Brand und Mord. Die Britannien-Saga. Sven R. Kantelhardt

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Brand und Mord. Die Britannien-Saga - Sven R. Kantelhardt

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fröstelte immer noch. Was für Verbündete hatte Vortigern da gerufen? Trieben sie nicht den Teufel mit dem Beelzebub aus, wie es sein frommer Freund Tallanus ausdrücken würde?

      Beufleet, Juni 441

      Ordulf

      Der Abschied von Gutha, die Ordulf in der letzten Woche noch mehrmals in der Scheune getroffen hatte, fiel ihm schwerer als erwartet; auch wenn er mehr ihre körperliche Nähe, als ihre unberechenbare und freche Art vermissen würde. Doch lange verweilten seine Gedanken nicht bei ihr, zu sehr lockten die bevorstehenden Abenteuer. Die letzten Tage vor dem Aufbruch hatte er fast ausschließlich auf der Ruderbank in der Gesellschaft seiner Schiffsgenossen verbracht.

      Hengists älteres und kleineres Langschiff, die Heldir, steuerte nun sein Bruder Horsa. Ordulf blickte ehrfurchtsvoll an dem geschwungenen Steven empor. Diesen Bug hatten die Flammen von Finns brennender Halle beschienen. Inzwischen besaß Hengist noch ein größeres Schiff. Heritog wurde es genannt, was Herzog oder Heerführer bedeutete, und womit Hengist sich ganz offensichtlich selbst meinte. Sie fasste mehr als fünfzig Krieger und Hengist selbst würde sie steuern. Ordulf war stolz darauf, zur Mannschaft der Heritog zu zählen. Nachdem er sein weniges Gepäck zwischen den Ballaststeinen unter seiner Ruderbank verstaut hatte, sprang er wieder an den Strand. Dieses Schiff war nun für die nächsten Tage, und hoffentlich noch viele weitere Fahrten, sein Zuhause. Zweiundzwanzig Querspanten, durch Bastschnüre flexibel und fest zugleich mit den zwölf Plankengängen der Außenhaut verbunden, stützten den schlanken Rumpf. Die schweren Eichenplanken überlappten einander und wurden von eisernen Nieten zusammengehalten. Dennoch entstanden, besonders wenn der Rumpf im Winter austrocknete, immer wieder Ritzen und Spalten zwischen den einzelnen Planken. Ordulf und seine Gefährten hatten einen guten Teil der letzten Tage auf den Knien hockend damit zugebracht, sie mit Moos, Birkenpech und Harz abzudichten.

      „Lasst sie ins Wasser, Männer!“, brüllte Hengist da. Gehorsam ergriffen Ordulf und die anderen Ruderer der Heritog nach dem verstärkten Dollbord des Schiffes.

      „Und eins …“, gab Hengist den Takt vor, während sie sich mit aller Kraft gegen den schweren Rumpf stemmten. Erst langsam, dann immer schneller rutschte die Heritog in die Fluten. Ein gedehntes Quietschen erklang, als sie über den groben Sand glitt.

      „Sie ruft nach der See!“, behauptete der alte Witiko. „Ein gutes Omen.“

      Als Ordulf bis an die Hüfte im Wasser stand, merkte er, wie der Auftrieb das schwere Fahrzeug endlich vom Grund hob. Die Männer vor ihm waren bis zur Brust durchnässt, aber in der warmen Sommersonne sorgte das nur für ausgelassene Heiterkeit und einige Männer begannen, sich übermütig im Wasser zu balgen. Auch Ordulf befand sich in einem Stadium höchster Aufregung. Das war der Beginn seiner ersten Fahrt und die alte Priesterin hatte prophezeit, dass man sich noch in dreihundert Jahren daran erinnern würde. Und er, Ordulf Swænsunu, jüngster Spross eines unbedeutenden dithmarscher Geschlechts, wäre ein Teil davon. Der Gedanke ließ ihn schwindeln. Was würde wohl Gutha sagen, wenn er mit Ruhm beladen wieder vor ihr stand?

      Aber da riss ihn Hengists nächster Befehl aus den Tagträumen: „Ins Boot, Männer, und legt die Riemen ein!“

      Die Heritog schwankte bedenklich, als ihre vierundfünfzig Krieger über die Seiten kletterten. Ordulf nahm seinen Platz auf der Ruderbank in Steuerbord ein. Hengist hatte die Ruderer sorgfältig nach Gewicht und Kraft verteilt. Ein junger Haduloher namens Thiadmar würde sich mit Ordulf beim Rudern alle zwei Stunden abwechseln. Des Nachts, wenn die Umstände es einmal verlangten, dass sie auf dem Schiff blieben, müssten sie sich auch den engen Raum zwischen ihrer und der nächsten Ruderbank teilen.

      Eigentlich besaß die Heritog auch ein Segel, aber das konnte man nur einsetzen, wenn der Wind direkt von achtern kam. Daher lagen Mast, Rah und Segel meist sorgfältig verstaut mittschiffs in der Bilge.

      Ordulf ergriff seinen Riemen, führte ihn durch die Bastschlaufe an der Keipe, einer Art hölzernem Dorn, der mit Lederriemen fest an der verstärkten Dollbordkante der obersten Planke verzurrt war. Er diente als Hebelpunkt, wenn die Riemen durchs Wasser gezogen wurden.

      „Immer schön im Takt. Wenn ein oder zwei Luftzüge dabei sind, ist das nicht so schlimm“, hatte Gerolf, einer der beiden erfahrenen Krieger auf der Bank vor ihnen, ihm und Thiadmur eingeschärft. „Ihr zieht einfach beim nächsten Schlag wieder voll durch. Wenn ihr dagegen aus dem Takt kommt oder zu tief eintaucht, könnt ihr das ganze Schiff stoppen.“

      „Wollen doch mal sehen, ob die anderen mit uns mithalten können“, feuerte Hengist seine Mannschaft an. Er hielt das Steuerruder mit beiden Händen schräg nach achtern, damit es im flachen Wasser nicht den Grund berührte. Ein erwartungsfrohes Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht und die blonden Strähnen flatterten frei im milden Westwind.

      „Auslage“, brüllte er dann.

      Ordulf rutschte auf seiner Ruderbank mit ausgestreckten Armen vor und tauchte die Riemen ins Wasser.

      „Und los“, gab Hengist das Kommando zum Anrudern.

      Die Heritog schien sich unter dem plötzlichen Druck der Ruder geradezu aufzubäumen.

      „Merkt ihr, wie sie nach der See hin drängt?“, rief Hengist wieder mit einem Grinsen im Gesicht.

      „Wie ein junges Pferd, dem man die Zügel hingibt“, kommentierte Gerolf. „Aber sie kommt auch von der Schwinge aus Stood. Dort werden die besten Schiffe gebaut.“

      Ordulf hörte nur halb hin, er konzentrierte sich lieber auf den Takt des Schlagmanns. Und auch Luftschläge wollte er sich nur fünf Bänke vor Hengist auf keinen Fall erlauben.

      Anfangs machten ihm die Wellen dennoch sehr zu schaffen. Einmal tauchte sein Ruderblatt zu tief ein, dann schnellte es in einer Gischtwolke aus dem Wasser, sodass er fast hinterrücks von der Ruderbank gefallen wäre, als die Wasserlast, gegen die er sich stemmte, plötzlich nachgab. Doch bald fanden seine Arme den Rhythmus und die rechte Tiefe und sein Blick begann zu den beiden anderen Schiffen zu schweifen. Sie lagen tatsächlich ein ganzes Stück hinter der Heritog zurück und es schien Ordulf, als wachse ihr Vorsprung noch weiter.

      „Schlagzahl reduzieren“, befahl der Häuptling dann auch bald darauf. „Sonst kommt mein lieber Bruder nie hinterher und die Keydinger schon gar nicht.“ Er lächelte immer noch selig.

      Ordulf konnte sich nicht erinnern, den grimmigen Krieger in den letzten Wochen je in so anhaltend guter Laune erlebt zu haben. Achtern neben ihm stand Ceretic und schaute mit zusammengekniffenen Augen über die See. Ordulf überkam einmal mehr ein warmes Gefühl der Dankbarkeit gegenüber dem Britannier.

      Oceanus Germanicus, Juni 441

      Ceretic

      Am Vorabend hatten sie auf einer großen Sandbank vor der friesischen Küste gelagert, während ein voller Mond das trocken gefallene Watt mit einem silbernen Schimmer überzog. Auch Hengist schien keine Lust zu haben, seinen Zwist mit den streitbaren Bewohnern dieses Landstrichs zu erneuern.

      Nun rauschte der Bug der Heritog wieder durch die Wellen. Jetzt, wo er Rowena hinter sich gelassen hatte, zog es Ceretic mit aller Macht in die Heimat. Würden sie rechtzeitig kommen, um Britannien vor den Pikten zu beschützen? Die britannische Küste war nun in greifbarer Nähe. Wenn die Männer heute und morgen noch genauso kräftig ruderten, wie in den letzten zwei Tagen, würde schon am morgigen Nachmittag Ruohims Strand unter ihrem Kiel knirschen. Ceretic beging einmal mehr den Fehler eines jeden Seemanns und suchte viel zu früh am fernen Horizont nach Land. Noch konnte man seine Heimat unmöglich erkennen. Das einzige, was Ceretics Augen in der wogenden See Halt bot, waren die friesischen

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