Was wird morgen sein?. Herr Thönder

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Was wird morgen sein? - Herr Thönder

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Nicht so, dass ich keine Luft mehr bekam, trotzdem engte es mich ein. Ich war Freiheit gewöhnt.

      Die Freiheit war jetzt vorbei.

      Die Menschen hatten sie mir genommen.

      So sehr ich mich auch wusch, ich bekam den Gestank nicht aus der Nase. Ich würde diesen Gestank niemals vergessen.

      Seit diesem Tag roch ich noch früher, wenn sie kamen.

      Und sie kamen immer häufiger.

      Sie kamen mir nie zu nah. Aber sie waren da.

      Ich hasste sie. Ich wollte mich für den Tod meiner Mutter rächen. Sie leiden lassen. Ihnen Hände und Füße abtrennen, so wie sie es bei Mutter getan hatten. Ihre Köpfe als Spielzeug für die Kinder verwenden. Einfach auch sinnlos töten.

      Leider hatte ich gleichzeitig Angst vor ihnen. Sie waren mächtiger als ich. Vor allem waren sie nie allein unterwegs. Sie waren immer im Rudel. Auch hatte ich gesehen, wie sie aus der Ferne töteten.

      Also hielt ich mich fern. Zumindest tagsüber.

      Nachts war ich im Vorteil. Ich hörte besser, ich roch besser. Nachts konnten sie mich nicht überraschen.

      Aber ich konnte sie überraschen.

      Ich schlich an ihren Sachen vorbei. Manchmal stieß ich etwas um und rannte schnell weg, damit sie mich nicht jagen konnten. Sie hätten mich erwischt. Erwischt und getötet. Deshalb durfte ich nur ihren Sachen, nicht aber ihnen zu nahekommen.

      Aber stören konnte ich. Ich wollte sie verjagen, indem ich ihnen Angst machte.

      Leider machte ich ihnen nicht so viel Angst, wie sie mir machten.

      Die Zeit änderte sich. Die Menschen kamen häufiger. Dafür wurde es immer schwerer, mich zu versorgen. Meine Jagdgründe wurden kleiner. Ich musste improvisieren. Musste mehr schwimmen als früher.

      Musste hungern.

      Aber ich war schon immer ein Kämpfer.

      Ich tötete weiter.

      Ich überlebte weiter.

      Der Kampf ums Überleben prägte zunehmend mein Leben. Vorbei die Zeiten, in denen ich mich treiben lassen konnte. Vorbei die Zeit, in der ich einmal Pause machen konnte. Vorbei die Zeit, in der ich friedlich mit anderen über längere Zeit zusammen war.

      Ich muss überleben. Töten, um zu überleben. Warten, um zu töten.

      Auch heute.

      Ich sitze schon sehr lange und warte. Wann wird der Schwimmer auftauchen? Irgendwann tauchen sie immer auf. Dann muss ich bereit sein.

      Sonst sterbe ich.

      Vor Hunger oder Erschöpfung. Oder weil ich geschwächt vom Kämpfen bin. Schlägereien sind an der Tagesordnung. Wir sind alle gereizt. Geschwächt, ängstlich, gereizt. Die wenigen Kontakte, die ich habe, sind selten friedlich.

      Wenn ich überhaupt mal jemanden treffe. Es scheint, als hätten die Menschen uns hier ersetzt. Je mehr von ihnen kommen, desto weniger sind wir. Nicht immer enden Begegnungen mit den Menschen tödlich. Immer mehr von uns tragen ähnliche Halsbänder wie ich.

      Der Gestank ist langsam nicht mehr erträglich. Überall stinkt es nach Menschen.

      Auch wenn sie uns nicht direkt töten: Sie machen den Boden kaputt, auf dem wir laufen. Mit immer größeren Geräten, auf denen sie kommen. Sie nutzen den Boden ab. Sie durchlöchern ihn, ohne dort zu jagen.

      Schnell. Laut. Sinnlos.

      Der Rest des Bodens geht einfach so weg. Ich muss schwimmen, wenn ich nicht springen kann. Beides ist unendlich anstrengend, wenn man nicht genug gegessen hat.

      Ich bin schnell erschöpft, wenn ich lange unterwegs bin. Mir wird sehr warm, ich kriege oft kaum noch Luft.

      Und dann brauche ich die Kraft, um zu jagen. Zu jagen und zu überleben.

      Wie lange wird das noch möglich sein?

      Wie lange habe ich noch meinen Raum?

      Heute habe ich einen guten Platz gefunden. Ich bin sicher, dass ich heute überlebe.

      Aber was ist morgen?

Ferienende

      Jana warf sich noch etwas Wasser ins Gesicht und spülte sich erneut den Mund aus. Der Blick in den Spiegel verriet ihr: „Boh, siehst Du scheiße aus…“

      Ein gequältes Lächeln erschien in dem Gesicht, das sie aus dem Spiegel anblickte. Sie sah wirklich schlimm aus: Ihre Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab, ihre geröteten Augen waren von dunklen Ringen umgeben und der Bronzeton ihrer Haut war einem grünen Blass gewichen.

      Dabei war sie so stolz gewesen, dass sie in diesem Sommer endlich einmal ein wenig Farbe bekommen hatte. In Lissabon war das auch kaum möglich gewesen, darum herum zu kommen.

      Lissabon. Wie gerne erinnerte sich Jana im Nachhinein an diese Reise. Nun ja, nicht unbedingt an die Reise selbst. Immerhin war es eine Reise mit ihrer Familie gewesen. Das hieß Zeit mit Menschen zu verbringen, die uncool, nervig und in der Öffentlichkeit meistens peinlich waren. Nach ihren Recherchen war diese Meinung völlig normal für eine 16-jährige. Nicht normal war der Zwang, den ihre Eltern aufbauten, damit sie die Reise antrat.

      Doch immerhin hatte die Reise alles verändert. Obwohl zunächst alles ganz anders aussah.

      Sie hatte eine mittelschwere Krise bekommen, als sie von ihren Eltern zu diesem „Familienurlaub“ gezwungen wurde. Sie hatte alles versucht, nicht mitzumüssen – zwecklos. Selbst Kotzen am Abflugtag führte nicht zum gewünschten Erfolg.

      Sie beschloss, ihr Ding zu machen, das Beste für sich herauszuholen und ihr Schicksal zu ertragen. Lesen, schreiben, am Strand liegen. Was hätte sie auch sonst tun sollen?

      Das lief auch ganz gut, bis Jana die Nachricht von Maria auf ihrem Handy hatte: „Und tschüss…“

      Jana geriet in Panik. Was war da los? Wollte sich Maria etwa umbringen? Als Maria weder auf Rückrufe noch auf Janas Textnachrichten reagierte, brach Jana zusammen.

      Nicht Maria. Nicht nur, weil sie sich gestritten hatten. NICHT MARIA!!!

      Maria war für Jana der wichtigste Mensch in ihrem Leben, das spürte sie in Lissabon endgültig. Maria war ihre Freundin, schon lange. Doch seit einer Weile war es eine sogenannte „Freundschaft +“. Händchenhalten und Küssen inklusive.

      Jana fühlte mit Maria Dinge, die sie bei Jungs nicht fühlte. Was sollte man auch von Menschen erwarten, deren erste sexuelle Erfahrungen mit dem Wort „Fummeln“ umschrieben wurden? Nicht, dass Jana mit Maria schon „so weit“ gegangen wäre. Es war ein langsamer, zarter und gefühlvoller Beginn einer Beziehung.

      Jana fühlte, dass Maria ihre erste echte Liebe war.

      Doch

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