Djihad. Christoph Hoenings

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Djihad - Christoph Hoenings

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      „Musst du! Alles andere wäre eine ungeheure Beleidigung der Gastgeber!“ zischte Graf.

      Kellermann und Hartung kauten sichtlich lustlos auf der weitgehend geschmacksneutralen elastischen Masse herum, bis Graf ihnen sagte:

      „Mit einem Schluck Flüssigkeit geht´s leichter.“

      Anschließend versicherten alle vier lauthals ihren Gastgebern, selten etwas Besseres gegessen zu haben, was prompt dazu führte, dass Admiral Zaif noch weitere Zicklein nachbestellen wollte, was aber unter lautstarkem Protest gerade noch abgewendet werden konnte.

      Dafür war das Fleisch der Zicklein zart und gut gewürzt und entschädigte für die Augen.

      Admiral Zaif, der als Gastgeber Graf gegenüber saß, hatte bisher weitgehend die Konversation bestritten. Nun jedoch, während des Essens, wurde auch die Unterhaltung am Tisch gelöster. Die Teilnehmer, begannen, sich miteinander zu unterhalten und nicht nur ihren Vorgesetzten zuzuhören.

      Der Stellvertreter Zaifs, Konteradmiral Abdallah bin Athel, war der unmittelbare Tischnachbar Grafs. Bin Athel wandte sich an den neben ihm sitzenden Rupert Graf und sagte:

      „Einem Mitglied unserer königlichen Familie ist es äußerst wichtig, dass das erste Boot innerhalb der kommenden zwei Jahre hier zur Verfügung steht. Diese Person hat das Geld für die Boote bereit gestellt, unter genau dieser Bedingung. Es ist eine sehr ehrgeizige Aufgabe für unsere Marine, bis dahin eine geeignete Mannschaft ausgebildet zu haben.“

      Graf dachte daran, wie ehrgeizig es war, den Saudis das Boot zu diesem Zeitpunkt versprochen zu haben. Er fragte:

      „Warum diese kurze Frist?“

      Admiral Abdallah bin Athel schien plötzlich erschrocken über seine eigene Offenheit.

      „Das darf ich nicht sagen. Das ist ein Geheimnis!“

      Ahmed Falouf und Siddiqui saßen währenddessen gemeinsam im Warteraum für Chauffeure im Offiziersclub. Da der Club zahlreiche Sportmöglichkeiten bot und es tagsüber zu heiß war, um sich im Freien sportlich zu betätigen, waren selbst um diese Nachtzeit noch etliche Offiziere unterwegs auf den Joggingpfaden, auf den beleuchteten Tennisplätzen, sogar im ebenfalls beleuchteten Schwimmbecken.

      Da der Club weiterhin über mehrere Restaurants verfügte, in denen rund um die Uhr Mahlzeiten serviert wurden, waren um diese Zeit sicherlich noch weit mehr als hundert Besucher hier. Wie die Anzahl der Autos auf dem Parkplatz zeigte, waren die meisten Besucher selbst hierher gefahren. Dennoch saßen rund vierzig Chauffeure in dem Warteraum.

      Obwohl sich die meisten untereinander kannten, namentlich, oder zumindest vom Sehen, gab es kaum Unterhaltungen zwischen den Wartenden. Dies lag einmal an Sprachschwierigkeiten. Keiner von ihnen war ein Saudi. Auch wenn sie alle aus arabischsprachigen Ländern stammten, erschwerten doch die unterschiedlichen Dialekte oder die sprachlichen Eigenheiten ihrer Herkunftsländer die Verständigung. Siddiquis Hauptsprache war Urdu, eine der vielen Sprachen Pakistans, die jedoch mit zahlreichen arabischen und persischen Wörtern durchsetzt war.

      Während die meisten der Fahrer trotz des aus dem Fernsehgerät quäkenden Lärms dösten oder gar fest schliefen, vertrieben sich Ahmed Falouf und Siddiqui die Zeit mit einem Würfelspiel. Sie spielten zwar nur um geringe Beträge, trotzdem hatte Siddiqui einen höheren Haufen Rialscheine vor sich liegen als Ahmed.

      Ahmed Falouf ließ Siddiqui bewusst gewinnen. Nicht ständig, gelegentlich gewann er selbst mal ein paar Geldscheine zurück, aber er spielte so, dass der Gewinn Siddiquis sich stetig erhöhte.

      Siddiquis dunkles Gesicht glänzte vor Stolz und Freude.

      Er war bester Laune.

      Ebenso wie Ahmed schickte Siddiqui den größten Teil seiner Einkünfte nach Hause, nach Pakistan, wo er seine Familie unterstützte. Diese bestand aus seiner unfruchtbaren Frau und aus seiner alten Mutter und mehreren unverheirateten Schwestern. Der Vater, der mehrere Ehefrauen hatte, hatte die Mutter vor einigen Jahren verstoßen und war mit seiner jüngsten Frau nach Karachi verschwunden. Siddiqui hatte noch Kontakt zu seinem älteren Halbbruder Shamin. Obwohl Shamin von einer anderen Ehefrau seines Vaters geboren worden war, hatten sie als Kinder miteinander gespielt und und waren gemeinsam aufgewachsen.

      Zudem sparte Siddiqui heimlich Geld, um irgendwann eine zweite Ehefrau kaufen zu können.

      „Ich wüsste, wie du sehr viel mehr Geld verdienen könntest“, sagte Ahmed Falouf. „Und dafür müsstest du nicht einmal arbeiten.“

      Und dann setzte Ahmed dem immer mehr interessierten Siddiqui auseinander, wie er durch das heimliche Mitschneiden der Telefonate des Admirals zu einem schönen Zusatzverdienst gelangen würde.

      Rupert Graf hatte noch in der selben Nacht ein Treffen mit Scheich Mahmut al Ibrahim in einem von dessen Anwesen in Riad. Neidvoll hatte Graf dem Auto von Oberst Kunzelmann nachgesehen, in dem seine beiden Kollegen zum Hotel gebracht wurden, während einer der Angestellten Mahmuts ihn durch die nächtlichen leeren vielspurigen Straßen Riads chauffierte. Es war mittlerweile halb drei Uhr morgens.

      Graf erkannte, dass das Haus Mahmuts in einer Gegend lag, in der auch zahlreiche Prinzen der Königsfamilie ihre Paläste hatten. Mahmut würde hier mehrere Häuser besitzen, für jede seiner Ehefrauen eines, und vermutlich weitere für Frauen, von denen er sich geschieden hatte.

      Fast alle Grundstücke nahmen jeweils einen ganzen Straßenblock ein. Zumeist waren die Grundstücke von hohen Zäunen umgeben, hinter denen sich großzügige Rasenflächen erstreckten, inmitten derer dann der von hohen Mauern geschützte und von zahlreichen Scheinwerfern angestrahlte eigentliche Gebäudekomplex lag.

      Straßen, Rasenflächen, Mauern und Gebäude waren in helles gelbliches elektrisches Licht getaucht. Energie war nicht etwas, an dem man in diesem Land sparen musste.

      Das Haus, zu dem Graf gefahren wurde, unterschied sich nicht von den anderen Gebäudekomplexen: Viel Marmor, viel Stuck, viele goldfarbenen Verzierungen, trotz moderner Bauweise den arabischen Charakter zum Ausdruck bringend.

      Beinahe hätte Rupert Graf Scheich Mahmut nicht erkannt. Graf sah Mahmut zum ersten mal in arabische Kleidung gehüllt, weißer Burnus, darüber einen goldfarbenen Umhang, als Kopfbedeckung eine strahlend weiße Kufiya. Mahmut erwartete ihn in einem riesigen Wohnraum, an dessen Wänden Sofas und Diwane aufgereiht waren, so dass locker fünfzig Personen hier Platz finden würden.

      Mahmut jedoch war allein.

      Trotz der zahlreichen Bediensteten, die Graf auf dem Weg vom Auto bis in diesen Saal hatte sehen können, war von der draußen vor den Türen herrschenden Geschäftigkeit hier nichts zu hören.

      Vor Mahmut stand ein Tisch, überladen mit Mezze, arabischen Vorspeisen.

      Graf wusste, allein aus Höflichkeit würde er gleich noch davon kosten müssen, obwohl er gerade ein schweres Abendessen zu sich genommen hatte.

      „Was wollen Sie trinken, Mr. Graf?“ fragte Mahmut gutgelaunt. „Whisky, Cognac, Champagner, Wein?“

      Graf entschied sich für Weißwein. Mahmut bellte einige arabische Worte in ein kabelloses Telefon, woraufhin ein Diener erschien und eine Flasche Montrachet für Graf und eine Flasche Black Label für Mahmut brachte.

      Nachdem die Gläser gefüllt und der Diener verschwunden war, prostete Mahmut

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