"Die Stunde des Jaguars". Jens Petersen

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Cuevas gehörte zu denen, die dafür nicht verschlossen waren. Alles Grübeln und Kombinieren brachten ihn nicht wirklich weiter. Wie immer, so hatten die Dinge ihre Eigendynamik. Und soeben, mit diesem radikalen Wandel in der Natur, hatte auch mit seinem Anliegen ein Umschwung stattgefunden. Irgendetwas sagte ihm, dass mit seinem Vorhaben und seinem Schicksal soeben eine Veränderung eingetreten war. Allerdings dachte er nicht an so etwas wie das, was ihn als Nächstes erwartete.

      Nichtsahnend blickte er hoch und traute seinen Augen nicht. Zum Greifen nahe vor sich sah er eine unbewegte Gestalt. Absolut nichts hatte er kommen hören. Sie war einfach plötzlich da und hatte das regungslose Gesicht eines älteren Indianers. Augenblicklich schlossen sich ihm die Augen, kniffen sich zusammen, mehr ein Reflex als beabsichtigt. Verschreckt beeilte er sich sie wieder zu öffnen. Kein Irrtum, keine Einbildung, dieses Gesicht war immer noch da. Es war auch nicht der Juan Albanil, der ihm beim Verhör in Sonoyta gegenüber gesessen hatte. Aber er war es doch, kein Zweifel. Natürlich war da keine Spur mehr von einem tumben Dörfler. Dieser hier wirkte plötzlich auf unerklärliche Weise jünger. Kontrollierte Energie strahlte er aus und war der Herr der Situation.

      (Hatte ich doch recht mit meiner Vermutung, er ist ein Brujo! Wie macht er das, so plötzlich vor mir zu sitzen, ohne dass ich etwas gemerkt habe? Wie überhaupt konnte er mich hier finden, in diesem Café oder in San Miguel mich ausmachen? Ich bin mir doch absolut sicher, niemand wusste davon und niemand ist mir gefolgt. Das heißt auch, ich muss jetzt sehr auf der Hut sein. Wer weiß was der vorhat? Alle polizeiliche Erfahrung hilft mir da wenig weiter.

      Beseitigen wird er mich nicht wollen. Das darf ich mit ziemlicher Sicherheit ausschließen. Wofür oder für wen er auch arbeitet, es wird bekannt sein, das ich über den Fall Gonzalves noch gar nichts weiß. Dass ich die Untersuchung geführt habe ist amtlich vermerkt, also hinlänglich bekannt. Mit der Ermordung eines Polizeibeamten würde er nur verschärfte Verfolgung im ganzen Land auf sich ziehen.)

      Es dauerte eine Weile, bis Cuevas sich wieder gefangen hatte und versuchte in seiner gewohnten Rolle Halt zu finden.

      (Der traut sich, mir unter die Augen zu kommen! Weiß der denn nicht, wie verdächtig er ist?)

      Sagte er sich, mehr zu seiner eigenen Beruhigung.

      (Nein, so dämlich ist der keineswegs. Also was will er? Verdammt, ich muss mich jetzt konzentrieren und beweisen, dass ich hart bleiben kann.)

      „Na, du hast Nerven, hier so direkt vor meinen Augen aufzutauchen!“

      Brachte er endlich hervor nach einer schon viel zu langen, ihm peinlichen Pause des Schreckens. Wenigstens gefangen hatte er sich damit endlich wieder. Dennoch sollte es ihm nicht gelingen den Eindruck abzuschütteln, er wäre derjenige, der hier vernommen wird.

      Juan schaute ihn interessiert musternd und ohne Hast von oben bis unten an, wie einen Gegenstand, den man unter Umständen erwägt zu kaufen. Schließlich kam er mit dem Entschluss herüber:

      „Von den erwähnten Nerven einmal abgesehen, habe ich auch gute Gründe.“

      (Mein Anblick hat also dem Herrn Comisario einen richtigen Schrecken eingejagt. Aber allmählich scheint er sich wieder zu fangen und wird ganz der Alte.)

      „Wenn ich nicht zufällig mich entschlossen hätte, heute noch loszufahren, und wenn mir die lange Fahrt nach Sonoyta nicht zu lästig wäre, und wenn ich nicht kurzfristig entschieden hätte, in einer hübschen, kleinen Kolonialstadt Station einzulegen, ja, dann wärest du mir hier nicht begegnet.“

      Mit unberührter Gelassenheit betrachtete ihn Juan weiter.

      „Wenn, wenn und nochmals wenn. Dabei war es einfacher als du denkst. Ich brauchte nur am Schalter im Terminal del Norte zu fragen, wohin du gebucht hattest.“

      (Jetzt besitzt er auch noch die Unverschämtheit, mich zu duzen.)

      „Und das soll man dir verraten haben?“

      „Die Info war mir schon 20 Peso wert.“

      „Nun ja, vorstellen könnte ich mir das.“

      Cuevas musste nun doch lächeln. Lange genug hatte es zwar gebraucht, aber diese kleine Erheiterung hatte ihm geholfen sich endgültig zu fangen.

      „Aber wie hast du mich hier gefunden? Mit Observierung kenne ich mich schließlich aus und weiß genau, dass in San Miguel mir niemand gefolgt war.“

      „Das war auch nicht nötig. Es genügte, auf der Plaza dich zu erwarten. Auch das war denkbar einfach. Die Mariachi hatten dich so in ihrem Bann, dass nichts anderes dir aufgefallen ist.“

      „Und was willst du jetzt von mir?“

      „Richtig vermutet, grundlos werde ich nicht hergekommen sein. Also will ich was von dir, nämlich dir auf die Sprünge helfen, den Mörder von Gonzalves zu finden.“

      Jetzt überkam Cuevas doch ein mitleidig, spöttisches Lächeln.

      „Ach ja, für so dämlich hältst du mich, glaubst mich damit zu übertölpeln.“

      Juan betrachtete ihn immer noch wie einen Gegenstand über dessen Weiterverwertung man sich seine Gedanken macht, bevor er unbeeindruckt fortfuhr:

      „Wenn ich in Sonoyta gemordet hätte, wie du immer noch glaubst, dann wäre ich wohl kaum hier aufgetaucht. Also, den Mörder findest du in San Blas, Nayarit, im Hotel San Angel. Sollte nicht schwer sein. Er ist z.Zt. der einzige Gringo dort.“

      „Woher willst du das denn schon wieder wissen? Oder soll ich jetzt vielleicht auch noch glauben, du wärest inzwischen nur um dies zu erfahren mal eben in dem immerhin ziemlich weit entfernten San.Blas gewesen?“

      „Es steht dir natürlich frei, zu glauben was du willst.“

      „Und damit hoffst du, den Verdacht von dir abgewendet und mich irgendwohin ins Blaue geschickt zu haben?“

      „Eigentlich hatte ich dich für besonnener gehalten. Warum sollte ich denn gekommen sein, nur um dich irgendwohin ins Blaue zu schicken, wie du es nennst? Wäre es nicht viel einfacher gar nicht erst hier aufzutauchen? Wenn ich wollte, wäre es mir ein Leichtes zu verhindern, dass wir uns überhaupt jemals begegnen.“

      (Jetzt spielt er hier die Nummer des völlig Abgeklärten. Meint mich damit zu beeindrucken. Das kommt bei mir ebenso wenig an wie beim Verhör in Sonoyta die mit dem einfältigen Dörfler. Nun wäre wohl der Zeitpunkt einmal die Tatsachen auszuspielen.)

      „Das hört sich alles ganz schön an. Aber was sagst du dazu: Unser Labor hat herausgefunden, dass Gonzalves ein schnellwirkendes Gift gespritzt wurde, wie es eigentlich nur indianische Brujos kennen.“

      „Das sagt mir nur, warum dein Verdacht sich so an mir festgebissen hat. Um welches genau handelt es sich denn?“

      „Um Xomil-Xihuite!“

      „Ein sehr unangenehmes Zeugs. Ich erinnere mich, dass 1932, als man versuchte einen Schnaps daraus zu panschen, es in Topolobampo, Sinaloa, eine Massenvergiftung gab. Ich weiß aber auch, dass in den USA die Pharmaindustrie sich dafür interessiert und systematische Versuche damit angestellt hat. Daher, vermute ich, wird der Mörder es haben. Kein Brujo gibt seine Rezepte so einfach weiter.“

      „Ich werde der Sache nachgehen. Erst einmal aber muss ich dich verhaften und auf der hiesigen Station verhören.“

      Er

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