"Die Stunde des Jaguars". Jens Petersen

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Anderen kommen, da bin ich mir sicher, als Täter nicht in Frage. Aber welche Rolle spielten die? Warum waren sie tatsächlich hier? Weil angeblich auf Billy und den Papagei fixiert, konnte mir auch niemand mit Bestimmtheit sagen, ob einer der Betreffenden sich kurz entfernt hätte, um dem Opfer zu folgen. Höchst unwahrscheinlich, da wird zumindest einer gelogen haben.)

      Er ließ den Kopf sinken in die offenen Hände über den aufgestützten Ellenbogen.

      Die sich überkreuzenden, lanzenförmigen Blätter ergaben ein eigenartiges Muster. Wie ein Raster um rhythmisch versetzte, konzentrierte Lichtpunkte herum. Nur an einer Stelle rechts oben brach das Sonnenlicht klar durch. Aber der Lichtstrahl ging an ihm vorbei. Im tiefen Schatten zwischen den Baumwurzeln lauerte er auf seinem Lager. Wie immer gedachte er den Rest seiner nächtlichen Tätigkeit hier in Ruhe auszukosten. Und wie alle seiner Art liebte er es, den größten Teil des Tages mit seligem Nichtstun zu verbringen. Ein verhängnisvoller Fehler deswegen zu glauben, er schliefe. Völlig entspannt dämmerte er so vor sich hin, unentdeckt auf der Hut Einzig seine Ohren bewegten sich leise, lautlos wie mobile Empfangsschirme, die jedes noch so kleine Geräusch aufnahmen. Zeigten sie Verdächtiges an, so wäre er auf der Stelle hellwach und sprungbereit. Bis dahin blieb er eine schweigende Unergründlichkeit, aus der Tiefe des Schattens dräuend. Eine belanglos erscheinende Umgebung ließ davon nichts ahnen.

      Er hob den Kopf und schüttelte ihn, als hieße es etwas abzuwerfen.

      (Was immer das bedeuten soll, ich darf hier nicht vor lauter Frust in müßige Tagträumerei verfallen. Es hilft alles nichts, keinerlei Ergebnis ist in Sicht.)

      Er seufzte, ließ die Faust auf den Tisch fallen, stand auf und verkündete seinen Leuten draußen im Warteraum, sie könnten alle gehen lassen. Den Toten und dessen Gepäck sollten sie auf den Wagen laden und ins Labor nach Hermosillo bringen.

      Frustrierend war auch der Befund, der wenige Tage später aus dem Labor eintraf. Die Untersuchung hatte ergeben, Gonzalves war ermordet worden durch eine Injektion mit einem schnellwirkenden Gift, wie es eigentlich nur bei den Brujos mancher Indianerstämme bekannt war. Xomil-Xihuite war ein besonders bösartiges Gift, von den Indianern auch „Gläserner Sarg“ genannt. Schon in allerkleinsten Mengen verursacht es Höllenqualen und lässt das Opfer bei völliger Bewegungslosigkeit die fürchterlichsten Ängste durchmachen. Bereits die winzige Dosis von 0,007 Gramm tötet einen Hund von 5 kg. in wenigen Minuten. Größere Mengen lassen den damit Injizierten auf der Stelle zusammenbrechen, sich nur noch einmal schütteln, um dann sofort starr zu werden.

      (Natürlich, sofort wirken sollte es, damit das Opfer sich nicht mehr bemerkbar machen konnte. Hab ich es doch geahnt! Ein Grund hätte sich schon gefunden, um diesen diabolischen Kerl zumindest vorläufig festzuhalten.)

      Cuevas sah wieder das Gesicht des Toten vor sich, die Augen hervorgetreten, der Mund schwarz angelaufen und weit aufgerissen. Leichenblasse Haut widersprach dem noch Sekunden zuvor Lebenden, der jetzt plötzlich das Aussehen eines Dämons oder Zombies angenommen hatte.

      Cuevas besaß teilweise selber Indianerblut in seinen Adern, war in dieser Umgebung aufgewachsen und ahnte mit welchen Kräften er es hier zu tun haben würde.

      Trotzdem machte er sich Vorwürfe, den Alten nicht weiter festgehalten zu haben. Sinnlos wäre jetzt eine Suche per Steckbrief. Das konnte er von vornherein vergessen, auch wenn er ein Foto bekäme und es in allen Polizeistationen aushänge. Die Beschreibung würde wenigstens auf einige Hunderttausend ältere Indianer passen.

      Bei Nachfrage in dem angegebenen Heimatdorf erfuhr er, dass es dort einen Juan Albanil gab, seines Zeichens Medizinmann. Der Haken war nur, dieser verdammte Brujo war schon vor 200 Jahren gestorben

      Der Obsidianspiegel

      Als am frühen Nachmittag die Vernehmungen in Sonoyta endlich beendet waren, hatten alle es auffallend eilig, sich in Richtung USA abzusetzen. Niemand bemerkte, wie der alte Indianer verschwand in dem Bus für die Gegenrichtung. Wohl auch, weil niemand damit gerechnet hatte, waren sie doch alle dorther gekommen.

      (Wie fixiert sie alle sind auf ihre Weiterfahrt, froh den polizeilichen Untersuchungen endlich heil entkommen zu sein. Ein typischer Fall von einseitig orientierter Aufmerksamkeit, die sie für alles andere blind macht. Mir gab es die Gelegenheit unbemerkt im lokalen Bus zu verschwinden.

      Sieh mal an, diesem Hoffnungsträger ist es als Einzigen nicht entgangen. Schon seit Guaymas folgt er mir und glaubt allen Ernstes ich merke es nicht. Jetzt gerade ist er ganz verstohlen bei der hinteren Tür eingestiegen. Was er will ist offensichtlich. Möglich, dass dieser kalifornische Student tatsächlich der Andere ist, den die Gelegenheit mir zuspielt. Aufmerksam und für einen Gringo ungewöhnlich ausdauernd ist er schon. Vorerst jedoch werde ich ihn weiter im Auge behalten, während er meint mich zu beobachten).

      Bei den einfachen Bussen wie diesem, die den ländlichen Bereich bedienen, konnte man auch hinten einsteigen. Neben dem Fahrer war stets noch ein Zweiter im Wagen, der durchging und kassierte.

      (Zum Glück sitzt er ganz vorne. Da wird er nicht gesehen haben, wie ich hinten einstieg. Es ist noch spannender, als ich es mir vorgestellt hatte. Keine Ahnung wie es weitergeht. Dranbleiben ist vorerst die Devise.)

      „Wohin ich will?“

      (Woher kann ich wissen, wo der aussteigen wird? Am besten ist….)

      „Ja, lösen Sie mir bis Endstation.“

      (Was soll´s? Da kann jedenfalls nichts schief gehen.)

      Quälend langsam zog sich die Fahrt dahin. In jedem Ort wurde gehalten, oft auch noch langwierig verhandelt über den Preis für größeres Gepäck.

      Die Nacht hatte sich bereits über das Land gesenkt, als in einem dieser nichtssagenden Kaffs das Objekt von Daves Observierung ausstieg. Zum Glück ging dieser gleich um die nächste Ecke, so dass er nicht sehen konnte, wie Dave ebenfalls ausstieg, um ihm vorsichtig zu folgen.

      (Wie nicht anders zu erwarten, ist er auch ausgestiegen bei der rückwärtigen Tür. Ich höre es an seinen Schritten. Denn soll es wohl so sein, dass er der gesuchte Andere ist. Ich werde jetzt im Ort ein wenig mehr als nötig umhergehen, um dann hinter einer Ecke ihn auflaufen zu lassen. Wie auch immer, der Test mit dem Obsidianspiegel wird mir genaueres sagen.)

      Der kleine Platz, an dem der Bus hielt, war gerade noch durch zwei Laternen spärlich beleuchtet. Die Gassen dahinter blieben dunkel und verlassen. Kein Mensch war zu sehen zwischen diesen schmucklosen Wänden ärmlicher Häuser. Die meisten lagen verborgen hinter hohen Mauern mit abfallendem Putz oder überhaupt nur aufeinander gesetzten Feldsteinen. Einige wirkten schon halb verfallen. Auch wenn dahinter in manchen Fenstern noch Licht brennen mochte, so gelangte es nicht bis auf die Wege. Nach all den Ecken und Abzweigungen war es nicht einfach, den Verfolgten im Auge zu behalten ohne selber aufzufallen.

      (Verdammt! Ich fürchte, jetzt habe ich ihn doch verloren. Was macht überhaupt diese steinerne Statue hier hinter der Häuserecke? Um ein Haar wäre ich dagegen gerannt. In dieser Dunkelheit sieht man ja nicht mal….Oh nein, - nein! Das ist er! Warum steht er so regungslos wie erstarrt da, wie eine antike Plastik? Nur diese Augen! Sie starren mich unentwegt an. Mir ist, als tasten sie mein Gesicht ab. Überall, an allen Stellen. Wie lange geht das noch? Ich kann auch gar nichts sagen. Er muss die ganze Zeit gemerkt haben, dass ich ihm folgte. Unerträglich peinlich ist das. Wenn er wenigstens etwas sagen würde. Von mir aus soll er mich jetzt anschnauzen, herunterputzen, zur Minna machen. Wenn nur diese quälende Situation ein Ende nimmt.)

      Die

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