die gekachelte Sonne. B. Born

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die gekachelte Sonne - B. Born

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aus der Hand und knallte zu, da die Hauswartsfrau mit ihren Einkaufstaschen die Haustür wieder aufgedrückt hatte.

      „Das sieht ja wüst hier aus“, sagte sie unfreundlich. „Das müssen Sie aber alles wieder wegmachen, Herr Baldinger.“

      „Ja, ja, gleich“, erwiderte Peter.

      Vor seinem Verschlag im Keller glimmten in dem Briketthaufen schwach die Kerzen. Peter grub sie aus, befestigte sie neu und stapelte die Briketts an einer Wand hoch bis zur Kellerdecke. Als er endlich fertig war, holte er den Besen, das Kehrblech, einen Eimer mit Wasser und den Scheuerlappen. Oberflächlich beseitigte er den Kohlenmatsch.

      Zurück in der Wohnung wusch er erst das Geschirr und dann sich selbst am einzigen Waschbecken in der Küche, heizte den Kachelofen neu an, frühstückte und sah ‚Notruf 110‘ auf DDR1.

      Dann rief Sabrina an. Sie fragte, ob er nicht Lust hätte, sie in ihrer neuen Wohnung besuchen zu kommen. Sie wollte natürlich, dass er beim Renovieren helfe, aber er konnte diese Gelegenheit, unter Leute zu kommen, einfach nicht ausschlagen.

      Er machte sich fertig und brach auf. Der Schneeregen hatte sich in dichtes Schneegestöber verwandelt.

      Vor dem Haus von Gogo und Sabrina an der U-Bahn-Station Möckernbrücke staunte er über die tolle Lage und den stattlichen Altbau. Auf einem Stück Kreppklebeband an ihrer Tür standen ihre Namen gekritzelt. Niemand begrüßte ihn an der Tür, die angelehnt war. Nach einer Weile trat er einfach ein. Die Dielen knarrten wie verrückt. Ein langer Flur ohne Licht führte weit nach hinten und mündete in ein riesiges, mindestens 50 Quadratmeter großes Zimmer. In dessen Mitte hockte Gogo vor einem Zelt. Auf einem Stövchen vor ihm stand eine Porzellankanne mit Rosenmotiv. Sabrina lehnte in der hinteren Ecke des Raums am Kachelofen, der vier Meter fünfzig hoch fast an die Decke stieß. Neben ihr stand ein graues Telefon an einem endlosen, zum Fitz verdrehten Kabel und an der Wand ein monströses, dunkelbraunes Sofa und daneben zwei Sessel. Auf vielen Tellern brannten fette Kerzen. Sie strahlten hell, denn, obwohl es ein Uhr mittags war, gab es praktisch kein Tageslicht, denn das einzige kleine Fenster lag hinter einem Mauervorsprung und nur ein schmaler heller Streifen schaffte den Weg um diese Ecke.

      Gogo hatte einen Schlafsack über die Schultern gelegt.

      „Oh, hi“, grüßte er, überrascht tuend, „Tee?“

      „Klar, wenn’s kein Yogi-Tee ist“, erwiderte Peter zynisch. Aber Gogo fand die Bemerkung gar nicht komisch. Er verzog sauer sein Gesicht und schenkte einen Becher voll.

      „So, das ist also eure neue Wohnung! Gigantisch!“ versuchte Peter ein Gespräch zu beginnen, der den Empfang reichlich unterkühlt fand - immerhin war er zum Wändestreichen gekommen.

      „Irre ne? So was Großes wollte ich schon immer mal“, sagte Sabrina. Der Ärmel ihres gelben Strickpullovers hing in ihrer Tabaksdose.

      Peter wollte sich auf dem Sofa niederlassen, aber Sabrina sagte ihm, dass er sich nicht darauf setzen dürfe. Also hockte er sich in die Nähe des Stövchens auf die Dielen, wo es eisig durch die Ritzen seine Beine hochzog.

      „Wir haben die Wohnung nur gekriegt, weil wir für das Sofa und die Sessel 2000 Mark Abstand bezahlen sollen“, erklärte sie.

      „2000! Ist es irgendwie antik?“ fragte Peter, Sabrina und Gogo abwechselnd ansehend. Selbst in der Dunkelheit und von weitem sah das Sofa abgeranzt und morsch aus.

      „Nee, wohl kaum! Wir haben das Geld auch gar nicht“, warf Gogo ein. „deshalb haben wir uns auf einen Abstottervertrag eingelassen. 200 Mark im Monat. Wir haben das Sofa annonciert und wollen es verkaufen. Aber bisher waren nur zwei Leute da, der eine wollte 150 Mark geben und der andere ist gleich wieder abgezogen.“

      „150 kommt mir nicht schlecht vor“, warf Peter ein, „schließlich stehen solche Dinger manchmal einfach auf der Straße rum. Und nun?“

      „Na, na 150 ist doch wohl nen Witz! Schließlich ist es eine echte Ledergarnitur“, entrüstete sich Sabrina, „außerdem haben wir gar nicht die Absicht, die Raten zu bezahlen. Wir waren beim Mieterverein und sind gleich beigetreten. Es ist total illegal, das Vergeben von Wohnungen an Abstandzahlungen und Übernahmeverkäufe zu knüpfen.“

      „Aha“, sagte Peter skeptisch und schlürfte etwas Tee. „Lindenblütentee?“

      „Nein, Melisse. Mach‘ etwas Honig rein“, sagte Gogo.

      Gogo kreuzte seine Beine. Er trug eine braune Pumphose.

      „Hauptsache euch gefällt die Wohnung“, sagte Peter.

      „Leider zieht auch der Ofen nicht gut,“ sagte Gogo, „obwohl wir ihn haben reinigen lassen. Der Ofensetzer hat gesagt, er ist zu alt und wir sollen beim Vermieter einen neuen beantragen. Im Moment schlafen wir deshalb im Zelt.“

      „Lasst uns anfangen“, meinte Sabrina und erhob sich. Gogo und sie zogen sich Renovierklamotten an, Peter zog ein altes Hemd, das er mitgebracht hatte, über seinen Pullover.

      Sie strichen ein kleineres Zimmer mit weißer Wandfarbe.

      „Wäre besser gewesen, die Tapeten vorher abzulösen“, kritisierte Sabrina, da sich große Blasen gebildet hatten. Peter hatte nichts gesagt, da er sich nicht einmischen wollte.

      „Ach, das wird schon werden“, winkte Gogo ab und riss die Fenster auf. Aber durch die Kälte lief die Farbe in Rinnsälen herunter und bildete auf dem mit Folie abgeklebten Boden Pfützen.

      In der Küche tranken sie Dosenbier und rauchten. Peter setzte sich erschöpft auf den Boden und regte an, den Backofen als Heizung anzuwerfen. Aber Sabrina sagte, dass sie sparen müssten. Gogo machte umständliche Handbewegungen und verteilte Farbe an seinem Nasenflügel entlang. Seine schmalen Lippen konnte man in dem schwachen Licht zwischen den Bartstoppeln nicht mehr erkennen. Aus seinen geschichteten T-Shirts quoll eine dichte Brustbehaarung den Hals hoch. Seine Locken waren mit einer feinen Schicht weißer Farbsprenkel überzogen. Peter erkundigte sich nach Gogos komischen Pumphosen.

      „Hab‘ ich selbst genäht – in meiner Schule – eine Walddorfschule“, sagte er.

      „War das gut?“

      „Nee. Überhaupt nicht. Aber ich hatte keine Wahl. Meine Eltern sind beide Lehrer da. Also musste ich auch hin. Elektrische Geräte sind verpönt. Wenn Kollegen zu Besuch kamen, und das passierte am laufenden Band, musste unser Fernseher, der sowieso in einem Schrank versteckt war, auf den Dachboden getragen werden.“

      In dem renovierten Zimmer hatten sich unterdessen Teile der Tapeten abgelöst und waren herabgefallen. Sie hatten keinen andere Wahl, als alles herunterzureißen. Es waren vier Schichten Tapeten. In einer Schlacht aus Farbe und Tapetenmassen strichen sie die Wände neu.

      Hinterher wuschen sie sich mit dem eisigen Wasser aus dem Hahn die Hände und Gesichter, zogen die Malsachen aus und gingen in eine Kneipe.

      „Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“ fragte Peter und rieb seine durchgefrorenen Arme.

      „Ganz banal - auf der Pädagogischen Hochschule in Hannover“, erzählte Sabrina, „Gogo und ich hatten das selbe Seminar belegt.“ Sie lachte und kniff in seine stoppelige Wange. Feist legte sie ein Strumpfhosenbein auf seine Pumphosenschenkel und schwang dann ihren dicken Hintern auf ihn. Sie küssten sich lüstern.

      Peter

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