die gekachelte Sonne. B. Born

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die gekachelte Sonne - B. Born

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sagte er und zwang sich zu lächeln. Sein Blick wanderte aus dem Fenster, wo die Sonne hinter den Dächern verschwunden war und der Himmel sich orange verfärbte.

      „Wo wohnt sie eigentlich?“, fragte er mit einem Frosch im Hals. Sein Mundwinkel hatte ganz leicht gezittert und er hatte nicht aufgehört, in den Himmel zu starren.

      „Gleich hier im Block. In dem Haus dort schräg gegenüber“, sagte Peter so natürlich wie möglich.

      „Ich habe sie gefühlt“, fuhr er stockend fort, „ich wusste plötzlich, dass sie ganz nah ist. Ich habe ihre miesen ‚Vibes‘ aufgefangen. Aber lassen wir das. Fangen wir lieber an zu malen! Zeig mir, wie du diese Strukturen hier hingekriegt hast.“ Er zeigte auf eine Stelle in einem der Bilder an der Wand.

      „Das ist ganz einfach“, sagte Peter erleichtert und zeigte ihm, wie er es gemacht hatte.

      „Du nimmst wirklich auf keine Maltraditionen Rücksicht“, sagte Tobias und holte einige Pinselchen aus einer alten, militärgrünen Umhängetasche hervor. Sie zogen Papier auf Holzbretter auf. Tobias ließ akribisch Ölfarbe verlaufen, was einen Hintergrund ergeben sollte. Peter kritzelte automatisch, manchmal ohne hinzusehen, auf dem Papier herum und wartete auf eine Struktur, mit der sich etwas anfangen ließ, die ihn inspirierte.

      „Was willst du nur mit so einer Kuh. Du verdienst was Besseres“, sagte Tobias bitter und tunkte sein Pinselchen in ein Schnapsglas mit einer Träne Terpentin und malte einen schwarzen Schnörkel auf den grünen Untergrund.

      „Du weißt, dass wir uns schon in Hannover getrennt haben. Sie spielt in meinem Leben keine Rolle mehr“, log Peter.

      „Stimmt doch gar nicht! Was will sie denn sonst hier?“ erwiderte er.

      „Ich sehe sie kaum. Nur manchmal, wenn ich nichts Besseres zu tun habe, gehe ich rüber und wir glotzen fern oder mampfen was zusammen“, sagte Peter.

      „Ihr wohnt doch bestimmt praktisch zusammen. Und du hältst es nicht einen Tag ohne sie aus. Ich wette, dass du mindestens einmal pro Tag deinen Kopf aus dem Fenster steckst und erkundest, was die Ziege macht“, erwiderte Tobias. Peter fühlte sich mulmig, da es stimmte.

      „Blödsinn!“ wehrte er sich. „Wie war’s auf Mallorca?“

      „Da brauchst du gar nicht das Thema zu wechseln“, sagte Tobias schnell, „die Schnulle verdirbt dich. Sie hemmt dich und du wirst lahm. Sieh dir doch mal an, wie du hier haust.“ Peter sah sich ratlos um. Etwas Besseres als dieses Zimmer hatte er noch nie gehabt.

      „Okay. Okay. Und wie war’s auf Mallorca?“ fragte er erneut.

      „Prima. Ich hatte Petra mit. Als Sexproviant. Höhö. Nach zwei Tagen hab‘ ich sie nicht mehr ertragen und rausgeschmissen.“

      „Wie rausgeschmissen? Und was hat sie dann auf Mallorca gemacht? Ist sie abgereist?“

      „Woher soll ich das wissen? Interessiert mich wirklich nicht. Solche Dinge langweilen mich. Hab‘ dann jeden Tag gemalt. Das ganze Hotelzimmer war ein Atelier. Hab‘ eine echt gute Serie hingelegt. Die stell‘ ich nächste Woche im ‚Kunststübchen‘ aus.“

      „Kunststübchen?“

      „Ja, ein Café in der Altstadt. Die verkaufen gut. In der letzten Show dort hab‘ ich acht Bilder verhökert. Echt dufte. Da solltest du auch mal ausstellen.“

      „Du weißt, dass mich Cafés als Ausstellungsorte nicht interessieren.“

      Sie schwiegen. Peter strich flüssige, orange Farbe auf ein Blatt und kritzelte aggressiv mit einer Pastellkreide hindurch. Tobias malte tausend kleine Kringelchen.

      Kurz vor Ladenschluss kauften sie im Supermarkt zwei Packungen tiefgefrorene Bihunsuppe und 10 Flaschen Bier.

      Peter erhitzte die Suppe. Unterdessen tranken sie Bier, malten, hörten ‚Procul Harum‘ und glotzten auf dem Schwarzweißfernseher, den Peter auf der Straße gefunden hatte, einen Dokumentarfilm über Elefanten, die auf einen Elefantenfriedhof gingen, um zu sterben.

      Als die Suppe kochte, füllte Peter sie in zwei tiefe Teller und balancierte sie ins Zimmer. Tobias schüttete unglaublich viel Tabasco dazu und probierte.

      „Zu kalt“, sagte er und kochte seine Suppe erneut auf.

      Peter pustete und aß. Tobias wärmte seine Suppe noch drei weitere Male auf.

      Hinterher schlug Peter vor, Steinert anzurufen:

      „Der kommt auch aus Hannover. Ich hab‘ ihn aber erst hier kennengelernt. Er studiert Russisch und war gerade einige Wochen in Moskau. Das muss spannend gewesen sein. Wir könnten eine Kneipentour durch Kreuzberg machen.“

      „Iiih, ein Mann“, entgegnete Tobias, „ne, ne, ne.“ Er zeigte mit seinem Zeigefinger auf die Stelle, wo sich in der Hose sein Geschlecht befand und machte anschließend mit dem selben Finger eine verneinende Bewegung. „Ich will lieber Fricke besuchen. Die hat prima Möpse. Aber die musste ja auch nach Berlin abhauen, dafür hasse ich sie natürlich und das möchte ich ihr einen ganzen Abend lang zeigen. Du kommst mit und wir suchen für dich auch was zum Ärgern.“

      „Hm. Ruf sie also an“, sagte Peter resigniert. Sein Plan war gewesen mit Steinert und Tobias durch Szenekneipen zu ziehen über Literatur zu diskutieren. Vielleicht hätte man sogar eine gemeinsame Literaturzeitschrift planen können: ‚Achse Hannover-Berlin‘ oder so.

      „He, Fricke, hehe“, rief Tobias in den pekigen Hörer, „ich bin’s - echt. Heute bin ich dein Hassfaktor. Nee, h e u t e! Ich bin heute in Berlin! Länger als einen Tag halt‘ ich’s hier nicht aus. Ja, ich besuche Peter, wir malen. Also, du musst deine Verabredung absagen und triffst uns. Ja, das ist ein Befehl! Gut! Gut! Treffpunkt U-Bahn Neukölln unten. Wir sind in 15 Minuten da.“ Er sah dabei Peter an. Der nickte zögerlich. Er hatte bis zum Schluss gehofft, dass sie ihm einen Korb gab. Aber er musste auch schmunzeln, da es immer wieder erstaunlich war, dass Tobias mit solch plumpen Methoden Erfolg hatte.

      „Kannst du nicht noch ne Freundin einladen? Peter hat doch keine Freundinnen und ich kann ihn hier auch nicht alleine zurücklassen. Überleg doch mal. Bis dann also“, sagte er und legte auf.

      Bevor sie loszogen, kontrollierte Peter den Kachelofen. Die restliche Glut würde das Zimmerchen bis zum Morgen warm halten. Danach zog er seine schwarze Schweizer Offiziersjacke an und knöpfte die vielen silbernen Knöpfe mit einem Kreuz darauf zu. Tobias zog einen, von einer seiner Freundinnen, handgestrickten dunkelblauen Pullover an, darüber sein dunkelblaues Kordsakko, Fingerhandschuhe und einen langen Strickschal.

      Sie stapften durch den knirschenden, frischen Schnee und tranken Bier im Gehen. Der Himmel lag flach und schwer auf den Dächern und er war grüngelb von den Gaslaternen.

      Vor dem Eingang zur U-Bahn-Station rief Tobias: „Auf Ex!“ Und sie schluckten wetteifernd den Rest aus ihren Flaschen. Dann warfen sie sie, ohne hinzusehen einfach über ihre Schultern. Auf der salzgestreuten Straße zerbarsten sie, aber sie drehten sich und das war Teil des Rituals, nicht danach um.

      „Geile Surri-Punk-Aktion“, sagte Tobias beim Hinuntergehen.

      Fricke war stämmig und etwas größer als Tobias. Sie hatte eine schwarzweiß karierte Hose an und wasserstoffblonde Haare. „Was ist denn mit deinem Pony passiert?“

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