Die Pferdelords 01 - Der Sturm der Orks. Michael Schenk
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Dorkemunt war von ungewöhnlich kleiner Statur, und hätte er nicht den
grünen Umhang der Pferdelords getragen, so hätte man ihn von hinten wohl
für einen nicht besonders großen Knaben gehalten. Doch sein Gesicht zeigte
die Falten des Alters, und seine wettergegerbte Haut bewies, dass er sein
Leben überwiegend im Freien und auf dem Rücken von Pferden verbracht
hatte. Dorkemunt war ein Hornviehhirte der Ostmark, in der prachtvolle
Hornviecher und Pferde gediehen. So wie die Pferde der anderen Marken stark
waren, so besaß das Hornvieh hier ein schmackhaftes Fleisch, das gute Preise
erzielte. Dorkemunt hielt sich oft bei seiner Herde auf, und seine Gestalt
wirkte auf dem Rücken seines starken Wallachs wie die eines Zwerges, zumal
Dorkemunt als Waffe auch noch eine Streitaxt nutzte, die ihn an Länge weit
überragte. Als Reittier bevorzugte er wiederum einen Wallach, was ihn von
manch einem anderen Pferdelord unterschied. Er schätzte es nicht besonders,
wenn ein Hengst von einer rossigen Stute abgelenkt wurde, und schon gar
nicht, wenn dies kurz vor einem Kampf geschah. Dorkemunt hatte schon
manchen Kampf gefochten und dabei bewiesen, dass er mit seiner Axt
umzugehen wusste. Sein Körper war von diesen Kämpfen gezeichnet, und in
seinem Gesicht zog sich eine Narbe von der rechten Wange bis hinunter zu
seinem Kinn. Sein Lächeln wirkte daher stets etwas verzerrt und bösartig,
doch Dorkemunts Gutmütigkeit war im Weiler und allerorten bekannt.
In den letzten Tagen hatte Dorkemunt nun fast unentwegt gelächelt, was
daran lag, dass ein besonderes Fest ins Haus stand. Sein Sohn Dormunt würde
schon bald die Tochter von Hellewyn, der Gerberin, heiraten und eine eigene
Familie gründen. Dorkemunt freute sich darauf, seine künftigen Enkel auf den
Knien schaukeln und ihnen von den Taten der Pferdelords berichten zu
können, auch wenn seine Enkel ihn wohl sehr schnell an Statur überragen
würden.
Im Moment jedoch wirkte Dorkemunts Lächeln etwas gequält, denn jeder
Schritt seines braven Wallachs verursachte ihm Unbehagen. Am Abend zuvor
hatten sie in der Schenke des Weilers ausgiebig auf das künftige Paar
angestoßen. Das Volk der Pferdelords mochte zwar nicht viel Zeit für
Festivitäten haben, aber es verstand zu feiern. Am heutigen Tag würde man
die Feier fortsetzen, diesmal gemeinsam mit dem vermählten Paar, und noch
mehr Wein und Gerstensaft würden fließen. Doch schon jetzt am frühen
Morgen war sich der kleinwüchsige Pferdelord nicht sicher, ob sich mehr Blut
als Alkohol in seinen Adern befand. Er war zu den Herden hinausgeritten, um
sie zu kontrollieren.
Auf dem Hügel über der Herde sah Dorkemunt die Silhouette des Hirten
und ritt zu ihm hinüber. »Ihr seht nicht wohl aus, Dorkemunt«, sagte der
Reiter mitfühlend. »Mir scheint, es ist ein wenig spät geworden in der letzten
Nacht.«
Dorkemunt verzog sein Gesicht. »Es mag eher etwas zu früh gewesen sein,
mein Freund, denn es lohnte sich kaum noch, die Bettstatt aufzusuchen, und
der heutige Tag wird wieder lange währen.«
»Es wird aber auch ein Freudentag werden, mein Freund.« Der Hirte
schlug kameradschaftlich auf Dorkemunts Schenkel. »So wollen wir nun
hoffen, dass die beiden recht oft knarrzen und Euch eine reiche Schar an
Enkeln bescheren werden.«
Der kleinwüchsige Pferdelord nickte beifällig, stöhnte dann aber leise auf,
als ihm diese Bewegung erneut eine Welle von Schmerzen durch den Schädel
jagte. »Ich werde Euch gegen Abend ablösen kommen, mein Freund, damit
auch Ihr den einen oder anderen Becher auf das Wohl des Brautpaars leeren
könnt.« Er bemerkte den fragenden Blick des anderen und lachte. »Bis das
Haus meines Sohnes Dormunt bereit ist, habe ich ihm und seiner Braut das
meinige angeboten.«
Der Hirte grinste breit. »Ihr könnt die Enkel wohl kaum erwarten.« Er wies
auf die Herde unten im Tal. »Bei der Herde ist alles wohl, Dorkemunt, mein
Freund. Reitet beruhigt in den Weiler, ich gebe acht. Aber Ihr könntet mir
Eure Wasserflasche überlassen. Meine wurde undicht und befeuchtete nicht
meine Kehle, sondern nur mein Bein.«
Also tauschten sie die Wasserflaschen aus, und Dorkemunt ritt zum Weiler
zurück.
Die Ostmark war, wie das gesamte übrige Land der Pferdelords auch,
überwiegend von weiten Ebenen geprägt. An der östlichen Grenze der Mark
befanden sich ausgedehnte Sumpfflächen, die wiederum an den großen Fluss
grenzten, der von Norden kam und im Süden durch die Länder der alten
Könige führte. Zwischen dem Sumpf und der steppenartigen Ebene des Tals
erhoben sich ausgedehnte Wälder, die das Baumaterial für Dorkemunts
Weiler geliefert hatten, dessen Häuser im traditionellen Stil der Pferdelords
errichtet worden waren.
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