würde er die Wohnung für Tobias herrichten, der am Wochenende nach Berlin kommen wollte. Er beabsichtigte in einer Pension übernachten. Das war zwar schrullig, aber es war Peter auch recht. Und mit ein bisschen Glück würde auch Beate nicht dazwischenfunken. Die Dinge hatten sich perfekt gewendet. In der U-Bahn las er ETA Hoffmanns ‚Meister Floh‘.

      Tobias grinste breit, als Peter öffnete. Seine blonden Haare standen geföhnt hoch. Sie stammelten sich ein unterkühltes „Hi“ zu.

      Er zog seine Schuhe aus und machte die drei Schritte durch den kleinen Flur in das hintere Zimmer.

      „Willst du Tee? Vanillearoma, echt dufte“, fragte Peter. Tobias nickte und warf sein Jackett auf die zusammengerollte Bettdecke an der Wand.

      Peter füllte in der Küche, die gleich neben der Eingangstür vom Flur abzweigte, den Blechkessel und stellte ihn auf eine der verrosteten Elektroplatten. Tobias sah sich Peters neuste Bilder an, die an allen Wänden hingen. Sie waren viel zu groß für das 20 Quadratmeter große Zimmer und noch nicht ganz fertig. Bisher erkannte man abstrakte Landschaften und milchig, grüne Flecken.

      „Du bist echt mutig, dass du so malst. Das würde ich mich nicht trauen“, sagte Tobias und lachte, „du Schlingel bist deinem Stil nicht mehr treu. Das hat Berlin aus dir gemacht. Oder deine Schnulle.“

      Peter hasste es, wenn Tobias ihn ‚Schlingel‘ nannte. Der Pfeifton des Kessels schwoll schnell unerträglich an und er hastete in die Küche und brühte den Tee.

      Danach setzten sie sich gegenüber im Schneidersitz auf den dunkelbraunen Teppichfliesenboden, der noch vom Vormieter stammte. Peter schenkte ein, ein intensiver Vanillegeruch verbreitete sich und er stellte die Tonkanne auf ein Stövchen. Tobias zündete Erdbeer-Räucherstäbchen an, die er mitgebracht hatte und sie hörten ‚Octopus‘ von ‚Gentle Giant‘. Länger tratschten sie über gemeinsame Bekannte und Freunde in Hannover.

      „Wann kommst du endlich wieder zurück?“ fragte Tobias.

      „Zwei Wochen vor Weihnachten - wahrscheinlich. Du weißt, ich kann nicht direkt über Weihnachten kommen, weil mich sonst die Militärpolizei an der Grenze abfangen könnte.“

      „Ach komm! Du benutzt die Bundeswehr doch nur als Ausrede. Die kriegen dich schon nicht und wenn schon, dann haust du halt wieder ab. Nein, ich denke eh nicht an eine Woche oder zwei. Ich meine eine längere Zeit. Meine Mission hier ist, dich zurückzuholen. Ich brauch‘ dich in Hannover.“

      „Du redest Quatsch. Ich kann wirklich nicht weg. Die würden mich einkassieren und die Katastrophe wäre perfekt. Außerdem gefällt mir Berlin.“

      „Du könntest in meinem Keller wohnen.“

      „Jetzt spinnst du aber völlig! Das ist doch arschkalt. Und was sagen denn die anderen Mieter dazu, wenn sie mich im Keller erwischen?“

      „Mensch Peter! Ich will dich wieder so haben, wie du mal warst. Und das meine ich ganz egoistisch.“ Tobias sah ihm ganz kurz direkt in die Augen. Geschmeichelt und abgestoßen zugleich senkte Peter seinen Blick.

      „Los, komm wieder nach Hannover. Rumzischen und die Sau rauslassen. Wir könnten wieder genau da anknüpfen, wo wir aufgehört haben. Die Leute vermissen den ‚Knacks‘. Unsere Zeitung war doch echt gute Literatur höhö.“

      „Aber wir haben doch gerade eine neue Nummer rausgebracht ... .“

      „Schon, aber wen interessiert das schon, wenn du hier lebst?“ fragte Tobias.

      „Komm du doch nach Berlin. Denk an die Möglichkeiten, all die Galerien, Maler, Literaten, Bands und alles pulsiert und ist interessant. Eine große Chance für den ‚Knacks‘.“

      „Was redest du denn da? Bist du verrückt geworden? Ich kenne in Berlin niemand und überhaupt, weißt du eigentlich, wie lange es gedauert hat, alles in Hannover

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