Zwillingsmord. Rainer Rau
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Als die Arbeiten nach einem Dreivierteljahr beendet waren und beide Hohenfels einzogen, sah man äußerlich nichts mehr von dem neuen Keller. Der Ausbau des Anwesens kostete Hohenfels das Dreifache des Kaufpreises.
Im Keller richtete Prof. Hohenfels in den darauffolgenden Wochen eine Praxis ein, die mit teuren und hochmodernen medizinisch-technischen Geräten bestückt wurde.
Sein Drang nach Forschung und Erforschung der Willenskraft von Zwillingen konnte gelebt werden.
Das gestaltete sich für Hohenfels zunächst schwieriger, als er vermutete. Er kam nicht so recht an Informationen und an Daten von Zwillingen, die er benötigte, obwohl er deutschland- und auch weltweit Verbindungen hatte.
Dann versuchte er, von Schulen und Kindergärten Adressen zu bekommen.
Schließlich hatte er Erfolg, als er den Schulen im Kreis Marburg anbot, im Rahmen einer Klinikbesichtigung Schülern die Möglichkeit zu geben, in eine Schönheitsfarm zu schauen und die Arbeit in der Klinik hautnah zu beobachten.
In der dritten Besucherklasse befanden sich Zwillinge. Hohenfels war in großer Erregung. Zwei Jungen im Alter von zehn Jahren fanden seine ganze Aufmerksamkeit.
Der Migrationshintergrund, es waren Einwanderer aus der Türkei, war von seiner Warte aus eher positiv zu sehen. Es würden keine Beschwerden von Türken an ihn gerichtet werden, so nahm Hohenfels an.
Hohenfels demonstrierte der Klasse, wie eine Blutentnahme geschah und suchte sich wie zufällig einen der Zwillinge aus.
»He, Junge, du da! Wie ist dein Name?«
Etwas eingeschüchtert sagte der Kleine: »Ergan.«
»Gut, Ergan. Hast du Mut?«
Das darf man einen türkischen Staatbürger, auch wenn er erst zehn Jahre alt ist, nicht fragen. Wenn er jetzt nein gesagt hätte, wäre später zuhause sehr wahrscheinlich ein Drama passiert.
In diese Richtung gingen auch die Gedanken von Hohenfels.
Logischerweise sagte Ergan auch sofort zur Mutfrage: »Ja.«
»Gut. Dann setz dich mal auf den Stuhl und ihr anderen haltet ein wenig Abstand. Dein Bruder geht mal ganz nach hinten.«
Hohenfels flüsterte Ergan zu: »Pass auf. Wir machen einen Streich. Wir erschrecken die anderen mal ganz doll. Wenn ich dir die Hand drücke, dann schreist du laut auf vor Schmerz.«
Er zwinkerte dem Kleinen zu und dieser grinste und spielte mit. Hohenfels entnahm eine sterile Spritze und hielt sie so, dass keiner sehen konnte, dass er nicht in den Arm von Ergan einstach. Er suchte den Blick von Ergans Bruder und drückte mit der Hand zu. Sofort schrie Ergan wie am Spieß.
Alle Anwesenden, die beiden Lehrerinnen inbegriffen, waren schockiert. Nur einer nicht. Den schien das Ganze völlig kalt zu lassen: Ergans Bruder.
Als nun Ergan und der Arzt lachten, wurde so langsam allen klar, dass das eine abgemachte Sache war.
»Also, das war nur ein Scherz und Ergan hat prima mitgespielt. Jetzt wird es aber wirklich ernst.«
Und somit stach ihm Hohenfels die Nadel in die Vene. Nicht gerade sanft. Er konnte das besser, aber er wollte es nicht. Das Blut lief in die Kanüle und auch hierbei zitterte der Arzt.
Ergan verzog das Gesicht und hatte Schmerzen. Sein Stolz ließ es aber nicht zu, dass er weinte.
Hohenfels Blick ruhte auf dem Gesicht von Ergans Bruder. Und dort glaubte er, schon als er die Spritze ansetzte, einen Hauch von Entsetzen zu sehen.
Eine weitere Person schaute sehr irritiert auf Hohenfels. Es war seine schrullige Mitarbeiterin, Frau Lau-mann. Hohenfels’ Blick begegnete dem der Frau nur kurz, machte ihn aber nachdenklich. Dann konzentrierte er sich wieder auf seinen Patienten.
Die Kanüle war voll und Hohenfels sagte: »Na, Ergan. War doch gar nicht so schlimm, oder?«
Der schüttelte mit dem Kopf und war froh, es überstanden zu haben.
»Weil du so schön tapfer warst, bekommst du auch ein Geschenk.«
Ein fernsteuerbares Rennauto ging in den Besitz von Ergan über.
»Sag mir doch deine Adresse, falls du später doch Schmerzen hast.«
Hohenfels wollte auf diese Adresse zurückkommen. Und das sehr bald.
Er zog aus diesem Experiment das Resultat: Bei dem simulierten Schmerz verzog der Bruder keine Miene. Bei dem echten Schmerz, so glaubte Hohenfels, war schon kurz vorher ein Erkennen zu sehen. Das war für Hohenfels der Beweis. Mehr noch. Es war der Beginn des Durchbruchs. Dies konnte ein Meilenstein in der Forschung der Parapsychologie sein. Der Nobelpreis rückte in greifbare Nähe. Nur der Beweis fehlte. Das wäre doch auch irgendwie zu machen.
Wenn Hohenfels zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, in welchen verbrecherischen Sumpf er sich im Laufe der nächsten Jahren begeben würde, hätte er sicherlich seine Forschungen eingestellt, bevor sie überhaupt begonnen hatten. Dies geschah zum Leidwesen einiger Zwillinge leider nicht. Jetzt musste er am Ball bleiben und weitere Experimente starten. Das machte er schon am nächsten Tag.
Als die Brüder Ergan und Özdemir von der Schule nach Hause kamen, stand er abseits an der Straße. Er winkte sie zu sich und fragte, ob denn alles in Ordnung wäre und der Schmerz nachgelassen hätte.
Ergan bejahte es und erklärte, dass es nicht so schlimm gewesen wäre.
Hohenfels wollte von Özdemir wissen, ob er sich auch ein schönes ferngesteuertes Auto wünschte.
Als dieser bejahte, sagte Hohenfels: »Ihr braucht nur noch mal in meiner Privatpraxis vorbeizuschauen und von Özdemir möchte ich etwas Blut abnehmen. Tut auch nicht weh.«
Sie waren einverstanden, mussten jedoch erst zum Mittagessen gehen und ihrer Mutter die Hausaufgaben zeigen. Er musste also warten. Die Aussicht auf ein weiteres Experiment bremste seine Geduld herunter.
Nachdem die Brüder wieder aus dem Haus kamen, nahm Hohenfels sie im Auto mit zu seiner Hofreite. Er erklärte ihnen, dass er einige Messungen am Kopf von Ergan durchführen wollte.
Als dieser ängstlich schaute, sagte er ihm, dass er keine Angst zu haben brauche, es würde bestimmt nicht weh tun und ginge auch ganz schnell.
Im Keller setzte er Ergan auf einen Stuhl und befestigte einige Elektroden an seinem Kopf und am Brustkorb. Ein hochmoderner Computer zeichnete die Herzfrequenz, Puls und Gehirnströme auf.
»So, alles klar? Siehst du, es tut nicht weh. Ich muss jetzt noch deine Arme und den Kopf etwas fixieren, damit du ganz still hältst. In der Zeit gehe ich mit deinem Bruder nach nebenan und entnehme ihm etwas Blut. Also, bis gleich.«
Er schloss die Tür. Der Raum war schalldicht, so konnte kein Ton nach nebenan dringen. Hohenfels setzte auch Özdemir auf einen Stuhl und band ihm Arme und Beine mit Klettband fest.
Der Junge ahnte etwas und wollte wieder aufstehen, was nun aber nicht mehr ging. Hohenfels fixierte den Kopf des