"Die Stunde des Jaguars". Jens Petersen

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habe. Bis ich es kapiert hatte, mehr als die anderen. Für die sind das Kultbücher, augenblicklich gerade mal in, aber morgen schon wer weiß welche anderen. Ich dagegen, bin jetzt selber auf dem richtigen Trip.)

      „Wo ich den Urlaub gemacht habe?“

      (Die paar LSD-Trips hatten nicht das Wahre gebracht. Und auch die selbstgebaute Pyramide im Vorgarten hatte nicht viel mehr, als nur die Nachbarn verärgert.)

      „An der Pazifikküste in Mazatlan sowie in Guadalajara und in Guanajuato.“

      (Aber jetzt ist es mir gelungen ihn aufzugabeln, den richtigen Meister. Auf der Busstation in Guaymas habe ich ihn gleich erkannt. Nun heißt es nur noch, ihn nicht mehr aus den Augen lassen. Ein Kontakt wird sich schon irgendwann ergeben. Aber das geht natürlich alles weit hinaus über das Verständnis eines Polizisten.)

      „Nein, gesehen habe ich nichts Auffälliges.“

      (Als ob mich das noch überrascht. Ein Freak ist er offensichtlich, aber kein Mörder. Da bin ich mir sicher.)

      Dubioser war da schon dieser Jeff Henson, ein etwas in die Jahre gekommenes Blumenkind. Die langen Haare waren längst spärlicher geworden und wirkten nur noch lächerlich. Jeff Henson brachte sich schlecht und recht über die Runden mit allerlei Drogenkleinhandel. Gern und ausführlich fabulierte er darüber, was man alles verändern und verbessern sollte, in der Natur, bei den Lebensmitteln, bei Luft und Wasser, bei Pharmazeutika, im Sozialen und noch bei so manchem mehr. Lauter illustre Ideen zur Weltverbesserung. Sich selbst hatte er in dieser Aufzählung des Verbesserungswürdigem glatt übersehen. Angeblich war auch er auf Urlaub in Mexiko. Der naheliegende Verdacht auf Drogennachschub erübrigte sich. Schon die Grenzer hatten sein Gepäck unter diesem Gedanken gefilzt. Cuevas war nicht verwundert zu hören:

      „Nein, bemerkt habe ich gar nichts.“

      So richtig zwielichtig erschien ihm jedoch dieser Burt Winslow, seiner Aussage nach Handelsreisender. Er führte auch ein Köfferchen voller Muster von eleganten Herrenhemden mit sich. Was er wirklich machte, wusste niemand. Sein Gesicht zeigte jedenfalls nicht gerade die freundlich verbindliche Grimasse eines Vertreters. Angeblich arbeitete Burt Winslow als Freier und auf eigene Rechnung für die verschiedensten Hersteller. Cuevas Abneigung flüsterte ihm etwas in Richtung Berufskiller. Nüchterne Überlegung schob solches natürlich beiseite.

      (Ein gar zu abenteuerlicher Verdacht, der ohne die geringste Bestätigung frei in meiner Phantasie herum baumelt. Aber vielleicht wäre eine Leibesvisitation ganz aufschlussreich, hätte interessantes zutage gebracht, wie abweichende Papiere oder Kreditkarten mit Zugang zu unerklärlich großen Konten.

      Genug des Wunschdenkens. Leider liegt so etwas, zumindest zu diesem Zeitpunkt, außerhalb meiner gesetzlichen Befugnisse.

      Was bleibt sind die immer gleichen, langweiligen Verhöre, Lügen die man durchschaut aber nicht widerlegen kann.)

      Der Diplomat, Ralf Stilton, erschien ihm ebenfalls dubios. Nur an diesen ehrenwerten Mr.Stilton kam er überhaupt nicht heran. Der Pass wies ihn als mit entsprechender Immunität versehen aus.

      (Was macht solch ein hohes Tier an dieser gottverlassenen Grenzstation, und wenn schon, warum kommt er dann mit dem schäbigen Bus und nicht in bequemer Dienstkarosse-vorgefahren?)

      Selbst die Frage nach dem Grund des Besuchs in Mexiko prallte ab von einem:

      „Bedaure, das unterliegt einer geheimen Verschlusssache.“

      Zu guter Letzt war da noch Señor Random, ein mexikanischer Geschäftsmann. Er hatte einen kleinen Laden in Herrmosillo. Das ließ sich jedenfalls schnell und leicht bestätigen. Unerklärlich war nur, warum er bald darauf so spurlos verschwand.

      Cuevas schaute angeödet aus dem Fenster. Zwar hatte die Sonne inzwischen die morgendliche Kälte vertrieben und ihr gleißendes Licht über dem flachen, ereignislosen Land ausgebreitet. Doch was er sah, war nach wie vor nur Leere, nichts was ein Gefühl von heimatlicher Verbundenheit erregte. Auch wenn er in dieser Umgebung aufgewachsen und den Anblick gewohnt war, begann er immer mehr sein Leben als ein Spiegelbild davon zu sehen. Zunehmend deutlicher zeigte es für ihn etwas Lähmendes, gegen das er innerlich aufbegehrte.

      (So monoton wie die ständig repetierenden Abläufe meiner Arbeit. Werde ich eines fernen Tages, wenn ich meinen Schreibtisch in Richtung Pensionierung verlasse, rückblickend auf mein Leben sagen: War´s das? War das alles?)

      Die Vernehmungen hatten allesamt nichts gebracht.

      (Gewiss, dieser Mord gehört aufgeklärt wie jeder andere. Aber so viel dämmert mir jetzt schon, darum allein geht es hier gar nicht.)

      Ein unerklärlicher Windstoß erreichte ihn, wie aus einer fremdartigen Welt von anderer Frequenz. Instinktiv schaute er auf seine Uhr, als sollte sie eine andere Zeit anzeigen. Nur ein kurzer Augenblick, dann hatte die Gewohnheit ihn wieder.

      Irgendetwas war ihm gleich seltsam vorgekommen, nicht zuletzt auch an den Anwesenden, nur so ein Gefühl. Als wenn die alle nicht zufällig zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort wären. Die Blintons vielleicht ausgenommen. Die gängigen Mordmotive passten einfach nicht. Da war mehr hinter der Sache, etwas Unbekanntes, Größeres, von dem keine Konturen zu erkennen waren. Nur wusste er noch nicht, dass es sich den herkömmlichen Mitteln der Erkenntnis ohnehin entzog, weil es so nicht greifbar war.

      (Alle behaupteten, fixiert gewesen zu sein auf das, was sich da abspielte zwischen dem kleinen Billy und dem Vogel. Niemand wollte angeblich etwas bemerkt haben. Niemand hatte gesehen, ob sich wer kurz entfernte. Für mich ist die Frage nicht mehr, ob hier gelogen wurde und von wem, sondern nur noch - und viel aufschlussreicher: warum?)

      Er inspizierte noch einmal die Toilettenräume, den Ort, wo es passiert sein musste. Keinerlei Zeugen irgendeines Kampfes, keine Spuren an den Wänden oder auf dem Fußboden, kein ausgerissenes Haar oder verlorener Knopf. Es muss alles sehr glatt gegangen sein, blitzschnell und mit überraschender Sicherheit, um nicht zu sagen professionell. Cuevas Augen ruhten auf den blassen, graugelben Kacheln. Für einen Moment schüttelte ihn etwas, als läge hier ein unsagbares Grauen in der Luft. Eine vage Ahnung beschlich ihn, etwas völlig anderes würde dahinter stecken, etwas ihm noch unbekanntes, bislang in keinem seiner Fälle aufgetauchtes. Wenn diese Kacheln reden könnten, wie es aussah die einzigen Zeugen. Aber die blieben wie immer kalt, glatt und stumm.

      Zurück im Büro blickte Cuevas nachdenklich durch die abgetönten inneren Scheiben auf die Fahrgäste im Warteraum. Unbemerkt konnte er von hier aus die Runde beobachten. Normalerweise würden die doch jetzt palavern, lamentieren, dass sie so lange hier festgehalten würden, sich aufregen über die Zumutungen seitens der Polizei. Aber die saßen nur alle stumm und reglos da, glotzten geradezu verbissen die Wände an. Kein Zweifel, etwas stimmte da nicht, war anders als sonst. Nicht dass es ihn verwirrte, aber er kam einfach nicht darauf, was es sein könnte. Den Deckenbalken sah er langsam einen Leguan überqueren. Wachsam aber desinteressiert schaute der auf die Menschengruppe unter sich.

      Dann brütete er über seinen Notizen.

      (Einer von den Dreien muss es gewesen sein, das sagt mir ein untrügliches Gefühl. Aber welcher? Der schwer durchschaubare, alte Indianer? Sollte der tatsächlich ein Brujo sein, dann wären die Motive dieses Hexers ebenso undurchsichtig wie nicht nachvollziehbar. Der zwielichtige Handelsvertreter, der angeblich geschäftlich in Mexiko unterwegs war? Wie das denn, wo der kein Wort Spanisch verstand? Ja, und da wäre als Dritter noch der saubere Mr.Stilton, der in Sachen unnahbarer Geheimnisse unterwegs war. Einer von den Dreien, aber welcher? Keinem kann ich auch nur das Geringste nachweisen. Noch nicht einmal ein vages

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