Mississippi-Bilder. Gerstäcker Friedrich

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Mississippi-Bilder - Gerstäcker Friedrich

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die, an die Tür tretend, zu ihrer Tochter sagte:

       „Ich muss noch die Wäsche hereinnehmen, die draußen hängt, sonst dürfte morgen früh wenig davon übrig geblieben sein; setze Du indessen den Kessel aufs Feuer – der arme Mensch wird Nahrung und Ruhe bedürfen.“ Zu gleicher Zeit wurde der große, schwere eiserne Riegel zurückgeschoben, und die alte Frau trat in die Tür, erblickte aber in demselben Augenblick den jungen Pflanzer und wollte, zurückschreckend, dieselbe wieder zuschlagen, als Guston schnell vorsprang und das Verriegeln derselben hinderte.

       Die Frauen stießen einen Angstschrei aus, und Alfons, der sich matt und erschöpft aufs Bett geworfen hatte, sprang erschrocken empor und riss ein verborgen gehaltenes Messer aus seinem Gürtel; Guston aber hob die Hand zum Zeichen des Stillschweigens, half selbst, die Tür verriegeln, und dann einen Stuhl an den Tisch rückend, setzte er sich mit einer solchen Ruhe und Kaltblütigkeit nieder, als ob nicht das Geringste vorgefallen sei.

       „Mr. Guston“, rief die alte Mulattin, die ihn erst jetzt erkannte, ganz erstaunt aus. „Mr. Guston! Wie um des Himmels Willen kommen Sie wieder nach Louisiana und in unsere Hütte? Sie wollen doch nicht dem armen Mann da…?“

       „Sei nicht bange, Alte“, unterbrach sie der junge Pflanzer, „ich habe keine bösen Absichten, ich komme einzig und allein aus Neugierde, und kann dem armen Menschen sogar nützlich sein. Wie aber konntest Du es wagen“, wandte er sich jetzt an den stumm und regungslos vor sich hinstierenden Quadroon9, „Dich so dreist zwischen Weiße zu drängen und mit ihnen zu spielen und zu trinken?“

       „Ich habe nicht mit ihnen getrunken“, antwortete eintönig Alfons.

       „Gleichviel“, entgegnete Guston, „Du musstest recht gut wissen, welcher Gefahr Du Dich aussetzt, und das ohne irgendeinen Zweck oder Nutzen davon zu haben; denn wenn Du wirklich das Mädchen gewannst, so wäre sie Dir, unter den Verhältnissen, doch nicht gelassen worden.“

       Alfons seufzte tief auf.

       „Aber sage mir, wo bist Du her? Du bist so weiß wie irgendeiner von uns; ich selbst würde nie einen Verdacht geschöpft haben, dass Du von schwarzem Blute abstammst. In welchem Verhältnisse stehst Du zu der Negerin? Denn einen geheimen Grund musst Du gehabt haben, Du hättest sonst nie etwas so Tollkühnes unternommen.“

       „Und was hülfe es mir und Euch, wenn ich die Geschichte meiner Leiden erzählte?“, sagte Alfons traurig. Es ist die Geschichte Tausender meiner Brüder, und Ihr mögt dieselbe in all‘ den südlichen Staaten dieses freien, gesegneten Landes finden! Oh, ein freies Land ist es!“, fuhr er, mit beiden Händen krampfhaft seine Schläfe fassend, fort.

       „Du selbst bist doch kein Sklave?“, sagte, schnell vom Stuhl aufstehend, der Pflanzer.

       „Nicht ich“, murmelte, traurig mit dem Kopf schüttelnd, der Unglückliche, „doch überzeugt Euch“, fuhr er, mehrere Papiere aus seiner Tasche hervor langend, fort, „überzeugt Euch selbst. Mein Vater schenkte mir die Freiheit; oh, ich glaubte es damals ein schönes Geschenk, ich wurde nicht mit den anderen Negerkindern, wie die jungen Mustang-Füllen, aufgezogen, ich durfte lesen und schreiben lernen und glaubte mich, durch die Weiße meiner Haut getäuscht, so frei und glücklich wie die Amerikaner. Es war ein kurzer, aber schöner Jugendtraum; überall kannte man mich, wusste, dass meine Mutter eine Mulattin sei, und der ‚verdammte Nigger‘ durfte sich an keinem Orte, wo sich Weiße aufhielten, sehen lassen, ohne die schmerzlichsten Kränkungen und Demütigungen zu erfahren.

       Mit leichtem Herzen würde ich auch das Land meiner Geburt verlassen haben, hätte nicht eine Sklavin meines Vaters – dasselbe junge Mädchen, welches heute ausgewürfelt wurde“, fuhr er mit leisem, zitterndem Tone fort, „mein Herz und meine Seele auf jener Pflanzung gefesselt gehalten. Selinde liebte mich wieder und Priesterhand sollte uns vereinigen, denn mein Vater hatte mir versprochen, sie frei zu geben und mir zu schenken. Da entriss mir der Tod plötzlich das einzige Wesen, das noch einen schützenden Einfluss auf mich ausgeübt hatte, denn auch meine Mutter war ein Jahr vorher gestorben, und Fremde nahmen das Eigentum in Besitz, das durch unvorsichtige Spekulationen, wie mir gesagt wurde, verschuldet und verpfändet war. Ich wurde mit wenigen Dollar in die Welt hinaus gestoßen, und Selinde, mit anderen Sklaven und Sklavinnen, da der neue Eigentümer selbst deren einige fünfzig aus Georgia mitgebracht hatte, an einen Sklavenhändler verkauft. Dieser verließ Alabama und wandte sich nach New Orleans, um dort für einen höheren Preis die billig eingehandelten Schwarzen zu verkaufen, was ihm auch mit allen gelang, Selinde ausgenommen, die er für sich behalten wollte, bis er mit ihr hier nach Bayou Sara kam und es ihm einfiel, sie auszuwürfeln.

       Ich war ihnen von meinem Geburtsort aus gefolgt und hatte oft mit Lebensgefahr das Mädchen, an dem mein Herz hing, zu sehen getrachtet; da hörte ich heute Morgen, hier eben angelangt, von dem beabsichtigten Würfelspiele. Neue Hoffnung belebte mich, ich glaubte mich hier von Niemandem gekannt, der weißen Farbe meiner Haut vertrauend, wagte ich mich in das Wirtshaus und wendete meinen letzten Cent, selbst einen Ring daran, den mir meine Mutter auf dem Sterbebett gegeben, um zwei Lose zu kaufen. Sie wissen das Übrige. Der junge Mann, der mich erkannte, ist ein Neffe meines Vaters – mein eigener Vetter.“

       Alfons schwieg, die beiden Frauen aber saßen in der Ecke und schluchzten; selbst Guston war gerührt.

       „Wie aber entgingst Du der Aufmerksamkeit des Sklavenhändlers?“, fragte er endlich nach einer Pause. „Der musste Dich doch auf Deines Vaters Pflanzung gesehen haben.“

       „Oft genug“, fuhr Alfons fort, „da ich aber mit im Herrenhause schlief und von den Sklaven stets als ‚Mr. Alfons‘ angeredet wurde, hatte er nicht den leisesten Verdacht geschöpft, dass ich selbst zu jener verachteten Rasse gehören könne.“

       „Und was denkst Du jetzt zu tun?“, fragte Guston teilnehmend, als er ihm die schnell durchgesehenen Papiere zurückgab.

       „Was k a n n ich tun?“ hauchte leise der Quadroon.

       „Sei morgen Abend wieder hier in diesem Hause“, sagte Guston aufstehend, „ich will mit dem Doktor morgen früh reden, vielleicht kann ich Dir helfen.“

       Alfons schüttelte, bitter lächelnd, den Kopf.

       „Heute ist so nichts mehr zu hoffen“, fuhr Guston, mehr zu sich selbst als zu dem anderen redend, fort, „um zehn Uhr fährt der Doktor mit der Dampffähre nach Pointe Coupé, und da wird für diesen…“

       „Heut Abend um zehn Uhr?“, fragte Alfons hoch aufhorchend.

       Die Dampffähre geht doch bei diesem niedrigen Wasserstande nicht mehr so spät in der Nacht?“, sagte die alte Mulattin, sich die Augen trocknend.

       „Es sind, wie ich eben hörte, Damen von Taylors Pflanzung auf dieser Seite des Flusses, und die verlangen noch übergesetzt zu werden“, erwiderte Guston, „da wollen sie den Doktor so lange schlafen lassen und dann mitnehmen; bis dahin ist er nüchtern und kann auf seine Sklavin Acht geben. Doch genug für heut Abend“, unterbrach er sich selbst, „ich habe vielleicht Unrecht getan, Dir so teilnehmend zuzuhören, da Du nach den Gesetzen des Staates, in dem wir nun einmal leben, eigentlich eher Strafe als Mitgefühl verdient hättest; doch wollen wir das für jetzt dahingestellt sein lassen; also leb‘ wohl, bis morgen Abend will ich sehen, was sich für Dich tun lässt, und halte Dich ein wenig verborgen, dass Du Deinem V e t t e r nicht wieder vor die Augen kommst, er scheint keinen großen Gefallen an seiner Verwandtschaft zu finden. – Schon gut“, sagte er, etwas zurücktretend und eine abwehrende Bewegung machend, als er sah, dass Alfons seine Hand ergreifen wollte, „schon gut, Du bist mir weiter keinen Dank schuldig, als dass ich Dich nicht verrate, und dazu fühle ich nicht die mindeste Lust. Also gute Nacht, Alte, gute

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