Mississippi-Bilder. Gerstäcker Friedrich

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Mississippi-Bilder - Gerstäcker Friedrich

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href="#fb3_img_img_87a61686-5613-5285-b504-03c46e5c094a.jpeg" alt="Image"/> „Ja, wir bekommen Regen“, sagte der Master, indem er einen prüfenden Blick nach oben warf. Der Himmel schien aber seine Wetterprophezeiung nicht zu rechtfertigen, denn kein Wölkchen umhüllte die Myriaden Sterne, die in glühender Pracht von dem dunkelblauen Firmament hernieder schimmerten.

      Das Boot durchschnitt jetzt, in die Nähe der Sandbank und dadurch in etwas stillere Wasser kommend, mit größerer Schnelle den Strom, während der Loon noch zweimal in kurzen Zwischenräumen seinen Ruf ertönen ließ, aber schwieg, sobald die Fähre heran rauschte.

       „Halte stromauf!“, rief der Master jetzt dem Steuermann zu. „Du rückst dem Sande zu nahe. So – das wird genug sein!“

       Sie liefen von da an ziemlich geschwind in ganz totem Wasser an der Sandbank hinauf und näherten sich mehr und mehr der Spitze, als der Steuermann ausrief, er sähe etwas Schwarzes vorn auf dem Wasser, das einem Kahne gliche.

       „Ich kann nichts erkennen“, rief der Master, seine Augen anstrengend und sich vorn überbiegend.

       „Kommt hierher, es muss ein losgerissenes Boot sein, was dort auf den Sand getrieben ist. Wenn wir unsere Jolle mit hätten, könnten wir es fangen.“

       „Schändlich!“, rief der Master ärgerlich. „Die Burschen, die hinter uns mit dem Ruderboote kommen, werden es jetzt finden; wir dürfen aber nicht näher hinfahren, sonst bleiben wir sitzen.“

       Sie waren unterdessen in gleiche Höhe mit dem dunklen Gegenstände gekommen, der sich wirklich als ein Kahn auswies, aber nicht als ein leerer, sondern ein einzelner Mann saß darin und ruderte, etwas vor dem Boote, auf dasselbe zu, als ob er dicht an demselben vorüberfahren wollte. In demselben Augenblick ließ sich auch der Loonruf, doch ganz in der Nähe und äußerst leise hören.

       „Habt Acht! Ihr kommt unter die Fähre!“, schrie der Master vom Verdeck aus dem einsamen Ruderer zu, der jetzt fast auf Kahnlänge herangekommen war; die Warnung wurde aber nicht beachtet, und „Selinde!“ rief der fremde Mann leise herüber. In dem Augenblick berührte auch sein Kahn die Dampffähre, und mit einem Sprung lag das Mädchen an der Brust des Geliebten, glitt aber, wohl wissend, dass dieser seine Arme jetzt nötiger brauchte, als sie zu umfassen, behände in den Stern des Bootes, und dasselbe mit einem dort liegenden kurzen Ruder abstoßend, trieb der kleine Nachen, ehe sich die Fährleute nur von ihrer Überraschung erholen konnten, schnell in das Fahrwasser des Dampfers.

       „Halt! Verdamm Euch! Hilfe! Haltet sie!“, riefen der Master und Steuermann zu gleicher Zeit, und ersterer sprang, mit Hintansetzung der Furcht für seine Gliedmaßen, mit einem Satz vom Steuer auf das untere Deck hinunter, um das Entkommen des Bootes zu verhindern; aber zu spät, schon verschwand es in der dichten Finsternis, und deutlich hörten sie, wie es, von kräftigen, regelmäßigen Ruderschlägen getrieben, schnell über die Fläche des Stromes dahin schoss.

       „Was schreit Ihr denn so, als ob Ihr am Spieße steckt?“, rief der Doktor, als er jetzt mit anderen Männern aus der Kajüte kam. „Ist das nicht ein Höllenlärm…“

       „Die Negerin ist fort!“, rief der Master.

       „ W a s ist sie?“, schrie der Doktor und war mit wenigen Schritten an der Seite des selbst zum Tode erschrockenen Masters, der seinem Steuermann nur schnell zurief, das Boot zu wenden und stromab den Flüchtigen zu folgen, und dann dem Doktor mit wenigen Worten den ganzen Vorfall erzählte. Fluchend und tobend aber sprang dieser zum Steuer, bot dem Steuermann zehn Dollar, wenn er die Entflohenen wieder einhole, und vertrieb sich dann die Zeit damit, dass er, auf- und abgehend, überdachte, wie er die beiden, wenn er sie erst wieder eingefangen hätte, züchtigen wollte.

       Der Master war indessen auch zu ihm herangetreten, und den Doktor in seinem Eifer und seinen Gestikulationen unterbrechend, rief er ihm zu, einen Augenblick ruhig zu sein, denn er glaube, er höre Ruderschläge. Sie horchten jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit und vernahmen deutlich das regelmäßige Einschlagen von Rudern in das Wasser; es konnten aber nicht die Flüchtlinge sein, denn es kam von Bayou Sara herüber, und der Steuermann brach endlich das Schweigen, indem er versicherte, dass es das Segelboot wäre.

       „Gut“, rief der Master, „die wollen wir doch bei unserer Jagd zu Hilfe rufen, es müsste dann mit dem Bösen zugehen, wenn wir das Pärchen nicht einfingen, ehe es Waterloo erreichen kann.“ Und die Hände trichterförmig an den Mund haltend, schrie er mit kräftiger Stimme sein „Boot ahoiii!“ über die ruhige Stromfläche hinüber.

       Schon sein zweiter Ruf wurde von drüben beantwortet, und bald tönte auch auf sein langsam und deutlich ausgestoßenes „Kommt herüber!“ ein befriedigendes „Ay – ay!“ zurück.

       Die Dampffähre schoss unterdessen mit bedeutender Schnelle an der Sandbank hin, gleichwohl sich etwa hundertfünfzig Schritt von ihr entfernt haltend, um nicht aufzulaufen, und aufmerksam beobachteten die Männer den zwischen ihnen und der Bank liegenden Wasserstreifen, da sie nicht ohne Grund vermuteten, dass der Entflohene eher versuchen würde, ihnen unter dem Schutze der Nacht zu entgehen, als sich auf seine eigene Kraft zu verlassen und die Mitte des Stromes zu suchen, wo ihm, wenn entdeckt, auch nicht die mindeste Hoffnung auf Entrinnen geblieben wäre.

       Schon hatten sie sich auf wenige hundert Schritt der kleinen Insel genähert, als der Master plötzlich des Doktors Arm fasste und gerade sich gegenüber nach der Sandbank deutend, die hier etwa drei Fuß über die Wasserfläche herausragte, ausrief: „Dort sind sie, so wahr ich ein Christ bin; seht Ihr dort?“

       „Wo? Wo?“, rief der Doktor, der nur das dunkle Boot mit den Augen gesucht hatte.

       „Dort der weiße Punkt“, rief der Master, „das Kleid des Mädchens!“, und ohne eine weitere Antwort abzuwarten, sprang er mit einem Satz an das Steuerrad, und das Boot schnell wieder stromauf wendend, führte er es gerade auf den weißen Punkt zu. Der Flüchtige war aber hier allerdings in der Hoffnung angelaufen, unter dem mehrere Fuß hohen steilen Sandufer unbemerkt liegen zu bleiben und, wenn die Fähre vorbeigefahren wäre, schnell die Mitte des Stromes zu erreichen, wonach er dann, stromab, bald aus dem Bereiche augenblicklicher Verfolgung kommen konnte.

       „Jetzt haben wir sie!“, rief der Master aus, als er sich, etwas näher rückend, wirklich überzeugt hatte, dass es die Flüchtigen waren. „Hier ist das Wasser tief, und ich müsste mich sehr irren, wenn wir nicht an den Burschen dicht heran laufen könnten; auf alle Fälle wollen wir’s versuchen.“

       Die armen Flüchtigen befanden sich unterdessen in einer gar misslichen Lage, denn in der Tat hätte die nicht sehr tief im Wasser gehende Dampffähre gerade an dieser Stelle an sie heran laufen können. In diesem kritischen Augenblick verließ aber den in der Schule des Unglücks Gestählten die so nötige Geistesgegenwart nicht; mit raschen Ruderschlägen flog er, etwa fünfzig Schritt, seinen Verfolgern gerade entgegen, und als diese schon, in der Hoffnung, ihn bald in ihrer Gewalt zu haben, laut aufjubelten, der Doktor sogar ein Tau zurechtlegte, um den „damned nigger“, wie er sich ausdrückte, zu knebeln, schoss dieser plötzlich, einen schmalen Streifen leichten Wassers benutzend, der sich zwischen zwei langen Sandzungen hinzog, in seinem kleinen Boote rechts von der Fähre ab, die gleich nachher, durch das nur wenige Zoll tief gehende Boot irre geführt, in zu seichtes Wasser kam und auflief. Im nächsten Augenblick waren die Flüchtigen in der alles umlagernden Finsternis verschwunden.

       Da schallte plötzlich ein nahes, deutliches „Hallo!“ herüber, und das angerufene, von Bayou Sara kommende Segelboot lag wenige Augenblicke später neben dem auf dem Sande sitzenden Dampffährboote.

       „Hallo!“, rief noch einmal der im Stern des ersten behaglich hingestreckte Creole. „Was flucht Ihr denn hier so gotteslästerlich

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