Fälschung. Ole R. Börgdahl
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Vorzeichnung und Farbschichten:
Auf der weißen Grundierung des Bildträgers befindet sich auf dem unteren Drittel eine gelbe und auf den oberen Zweidritteln eine blaue Ölfarbschicht. Die Farbe ist jeweils fast deckend aufgetragen. Auf diesen Schichten wurde dann mit kompakten, aber wenig pastösen Farben die Darstellung alla prima ausgeführt, das heißt also ohne Untermalung und ohne Lasuren. Die Farbe ist zumeist deckend. Der Pinselduktus, das heißt die Pinselführung, ist nur in wenigen Bereichen erkennbar. Ein ausgeprägtes Leinwandcraquelé ist nicht zu erkennen. An einigen Stellen liegen noch schwache Reste eines verbräunten Firnisses in den Tiefen des Leinwandkornes, wie zum Beispiel im rechten unteren Bereich, wo sich auch die Signatur und der Bildtitel befinden. Bei Betrachtung im UV-Licht lassen sich keine Retusche erkennen. Insgesamt lässt sich eine frühere Firnissabnahme und Wiederherstellung bestätigen, die aber professionell durchgeführt wurde.
Verwendete Materialien:
Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf der Identifizierung der verwendeten Pigmente und des Bindemittels. Es wurden gezielt kleine Farbschichtpartikel entnommen und analysiert. Die Identifizierung der Materialien wurde mithilfe mikroskopischer, mikrochemischer und physiko-chemischer Methoden durchgeführt. Hierzu fand der Einsatz der Rasterelektronenmikroskopie mit angeschlossener Röntgenfluoreszenz und Infrarotspektroskopie statt.
Als Pigmente wurden nachgewiesen:
Weiß: Zinkweiß ; Gelb: gelber Ocker ; Orange: Zinnober; Rot: Cadmiumrot und roter Ocker ; Blau: Ultramarin.
Die Grundierung besteht aus Calciumcarbonat und wenig Zinkweiß. Das Bindemittel der Malschichten ist ein Öl.
Zustand des Gemäldes:
Der Zustand des Bildes ist gut bis sehr gut. Die Spannkanten sind gleichmäßig lang. Es gibt keine sicheren Hinweise auf eine frühere Abspannung. Die Haftung der Grundierung zum Untergrund ist gut, es gibt keine sichtbaren Fehlstellen oder sonstige mechanische Beschädigungen, weder am Bildträger noch am Spannrahmen. Die Verschmutzungen an der Rückseite des Bildträgers sind nur sekundär. Das Gemälde wurde mindestens einmal fachgerecht gereinigt.
Ergebnis:
Alle nachgewiesenen Materialien waren am Ende des neunzehnten Jahrhunderts bekannt, und als Künstlermaterialien weit verbreitet.
Das Bindemittel ist nach seinen spektroskopischen Daten durchpolymerisiert und gleichmäßig gealtert.
Die blaue, mit bindemittelreicher Farbe aufgesetzte Signatur erscheint homogen und in einem Zug ausgeführt. Der Bildtitel weist ähnliche Strukturen auf.
Somit geben die naturwissenschaftlichen Untersuchungen keine Argumente gegen eine Zuordnung zu Paul Gauguin.
gez. Dr. Dr. Mannzahn, gez. Dr. Guller
Im Anhang des Gutachtens fand sich dann noch die Aufführung aller Einzelproben. Neben dem genauen Entnahmeort innerhalb der Bildoberfläche wurde auch der Aufbau und die Zusammensetzung der jeweiligen Proben beschrieben, sortiert nach den Farben der Schichtenfolge und der gefundenen Materialien. Auf die letzte Seite waren schließlich noch stark vergrößerte Fotografien der Proben aufgeklebt. Simon legte sein Exemplar des Gutachtens auf den Besprechungstisch und lehnte sich in seinen Stuhl zurück.
»Diese Berichte sind immer so geballt an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen«, stöhnte er.
»Kommen Sie, die Herren haben sich aber wirklich bemüht, alles verständlich auszudrücken«, kommentierte Heinz Kühler. »Ich habe da schon Schlimmeres gelesen. Außerdem müssen Sie sich nur die Seite mit dem Ergebnis genauer durchlesen.«
Simon richtete sich wieder auf, griff nach dem Gutachten und suchte noch einmal die Seite mit der Zusammenfassung und las sich das Fazit des Berichtes erneut durch.
»Es klingt doch eigentlich so, als wenn der Gauguin echt ist«, sagte er schließlich. »Warum heißt es dann aber am Ende, dass es keine Argumente gegen eine Zuordnung zu Paul Gauguin gibt, warum sagen die nicht einfach, dass das Bild ein Original ist?«
»Nichts Genaues weiß man nicht«, zitierte Heinz Kühler und lächelte. Dann räusperte er sich. »Also, Fazit ist doch, dass der Gauguin aus Materialsicht authentisch ist.«
Simon nickte. »Natürlich, so verstehe ich es letztendlich auch, ohne dass wir die Herren Chemiker noch einmal befragen müssten. Soweit so gut.« Er machte eine kurze Pause und atmete hörbar aus. »Jetzt haben wir noch das Problem mit dem Herkunftsnachweis«, sagte er schließlich.
»Gut!«, überlegte Heinz Kühler. »Es gibt zwei Adressen, unter denen eine Recherche Erfolg versprechend ist, einmal in den Tate Galleries und dann noch im Victoria and Albert Museum, beide Institutionen haben ihren Sitz in London und beide verfügen über umfangreiche Sammlungen von Ausstellungskatalogen sowohl der noch existierenden Galerien und Museen als auch der bereits geschlossenen oder zum Beispiel im Krieg ausgebombten Häuser.«
»London wäre doch eine schöne Dienstreise für Sie«, meinte Simon.
»Sicherlich, wenn man zum Trafalgar Square oder zu Madame Tussaud will, aber nicht, wenn man sich in einem staubigen Archiv durch Akten wühlen muss, ich weiß nicht.«
Simon lächelte. »Fahren Sie doch einfach für eine Woche hin. Vielleicht sind Sie schneller fertig als Sie glauben und dann können Sie den Rest der Zeit für ein Sightseeing nutzen.«
Heinz Kühler sah seinen Chef ungläubig an. »Das ist doch nicht Ihr Ernst, eine Woche bezahlten Urlaub.«
»Oh, das habe ich aber nicht gesagt«, antwortete Simon lachend. »Von Urlaub habe ich nicht gesprochen. Sie sollen schon dort arbeiten. Sie dürfen sich nur ein wenig Zeit lassen, das habe ich gemeint.«
»Nun gut, eine Woche oder maximal vier Tage ist schon realistisch«, rechnete Heinz Kühler. »Für die Recherche selbst benötigt man schon zwei oder drei Tage. Was ich bis dahin nicht ausgrabe, das gibt es dann auch nicht und ich denke gerade das wird auch das Problem sein. Was machen wir, wenn der Gauguin tatsächlich niemals irgendwo ausgestellt war oder nie einem Museum oder einer Galerie gehört hat, wenn er die ganze Zeit in Privatbesitz verschlossen war. Dieser Linz besitzt das Bild doch auch schon seit sieben oder acht Jahren und die Fachwelt hat nichts davon erfahren.«
Simon nickte nachdenklich. »Er hat nicht viel dazu sagen können. Er hat mir auch nicht verraten, wie der Kontakt genau zustande kam. Er hat sich ein- oder zweimal mit dem Verkäufer getroffen und weiß angeblich bis heute nicht, wer es war, oder wie der Mann hieß. Er hat das Bild dann gekauft, nachdem er seine