Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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und nichts als sein nacktes Leben gerettet.“ Dabei blieb es vorerst.

      Bereits am Abend dieses ereignisreichen Tages kehrte Hengist aus Keydingen zurück und es dauerte nicht lange, bis einer seiner Knechte zu Ordulf und Swæn gelaufen kam. „Folgt mir“, forderte er knapp. „Hengist will euch sehen.“

      Im Eingang zur Halle trafen die Brüder auf Ceretic. Eilig traten sie ein und verbeugten sich tief vor dem Hochsitz. Der Held hatte sich keine Pause gegönnt. Der Staub der Straßen klebte ihm noch in Bart und Rüstung.

      „Wie konntest du unsere Fahrt gefährden und dich mit diesem Verbrecher schlagen?“, richtete er seine erste tadelnde Frage an Ceretic. „Aber es ist gut zu wissen, dass man dem Boten König Vortigerns trauen kann“, fügte er in versöhnlichem Ton hinzu, bevor der Angesprochene antworten konnte. Dann wandte er sich an Ordulf. „Du also bist der Mann, der allein und mit dem Kopf im Dreck zwei Männer erschlagen hat?“, fragte er halb amüsiert. „Dein Glück, dass der Britannier alles bezeugen konnte. Dass du nach Dithmarschen zurückkehrst, ist völlig ausgeschlossen. Männer wie dich brauche ich in Britannien. Wenn ihr meint, eure Familie kommt nicht ohne Hilfe aus, dann kann dein Bruder von mir aus heimkehren.“ Seinen Blick auf Swæn richtend fuhr er fort: „Du kannst jedem dieser sturen dithmarscher Dickschädel sagen, dass eure Sippe unter meinem Schutz steht. Wer sich an euch vergeht, der beleidigt Hengist Witgissunu! Das sollte reichen, um diese Ebbingemannen zur Besinnung zu bringen.“

      So kam es, dass Swæn seine Sachen packte, Ordulf aber blieb. Früh am Morgen des folgenden Tages sattelte Ordulf ein letztes Mal die treue Hilda. Dann umarmten sich die Brüder kurz und Swæn stieg in den Sattel. Er verließ den Hof auf demselben Wege, auf dem sie nicht ganz eine Woche zuvor voll Hoffnung angekommen waren. Ordulf schaute ihm noch lange nach. Er ahnte nicht, dass dies das letzte Mal sein sollte, dass er den Bruder sah. Nun würde er als einziger Swæn mit Hengist nach Britannien ziehen, obwohl seine Mutter doch gerade das Gegenteil beschlossen hatte. Das Wurd eines Mannes ließ sich wahrhaftig nicht vorhersehen! Hatte damals nicht gerade ein Gewitter getobt? Und dann die Sache mit dem Opferdolch im Schlick. Thunær hielt seit seinem Kampf mit dem Leitwidder unverkennbar die Hand über ihn.

      Von hinten legte sich eine Hand auf seine Schulter. Erstaunt fuhr Ordulf herum, er war doch allein? Voll Freude erkannte er den breiten Schnurrbart seines britannischen Lebensretters.

      „Lieber Freund, ich muss dir noch etwas sagen – wenn du schweigen kannst?“

      Ordulf zog die Augenbrauen überrascht in die Höhe. „Wenn du es willst, werde ich schweigen wie ein Grab. Ganz egal, worum es geht. Ich verdanke dir schließlich, dass ich nicht tatsächlich im Grabe liege.“

      „Darum eben geht es. Ich habe dir zwar das Leben gerettet, indem ich für dich gesprochen und gekämpft habe, aber der eigentliche Verdienst gebührt nicht mir. Ich habe den Hinterhalt, den dir die Ebbingemannen gestellt haben, in Wahrheit nämlich gar nicht selbst beobachtet.“

      „Aber du konntest doch in allen Einzelheiten berichten, was vorgefallen ist. Oder hast du es durch Zauberei erfahren?“ Ordulf trat unwillkürlich einen Schritt zurück.

      „Nein, ich folge einem mächtigen Gott, der mir den Umgang mit Zauberern verbietet.“ Ceretic bekreuzigte sich rasch. „Er hat mich dazu gebracht, trotz aller Gefahren für dich einzutreten, denn er liebt die Wahrheit und Unrecht ist ihm ein Gräuel. Aber das meine ich nicht. Ich will auch Gutha Gerechtigkeit geschehen lassen. Sie hat alles beobachtet und mir davon erzählt.“

      „Wer ist denn Gutha?“, fragte Ordulf erstaunt. „Eine britannische Hexe?“ Wieder zog er kritisch die Stirn in Falten.

      „Nein, nein“, lachte Ceretic. Ordulfs Aberglaube schien tief verwurzelt. „Gutha ist lediglich die Magd von Hengists Tochter“, erklärte er amüsiert. „Wie eine Hexe kommt sie mir jedenfalls nicht vor.“

      „Das …“, setzte Ordulf zu einer Erwiderung an, brach aber mitten im Satz ab. Es war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Wie unendlich peinlich. Das Mädchen hatte ihn tatsächlich gerettet, wie sie stets behauptete, und er hatte sie ausgelacht wie eine dumme Gans. Wie sollte er das je wiedergutmachen? Eine Weile blieb er ratlos stehen, dann begab er sich auf die Suche nach dem Mädchen.

      Erst am Abend, als er gerade aufgeben und zum Lager zurückkehren wollte, erblickte er ihren roten Schopf.

      „Ich muss noch etwas erledigen“, rief er dem alten Witiko zu, der neben ihm in Richtung Lager trottete. Unvermittelt machte er auf dem Absatz kehrt und lief zurück auf die Wurt. Atemlos erreichte er das Tor. Und tatsächlich entdeckte er sie wieder. Gutha sah ihn nun auch. Doch sie verzog schmollend das Gesicht, drehte um und verschwand zwischen zwei Wirtschaftsgebäuden.

      „Gutha!“, rief er, als er die Stelle erreichte, an der sie gerade noch gestanden hatte. Wieder sah er sie kurz, doch schon war sie um die nächste Ecke verschwunden. Offenbar zürnte sie ihm noch immer. Ordulf verfiel wieder in den Laufschritt und folgte ihr ins Halbdunkel zwischen den Gebäuden. Als er um die Ecke bog, musste er scharf bremsen. Die Gesuchte stand direkt vor ihm an die Wand einer Scheune gelehnt. Er spürte ihren heißen Atem auf seiner Wange. Diesmal schmollte sie nicht, sie hatte den Mund leicht geöffnet und schien völlig außer Atem. Das musste vom Rennen kommen.

      „Entschuldige, ich habe nicht gewusst, was du für mich getan hast“, stammelte er. „Es tut mir leid!“

      „Du verstehst wohl noch gar nichts von Mädchen, was?“, antwortete sie.

      „Wie meinst du das?“, fragte Ordulf empört und verwirrt zugleich.

      Da schlang sie die Arme um seinen Hals, zog ihn mit einer raschen Bewegung an sich und küsste ihn auf die Lippen. Ordulf war völlig überrumpelt. Alles hatte er erwartet, schimpfen, zetern, heulen, am ehesten das ihm schon bekannte Schmollen, aber nicht das!

      „Es wäre wirklich zu schade gewesen, wenn sie dein süßes Gesicht im Moor versenkt hätten. Das konnte ich ja wohl nicht zulassen, oder?“, fragte sie schelmisch. „Was stehst du eigentlich so starr? Hast du etwa noch nie ein Mädchen geküsst? Nun zeig mir mal deine Dankbarkeit“, forderte sie und küsste ihn schon wieder, diesmal noch hungriger und er fühlte, wie sich ihre Zunge zwischen seine Lippen schob. Noch ganz benommen antwortete er. Nach einer Weile lösten sie sich, um Luft zu holen.

      „Schon besser. Vielleicht vergebe ich dir doch noch mal.“ Bei diesen Worten ergriff sie seine Hand und schob sie unter ihr Gewand. Für seinen Verstand ging alles ein bisschen zu schnell, aber seine Hand wusste instinktiv, wonach sie suchen sollte.

      „Dort in der Scheune liegt frisches Heu“, flüsterte sie ihm ins Ohr, als sie ihn durch eine Seitentür zog.

      Beufleet, Juni 441

      Ceretic

      Hengist trainierte seine Truppe nun jeden Tag. Sie kämpften Mann gegen Mann, im Schildwall, in der „Eberkopf“ genannten Keilformation, zu Pferde und zu Fuß. Ceretic staunte, wie behände diese primitiven Heiden mit ihren Schilden und den kurzen einschneidigen Schwertern umgingen.

      Und Hengist ließ den Männern keine Ruhe. Wenn die Kampfübungen beendet waren, mussten sie Rudern. Die beiden Schiffe lagen nun auf dem Ælfstrand und sie ruderten immer wieder auf den Fluss hinaus, um in der stärksten Strömung alle möglichen Manöver einzuüben. Ceretic wunderte sich ein ums andere Mal, wie rasch die Sachsen, die aus allen Teilen ihres Landes stammten, zu einem gemeinsamen Rhythmus fanden. Anfangs gab es zwar Geschrei und böse Worte, wenn etwa ein Riemen dem Vordermann in die Flanke stieß, oder ein ungeschickt gesetztes Ruderblatt Wasser ins Schiff spritzte, doch Hengist duldete nichts außer

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