Mississippi-Bilder. Gerstäcker Friedrich

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Mississippi-Bilder - Gerstäcker Friedrich

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und vernahm deutlich den leisen, wimmernden Laut, den der Bär, an seinen Tatzen saugend, im Winterschlaf hören lässt.

       „Tessakeh“, flüsterte er jetzt, den Kopf zurückwendend, da der Gang etwas geräumiger wurde, „Tessakeh, ich höre den Bären.“

       Keine Antwort ward ihm von seinem Begleiter – dichte Finsternis lag hinter ihm.

       „Tessakeh“, rief er lauter, da er glaubte, dass der Indianer noch etwas weiter zurück sei, und wieder lauschte er, die antwortende Stimme seines Gefährten zu hören, nur das ferne Winseln des Tieres unterbrach die totenähnliche Stille, und missmutig warf er sich für einen Augenblick ausruhend, auf die linke Seite, um zu überlegen, ob er seinen Weg allein fortsetzen und den Kampf wagen oder wieder umkehren sollte, um zu sehen, ob seinem Kameraden ein Unglück zugestoßen sei.

       „Hm!“, murmelte er zuletzt leise vor sich hin. „Wär‘ er in die Schlucht gefallen, so hätte er um Hilfe gerufen, und ist er auf der anderen Seite geblieben, um mir zu überlassen, allein mit dem schwarzen Burschen fertig zu werden, wohl, so will ich ihm doch zeigen, dass ich ihn nicht dazu brauche, eine Büchse abzudrücken; der Bär kann nicht mehr tun, als mich fressen, und da muss ich auch erst noch dabei sein!“

       Mit diesem Troste, der etwas unleugbar Vernünftiges hatte, begann er sich wieder nach vorn zu bewegen und näherte sich mehr und mehr dem Winseln, das jetzt immer deutlicher wurde.

       Die Höhle war zwar nicht mehr so eng, aber eine solche Masse Tropfstein hing überall an den Wänden herunter und ragte aus dem immer steiniger werdenden Boden hervor, dass das Vorrücken ungeheuer erschwert wurde und Werners Knie und Ellbogen fürchterlich schmerzten.

       In diesem Teil der Höhle hingen auch eine Masse Fledermäuse an den Hinterbeinen von der Decke herab und hielten hier ihren Winterschlaf, oft durch das etwas zu nahe unter ihnen weggehende Licht aufgestört und beunruhigt, was sie durch einen schrillen, zischenden Laut kund taten. Wenig aber beachtete der kühne Jäger dieselben, und war eben im Begriff, sich um eine kleine Biegung der Höhle zu drehen, als er dicht vor sich, etwas zu seiner Rechten und zwar so, dass, wenn er vorbeikroch, er sie fast berühren musste, eine aufgerollte, ungeheure Klapperschlange liegen sah, die, durch seine Nähe gestört, die kleinen, blitzenden Augen öffnete, aber, durch das Licht geblendet, augenblicklich wieder schloss und den Kopf zurückbiegend, aus dessen zusammengepressten Rachen die spitze, doppelte Zunge dann und wann hervorzuckte, den Schwanz erhob und die warnende Rassel ertönen ließ.

       Werner fuhr unwillkürlich zurück und war unschlüssig, was er tun solle, denn obgleich er die Schlange nicht fürchtete, war ihm doch ihre Nähe nichts weniger als erfreulich, noch dazu, da er nicht wagen durfte, sie zu schießen, weil es in dem niedrigen Raum eine Unmöglichkeit gewesen sein würde, wieder zu laden.

       Als er noch unschlüssig da lag, sah er zu seiner ungemeinen Beruhigung das Licht Tessakehs sich langsam nähern, und bald war der Indianer dicht bei ihm und frug, warum er zögere. Werner machte ihn durch wenige Worte mit seiner Lage bekannt.

       „Zeigt sie die Fänge?“, flüsterte leise der Indianer.

       „Nein – aber sie hat gewarnt.“

       „Sie ist wie ein Hound auf der Fährte eines Bären! Sie warnt, aber wenn der Feind naht, zieht sie sich zurück – mein Bruder mag dreist an ihr vorbeikriechen, sie wird ihre Augen schließen und schlafen.“

       Werner folgte, obgleich höchst ungern, dem gegebenen Rat und vorsichtig die Büchse voranschiebend, war er bald an der Seite der Schlage, die mehrere Male die kleinen Augen zu öffnen versuchte und stärker und drohender rasselte. Jetzt lag er dicht neben ihr, und obgleich er sich fest an die entgegengesetzte Wand schmiegte, war doch der Raum so eng, dass sein rechter Arm fast die zusammengerollte Gestalt des Feindes berührte.

Bärenjagd-2

       Langsam zog er die Knie herauf und streckte sich weiter nach vorn, da öffnete die Schlange aufs Neue die Augen und dicht vor sich die helle Flamme erblickend, sperrte sie weit, mit zum Sprunge zurückgebeugtem Kopf, den Rachen auf, in dem, weiß und glänzend, die giftgefüllten Fänge an beiden Seiten der spielenden Zunge lagen, während ihre Augen in grünem Feuer leuchteten.

       Entsetzt riss Werner das Messer aus der Scheide, in demselben Augenblick aber fühlte er Tessakehs Arm auf seiner Hüfte und dessen Tomahawk zischte, mit sicherer Hand geführt, zur Schlange hinüber, die sich in ihrem Blute wand.

       Zwar wusste Werner, dass sie jetzt unschädlich war, dennoch schauderte er, als sie in ihren letzten Todeszuckungen sich in dem engen Raume umher wand, und ihre kalten Schuppen seine heiße Wange berührten. Mit rascher Hand drückte er sie von sich, Tessakeh aber erfasste den zuckenden Körper und schnitt ihm bedächtig die Klappern ab, die er an seinem Gürtel befestigte.

       Das beendigt, wollte Werner seinen Weg fortsetzen, als er sich plötzlich durch die Hand Tessakehs gehalten fühlte, der ihm leise zuflüsterte:

       „Hab Acht – ich höre kein Winseln mehr – der Bär ist erwacht und seine Augen sind offen. – Wenn er uns windet, wird er sich hören lassen, aber der Rauch unserer Lichter zieht zurück.“

       „Wahrhaftig, Du hast Recht, Tessakeh“, erwiderte Werner, „der alte Bursche muss aufgewacht sein und wird eben kein freundliches Gesicht schneiden, wenn er die Lichter sieht. Die verwünschte Schlange hatte meine Aufmerksamkeit so in Anspruch genommen, dass ich in der Tat gar nicht mehr an den Bär dachte – Du warst gerade zur rechten Zeit gekommen, denn ich…“

       „Hst!“, rief der Wilde, die Hand erhebend. „Ich höre den Bären – er wird unruhig!“

       Beide Männer lauschten ein paar Minuten, aber Totenstille herrschte und kein Laut war vernehmbar. Werner jedoch sah nach seiner Büchse, ob das Zündhütchen noch richtig saß und das Korn nicht verschoben und glänzend sei, reinigte das Visier von dem Lehm, der sich hineingesetzt hatte, und rückte, von seinem Gefährten gefolgt, wieder leise vor.

       Da tönte ein leises Brummen an sein Ohr und gleich darauf trat, aus der dichten Finsternis der Höhle, die dunkle Gestalt des Bären hervor, dessen Augen wie ein Paar glühende Kohlen im Lichte funkelten. Brummend zog er die Luft ein und hob die Nase, um die Natur der neuen Ankömmlinge zu erforschen; obgleich aber der Luftzug zurück ging und er nicht recht die Witterung von seinen Feinden bekommen konnte, waren sie ihm doch zu nahe, als dass er nicht hätte Unrat merken sollen, und schnaubend und blasend zog er sich wieder zurück, ehe Werner Zeit hatte, den immer beweglichen Kopf des schwarzen Gesellen aufs Korn zu nehmen.

       Beide Jäger wussten, dass jetzt der Augenblick zum Handeln gekommen war und schoben sich lautlos über den rauen Boden hin, der zurückweichenden Bestie nach, die sie auch bald wieder erreichten und zwar, wie Werner zu seinem Entsetzen bemerkte, am Ende der Höhle, die hier wohl so geräumig wurde, dass er sich auf seinen Knien emporrichten konnte, aber auch nirgends mehr einen Ausweg als da bot, wo sie mit ihren Körpern den zum Äußersten getriebenen Bären jeden Weg zur Flucht abschnitten.

       „Wah“, sagte Tessakeh, als er sich neben Werner aufrichtete, der sich eben bemühte, das Korn seiner Büchse mit dem funkelnden Auge des unruhigen Tieres in eine Richtung zu bringen. „Wah! Ein bequemer Wigwam, aber ein schlechter Kampfplatz“, und dann die Richtung von Werners Büchse bemerkend, flüsterte er diesem zu:

       „Schieß‘ nicht nach dem Kopf; wenn Du fehlst, sind wir beide verloren und die Bestie ist nicht einen Augenblick ruhig – ziel‘ auf den Brustknochen, wenn auch die Kugel das Herz nicht trifft, so wird sich der tödlich Verwundete zusammenkauern und uns weniger

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