Die Colonie. Gerstäcker Friedrich

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Die Colonie - Gerstäcker Friedrich

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Ist der fremde Herr schon da?"

      „Eben angekommen. Er sitzt oben in der Stube."

      „Gut - also melde nur, daß wir gleich kommen, und halt - spring hinüber zum Doctor - ich lasse ihm sagen, augenblicklich hierher zu kommen. Verstanden?" /37/

      Auf das Wort drehte sich das kleine Männchen um, machte noch eine ganz eigenthümliche Krümmung des Körpers, was als Verbeugung gelten sollte, und verschwand dann blitzschnell durch die Thür. Könnern hatte nur eben noch Zeit, zu bemerken, daß seine Beinkleider jedenfalls für eine andere Person zugeschnitten und gemacht sein mußten - wonach sie die andere Person denn auch so lange getragen haben mochte, wie ihr gut dünkte. Für Jeremias waren sie aber viel zu lang und unten in einem wahren Wulst umgelegt und aufgekrempelt. Er besaß außerdem - wenigstens glaubte es Könnern bei seinem ersten Erscheinen - brennend rothes Haar von einer ganz auffallenden Färbung, und als die kleine Gestalt sich zwischen den verschiedenen Gruppen der Auswanderer, zwischen Kochtöpfen, Kisten und in Betten eingepackten Kindern wie ein Ohrwurm durchwand, leuchtete sein Haar ordentlich irrwischartig, bis er draußen in den Büschen verschwand.

      „Da haben wir's!" sagte aber der Director, mit ganz anderen Gedanken wie mit Jeremias beschäftigt; „jetzt geschieht, was ich schon lange befürchtet habe. Das Auswanderungshaus, selbst meine eigene Wohnung gefüllt, - keinen Fuß breit Land vermessen, den neuen Colonisten einen eigenen Fleck Grundeigenthum anweisen zu können, kommt noch eine Schiffsladung frischer Kräfte dazu, und was ich indessen mit denen machen soll, weiß Gott!"

      „Und ist denn das nicht Sache des Präsidenten der Provinz," fragte Könnern, „stets Land genug vermessen zu haben, um die Einwanderer unterbringen zu können?"

      „Allerdings ist cs das, aber unser Präsident - ein braver, guter Mann, der es wirklich ehrlich meint - ist schon seit längerer Zeit schwer krank, und seine Frau - ein intriguantes, kokettes Frauenzimmer - regiert indessen nach Herzenslust und hat eine Masse nichtsnutziger Protegés, die sie unter jeder Bedingung unterbringen will und unterbringt. So schickte sie mir vor sechs Monaten einen Kerl hierher - ich habe keinen andern Namen dafür - der das Land vermessen sollte, und nicht mehr davon verstand wie der Junge da. Glücklicher Weise faßte ich gleich Verdacht, /38/ paßte ihm auf und jagte ihn, wie ich merkte was an ihm war, wieder zum Teufel; er hätte uns sonst hier eine Heidenverwirrung angerichtet. Die Frau Präsidentin ist aber natürlich jetzt wüthend auf mich."

      „Und leidet das die Regierung in Rio?"

      „Lieber Gott, einestheils erfährt sie nie den wahren Thatbestand, und dann ist es auch wirklich für sie schwer, gegen einen einmal eingesetzten höhern Beamten ernstlich einzuschreiten, so lange nicht directe Anklagen vorliegen. Jetzt verklagen Sie aber einmal von der Colonie Santa Clara aus den Präsidenten, der in Santa Catharina sitzt, oben in Rio de Janeiro - die Geschichte wäre gleich von vornherein so weitläufig, daß man sie doch in Verzweiflung aufgeben würde, wenn man auch wirklich hoffen dürfte, etwas auszurichten - was man aber außerdem nicht darf. Doch unsere Suppe wird wahrhaftig kalt und die Kathrine nachher böse - also vor allen Dingen zum Essen" - und Könnern's Arm ergreifend, führte er ihn rasch der eigenen Wohnung zu.

      Unterwegs hielten sich die Beiden auch nicht auf. Nur ein einziges Mal blieb Könnern stehen, und den Arm gegen einen der kleinen Hügel ausstreckend, sagte er:

      „So viel ist sicher, nur der Deutsche und der Engländer - vielleicht auch noch der Holländer - hat den richtigen Sinn für eine nicht allein bequeme, sondern auch freundliche Umgebung seiner Heimath, baut sich sein Nest in Büsche und Blüthen hinein und pflanzt Rosen vor seine Thür, während besonders der Amerikaner höchstens einen Gemüsegarten daneben dulden würde. Sehen Sie nur, was für ein wunderbar romantisches Plätzchen sich jener Ansiedler wieder gewählt hat, dessen kleines Haus nur eben aus dem dunkeln Grün der Büsche auf jenem Hügel da drüben herausblinzt."

      „Ah, Sie meinen unseres Einsiedlers Villa," lächelte der Director; „die Aussicht von seinem Hause aus hat er übrigens ganz zufällig bekommen, denn eine Palmengruppe verdeckte den Platz so vollständig, daß man von unten aus keine Ahnung hatte, dort oben sei eine menschliche Wohnung. Neulich nun warf der Sturm die kleinen Palmen um, und /39/ das Haus bekam dadurch, wahrscheinlich vollkommen gegen den Willen seines Eigenthümers, eine reizende Aussicht."

      „Gegen seinen Willen?"

      „Ich glaube, ja. Der Mann heißt Meier und lebt mit Frau und Tochter, einem jungen Gärtner und einer alten Dienstmagd, die sie hier angenommen, fast ganz abgeschieden von der Colonie und verkehrt fast mit Niemandem. Jammerschade noch dazu, denn das wäre in der That eine Familie, mit der man einen angenehmen Umgang haben könnte; aber man darf sich doch auch nicht aufdrängen, und da er mich, obgleich ich drei oder viermal oben bei ihm war, noch nicht ein einziges Mal wieder besucht hat, so muß ich wohl annehmen, daß er es lieber sieht, wenn ich meine Besuche nicht wiederhole, und den Gefallen habe ich ihm denn auch gethan. - Aber da sind wir - sehen Sie, da oben steht die Kathrine schon am Treppenfenster - ja, ja, Alte, wir kommen schon. Was so eine alte Person für eine Tyrannei ausübt, wenn man einmal ein paar Minuten zu spät zum Essen kommt!"

      3.

      Bei der Frau Gräfin.

      Die Frau Gräfin Baulen hatte des Directors Haus etwas in Aufregung verlassen, und der Gedanke daran, oder etwas Anderes auch vielleicht, lag ihr schwer auf dem Herzen, als sie ihrer eigenen Wohnung wieder zuschritt. Sie ging wenigstens mit auf den Boden gehefteten Blicken und erwiderte den Gruß etwa Begegnender nur mit einer leisen Beugung des Kopses, ohne zu ihnen aufzusehen.

      So erreichte sie endlich das kleine freundliche Gebäude, das, von einem Garten umschlossen, an der äußersten Grenze /40/ der Ansiedelung lag, und wollte eben dasselbe betreten, als die beiden Reiter, ihr Sohn und ihre Tochter, wie sie durch den ganzen Ort geflogen waren, mit donnernden Hufen die Straße herabkamen, und dicht vor dem Hause ihre Thiere so rasch herumwarfen, daß sie die alte Dame fast gefährdet hätten.

      „Aber Helene, aber Oskar!" rief sie entsetzt, indem sie rasch das Gartenthor zwischen sich und die Pferde brachte - „Ihr reitet ja wie die Wahnsinnigen, und seht gar nicht wohin Ihr rennt! Daß Ihr die Thiere dabei ruinirt, scheint Euch ebenfalls nicht im Mindesten zu kümmern!"

      „Nicht böse, Mütterchen, nicht böse," lachte Helene, indem sie den Hals ihres noch immer tanzenden und courbettirenden Schimmels klopfte; „Oskar behauptete aber, daß sein Rappe flüchtiger wäre als meine Sylphide, und da habe ich ihm eben das Gegentheil - aber Sylphide - ruhig, mein Herz, ruhig - wie wild sie nur geworden ist, weil ich sie die beiden letzten Tage nicht geritten habe!"

      „Du hattest von Anfang an einen Vorsprung," rief Oskar, „sonst wärest Du mir wahrhaftig nicht vorgekommen; und dann verlor ich gleich beim Abreiten einen von meinen Sporen, was mich auch aufhielt."

      „Einen von Deinen silbernen Sporen?" rief die Frau Gräfin.

      „Ja - aber er wird sich schon wiederfinden," sagte der junge Bursche gleichgültig. - „Heh, Gotthelf! Gotthelf! Wo der nichtsnutzige Schlingel nun wieder steckt, daß er die Pferde nehmen könnte. - Gotthelf!"

      „Ja - komme schon," antwortete eine Stimme, die dem ungeduldigen Rufe des jungen Mannes in keineswegs entsprechender Eile zu sein schien.

      Gleich darauf schlenderte auch ein Bauernbursche, dessen reines, grobleinenes Hemd allein an ihm den Sonntag verkündete, beide Hände in den Taschen, um die Hausecke und kam langsam näher.

      „Na, Du fauler Strick, kannst die Beine wohl nicht ein bischen in die Hand nehmen?" rief ihm der junge Graf /41/ entgegen — „es wird wahrhaftig immer besser. Soll ich Dich etwa in Trab bringen?"

      „Brrrrrr!"

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