die gekachelte Sonne. B. Born

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die gekachelte Sonne - B. Born

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style="font-size:15px;">      „Wie spät ist es denn?“ fragte er.

      Peter las den digitalen Wecker auf dem Tisch ab: „Halb fünf.“

      „Oh Schreck. Da muss ich ja wohl aufstehen.“ Er schaltete mit einer Fernbedienung einen kleinen Farbfernseher an, setzte sich in einen Korbsessel, neben dem Bett und fing an, einen Joint zu drehen. Peter setzte sich auf einen der Stühle. Über einem Öl-Radiator hingen Socken und es roch streng nach Schlaf, Wäsche und kaltem Marihuanarauch.

      „Heizt du gar nicht mit Kohlen?“ fragte Peter.

      „Kann man das?“ fragte Padberg verwundert und sagte: „Bestes Gras, Acapulco Gold. Nur die Blüten, da kommt kein normales Dope mit.“

      Er kokelte das Hütchen an der Spitze ab, schnippte es weg, entfachte das Gras und inhalierte tief. Dann reichte den Joint Peter. Der sog daran. Es war wie ein Hammerschlag gegen das Innere seines Gehirns. Flirrende Punkte. Lust. Schrille Menschen, das DDR-Sandmännchen. Es musste wohl Padmann sein. Wo war er nur? Wo war der Mann? Der Pad, der Patt, der Pack. Schallendes Gelächter. Zerschmetterndes blaues Glas. Sprühende blaue Funken, weich wie Brüste.

      Ohne Zeitgefühl kam er langsam wieder zu sich.

      „Kennst du eigentlich die Leute, die hier wohnen? Ich kenn‘ nach mehr als zwei Jahren, immer noch niemand“, sagte Padberg, der resistent auf das Marihuana schien.

      „Hast du noch keine Bekanntschaft mit der Hauswartsfrau gemacht?“ fragte Peter mit schwerer Zunge. Weiterhin schaffte er es nicht seine Mundwinkel zu kontrollieren, die immer noch nach oben drifteten.

      „Schon, schon, aber sonst?“

      „Neben der Hauswartsfrau wohnt eine Gans, die...“

      „Nee, das mein ich nich! Ich mein die Frau im dritten“, unterbrach ihn Padberg.

      „Ach so! Sag das doch gleich! Franka heißt sie. Ich hab‘ mal ihre neurotische Katze gepflegt. Ihre Wohnung ist dufte groß und hell, viel besser als unsere Löcher. Sie hat überall auf Wäscheleinen und in Gläsern komische Kräuter. Der Gestank ist penetrant. Irgendwie säuerlich, vergammeltes Essen, Katzenklo und Kräuter gemischt. Ach ja, und überall Sexwäsche. Nicht mein Typ die Tante. Studierst du eigentlich?“

      „Ach Blödsinn, ich bin eingeschrieben für Filmtheorie, aber nur so, wegen der Versicherung und meiner Eltern und arbeite nachts als Kassenfuzzi im ‚Passagenkino‘. Immer wenn ich genug Geld zusammen habe, verreise ich. Bald muss ich wieder weg. Noch so einen Winter wie diesen, ertrage ich nicht. Nie ist es hell und diese Kälte, das hält man doch nich aus!“

      „Und wohin fährst du denn so?“

      „Australien oder Asien.“

      „Wow.“

      „Pack‘ mal die rein“, sagte er und reichte Peter eine CD. Angewidert von CDs nahm Peter die Plastikscheibe mit zwei Fingern und platzierte sie in der Mini-Stereoanlage.

      „Stark! Ein Traum“, kommentierte Padberg die Funkmusik, die erklang. „Ich sehe Südseeinseln und rieche den besten Kiff der Welt. Den gibt es übrigens in Thailand, wusstest du das?“ Peter schüttelte den Kopf und sah auf den Bildschirm des Fernsehers, der ohne Ton lief. Er versuchte an den Lippen einer Nachrichtensprecherin abzulesen, worum es ging, aber die Schlagzeile, die hinter ihr eingeblendet wurde, zeigte, dass er ganz falsch gelegen hatte.

      „Ich muss jetzt los ins Kino. Kannst ja später auch kommen. Ich lass‘ dich so rein“, sagte Padberg lasch.

      „Was läuft denn? Das ist doch nen Kommerzkino, oder?“

      „Schon. Wir spielen gerade ‚die nackte Kanone‘. Ist ganz lustig.“

      „Hm. Weiß nich‘, das ist bestimmt Schrott.“

      „Ach komm‘, ich geb‘ dir auch nen Bier aus.“

      „Mal sehen, was so anliegt.“

      Zurück in seiner Wohnung schüttete Peter eine Büchse Rindfleisch in einen dampfenden Nudelhaufen, rührte alles mit Ketchup bei schwacher Hitze um, streute Parmesankäse darüber, nahm den Topf mit ins Zimmer, setzte sich auf die Kante seiner Matratze, stellte den Topf auf ein Brettchen neben sich, aß und sah eine Serie. Bald wechselte er zu den Nachrichten, indem er den Knopf mit dem Zeh drückte.

      Hinterher kochte er Wasser im Kochendwassergerät in der Küche, goss damitTee auf, drückte Zitronensaft hinein, ließ den Rest des Wassers in das emaillierte Blechwaschbecken ein, mischte kaltes hinzu, spülte seinen Teller und den Topf, befreite die Spiegelkachel vom Kondenswasser und rasierte sich nass.

      Wütend darüber, dass der Tag schon wieder vorbei war, legte er ‚Evol‘ von ‚Sonic Youth‘ auf, drehte die Lautstärke hoch, las Parmenides in deutscher Übersetzung und ärgerte sich noch mehr, weil er kein Altgriechisch gelernt hatte.

      Er las, ohne das Gelesene in den Kopf zu bekommen, zündete ein Räucherstäbchen an, fing noch einmal an und erwischte sich dabei, wie seine Gedanken wieder abgeschweift waren.

      Die Plattenseite war zu Ende und er öffnete ein Bier. Nun ging es etwas besser. Eine gute Stunde las er und machte Notizen, bis Schmerzen seine Halswirbelsäule hinaufwanderten und sich im Hinterkopf einnisteten. Um neun spähte er aus dem Fenster, ob bei Beate Licht brannte. Sie war tatsächlich zu Hause, aber er zwang sich nicht anzurufen, sondern weiterzumachen.

      Bald gab er auf und ging zum ‚Passagenkino‘.

      „Hi. Ich hab‘ jetzt grad‘ zu tun. Hier ist ne Karte für die Spätvorstellung“, sagte Padmann und stellte Peter auch ein Bier hin.

      Der Film war so albern, dass Peter es fast nicht bis zum Ende ausgehalten hätte.

      Hinterher gab ihm Padberg ein neues Bier und Peter wartete, bis er die Abrechnung für den Abend gemacht hatte.

      „Du, ich muss jetzt los. Ich will noch zum Ku'damm ins Kasino“, sagte er.

      „Hä? Spielst du Roulette oder was?“

      „Getroffen.“

      „Und? Gewinnst du etwa?“ fragte Peter ungläubig lachend.

      „Oft. Aber nicht wie in Australien, wo ich mal an einem Abend 30 000 Dollar gewonnen habe. Aber ich brauche unbedingt Geld. Spätestens nächsten Herbst muss ich hier raus, sonst raste ich echt aus.“

      „Lassen die dich denn so ins Kasino?“ fragte Peter auf seine Jeansjacke deutend.

      „Nee, du brauchst ne Krawatte. Ich zieh‘ mich im Taxi um. Ich hab‘ alles dabei.“ Er hob einen Rucksack hoch. „Komm doch mit!“

      Peter wollte nicht.

      An seinem Erledigungstag presste er in einem Supermarkt auf der Sonnenallee einen Einkaufswagen durch enge mit Oma-Bremsklötzen gesäumte Gänge. Hektisch sammelte er zusammen, was er die nächsten zwei Wochen brauchen würde, Blumenkohl, Zitronen, fünf Packungen Fischstäbchen der hauseigenen Billigmarke, Orangensaft auch die Ohne-Namen-Variante, fünf Dosen Spagetti gleich mit Tomatensoße darin, nur noch aufzuwärmen, vier Flaschen Cava – Sekt, Chips, Erdnusslocken, drei Dosen Rindfleisch aus Bundeswehrbeständen.

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