die gekachelte Sonne. B. Born

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die gekachelte Sonne - B. Born

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Tobias einer Frau nach. Er war angetrunken und amüsierte sich. Peter fand es peinlich und albern und es schmerzte ihn, dass Tobias und er nicht mehr auf derselben Wellenlinie schwammen.

      In einem Club sahen sie die Band ‚Fleischmann‘. Peter gefiel sie, kräftiger Gitarrenlärm aber kein dummer Heavymetal Rock. „Öde“, kommentierte Tobias und begrabschte Fricke.

      Hinterher zogen sie durch Kneipen. Tobias zerschnipselte Bierdeckel und pöbelte Leute an. Fricke war von Wein auf O-Saft umgestiegen und grinste geschmeidig.

      „Wie du gemerkt hast, ist Fricke nicht gerade mit Intelligenz gesegnet, aber deshalb mag ich sie so“, rief Tobias auf dem Rückweg laut durch den U-Bahnwagon. Er umarmte sie dabei heftig und sie wehrte sich etwas. An der Station ‚Rathaus Neukölln‘ stieg Peter aus und überließ die beiden sich selbst.

      In der Frühe wälzte er sich hin und her. Immer wieder fing es an sich zu drehen, wenn er seine Augen schloss. Gegen den höllischen Nachdurst trank er Wasser aus dem Hahn.

      Alsbald kaufte er Pumpernickel, Salami, Löwensenf und Orangensaft und holte aus dem Keller Briketts.

      Als er mit dem Einkauf und den Kohleneimern wieder oben ankam, raste sein Herz. Tobias wartete auf dem Treppenabsatz. Er hatte einen roten Kopf und tiefe Augenringe.

      „Wir haben bis eben gerammelt“, sagte er, „endlich ist sie eingeschlafen.“

      Zitternd frühstückten sie. Die diesige Sonne erleuchtete die blau gestrichenen, kaputten Fensterrahmen und die zerkratzte Oberfläche des kleinen Küchentischs.

      „Ich hab‘ meine Zwischenprüfung nicht bestanden. Die können mich mal“, sagte Tobias hinterher.

      „Wieso denn? Das ist doch nicht so schwer. Bei wem hast du die denn gemacht?“ fragte Peter überrascht.

      „Schilling, der Wicht. Der hat mir schon drei mal meine letzte Hausarbeit zurückgegeben, hatte immer was zu nörgeln. War ihm anscheinend nicht wissenschaftlich genug. Dabei hab‘ ich mir einen abgebrochen, diesen Blödsinn zu erfüllen.“

      „Warum machst du denn nicht bei Gerburg deine Zwischenprüfung?“

      „Diese Hippieschlampe! Die halt‘ ich nicht aus.“

      „Unsinn. Sie hat echt was auf dem Kasten. Außerdem mag sie kreative Leute. Sie kennt den ‚Knacks‘ und hält ihn für gut. Bei ihr hättest du leichtes Spiel.“

      „Nee, studieren ist nichts für mich. Darüber bin ich mir klar geworden. Reine Zeitverschwendung. Ich geh‘ auf Sozi und damit basta! Hab‘ ich mir genau ausgerechnet. Mit Wohngeld und einigen verkauften Bildern, kann ich gut über die Runden kommen. Ab jetzt werde ich nur noch malen und schreiben!“ Verwirrt suchte Peter nach Argumenten, um ihn umzustimmen, als Tobias sagte: „Jetzt musst du mich übrigens rausschmeißen. Ich fahr‘ in die Pension, bade, bleche und düse zurück nach Hannover.“

      Zwei Wochen lang besuchte Peter Philosophie- und Germanistikvorlesungen. Er hatte keine Verabredungen und redete mit niemandem, selbst die Einkäufe und Erledigungen verliefen ohne Konversation. Abends beim Kochen befürchtete er, er könne das Sprechen verlernen oder Kieferstarre bekommen. Deshalb las er laut oder sang. Nachts ging er regelmäßig in die selbe Kneipe in der Nähe. Eine große Halle in der vereinzelte Männer Pool Billard spielten. Dort schrieb er, bis sie zumachten, fröstelnd an einem Ecktisch Geschichten.

      An einem Montag sieben Uhr morgens klingelte es Sturm und Peter riss die Wohnungstür auf.

      „Koohlen“, dröhnte es von unten. Er sprang in seine Jeans, streifte ein Hemd über und raste mit den Kellerschlüsseln die Treppen hinunter. Der Lastwagen stand in der zweiten Reihe.

      „Wo geht’s lang, Meister? Schließ mal uff“, sagte ein kleiner Mann. Er war so breit, wie er groß war und mit Kohlenstaub bedeckt. Auf seinem Rücken lastete die erste Kiepe, mit einem Lederriemen hielt er sie in Position. Beim Runtergehen in den Keller bückte sich Peter weit herunter, denn an den scharfen Kanten der Rohre, die die Decke entlang liefen, hatte er sich schon öfter den Kopf blutig gestoßen. Der letzte Verschlag war seiner. Er ertastete das Vorhängeschloss und zündete drei Kerzenstummel an, die er mit flüssigem Wachs auf eine Holzkante klebte. Der Kohlenmann hatte währenddessen die erste Ladung Briketts nach hinten abgeworfen und war wieder verschwunden. Ein zweiter kleiner Mann mit Briketts erschien. Auch er musste sich in dem niedrigen Gang nicht bücken.

      „Dunkel hier“, schnaufte er unzufrieden und warf seine Ladung ab.

      „Äh, ich wollt‘ die Briketts gestapelt“, sagte Peter.

      „Geht nicht“, erwiderte der und schlurfte zum Ausgang.

      Peter ging geduckt hinter ihm her. Draußen atmete er die frische Luft.

      „Ich wollt‘ die Briketts gestapelt, sonst passen sie mit dem Holz zusammen nicht rein“, rief er dem ersten Kohlenträger zu, als er die nächste Kiepe heranschleppte.

      „Ohne Licht machen wir das nich. Keene Sorje! Wir kriegen das schon rinn“, sagte er.

      Frierend zog Peter eine Kladde hervor und machte, so deutlich, dass die beiden Männer es registrieren mussten, für jede Kiepe einen Strich.

      Wenn gerade keiner vorbeikam, druckste er im Hof herum, befingerte neben den Mülltonnen eine Glühbirne auf einem Stiel, öffnete eine der Tonnen und ließ entsetzt über den Gestank, den Deckel wieder zufallen. Sein Blick wanderte durch die Fensterreihen. Keiner der Vorhänge bewegte sich. Bei Beate war das dunkelblaue Tuch vor, was bedeutete, dass sie noch schlief.

      Die hellbraunen Fassaden drückten sich nach oben hin zusammen, bis der bleischwere Himmel anfing. Der Schneeregen zirkelte genau in diese Schlucht.

      Die Kohlenmänner fingen an, unter der Last zu stöhnen. Eine schwarze Matschspur zog sich durch den Hausflur bis zum Keller.

      Nach 27 Kiepen brachte einer der Männer einen Holzsack.

      „Hey, das waren erst 27! Es müssen aber 34 sein“, rief Peter ihm zu.

      „Hast‘e nich‘ richtig jezählt. Ich wess doch, was ich rinnjeschleppt hab‘. Guck doch auf‘n Laster! Da is nur noch ne Tonne für den nächsten Kunnen“, schnaufte er und verschwand im Keller. Sein Kollege kam gleich hinter ihm her, auch mit Holz und überreichte Peter eine eingerußte Rechnung.

      „He, das könnt ihr doch nicht machen! Das waren nie und nimmer eineinhalb Tonnen!“ sagte Peter verzweifelt.

      „Bezalst‘e nun oder was?“ fragte der erste, der mit dem leeren Sack zurückkam.

      Peter überreichte 390 Mark. Der Kohlenträger zählte akribisch die Scheine und verdreckte sie dabei.

      „Und gibt’s noch was für die Schinderei?“ forderte er anschließend.

      „Ich denk gar nicht dran“, wehrte Peter ab.

      „Dast‘e nich‘ zählen jannst is deen Problem, wir haben trotzdem nen Rückenschaden und werden die Rente nich‘ erleben.“ Der Andere trottete gleichgültig an ihnen vorbei und kletterte auf einen der grauen Plastiksitze im Lastwagen, wo er sich eine Zigarette drehte. Resigniert händigte Peter auch noch einen Zehn-Mark-Schein Trinkgeld aus. Ohne einen Dank warf der Mann die leeren Holzsäcke hinten auf die Ladefläche und

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