Djihad. Christoph Hoenings

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Djihad - Christoph Hoenings

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      „Frolleinchen, entweder kaufen Sie die Zeitung oder Sie legen sie zurück! Wir sind hier kein Lesesaal!“ sagte die Dame hinter dem Verkaufsstand.

      Mit Widerwillen zahlte Sabine Sadler für das Blatt und zog sich in eine Ecke der Cafeteria des Krankenhauses zurück.

      Das Bild war auf einer der letzten Seiten.

      Es war kein großes Bild, und es war nur eines von mehreren auf dieser Seite. Trotzdem, Sabine Sadler war nicht zu verkennen. Sie stand mitten im intimen Kreis monegassischer Prominenz: Der Prinzessin, deren Gemahls, einer höchst bekannten Schauspielerin und eines steinalten Rockstars, die alle ihr zuprosteten. Und sie selbst mittendrin! Lächelnd, mit einem Glas Champagner in der Hand.

      Und darunter gedruckt ein schwülstiger Kommentar über die schöne Unbekannte, die entweder dem Mitglied des Fürstenhauses oder dem Musiker ihr huldvolles Lächeln schenkte. Man würde sehen, wem von den beiden diese Dame ihre Gunst gewähren würde.

      In diesem Moment klingelte ihr Handy.

      Als sie das Gespräch annahm, hörte sie die zornige Stimme ihres Vaters in ihrer Mailbox:

      „Ich lese ja nicht die verdammten Zeitungen, die der Lesezirkel in mein Wartezimmer legt. Trotzdem bin ich gespannt auf deine Erklärung, wie ein Bild von dir, aufgenommen zu einer Zeit, zu der deine Mutter und ich überzeugt waren, du seist in Düsseldorf, in eines dieser Scheißblätter geraten ist!“

      Hakeem bin Zaif hatte sich während des Morgengebetes nicht auf die Koranverse konzentrieren können, die der Muezzin vom Minarett der nahe gelegenen Moschee rief. Lautsprecher verzerrten die Töne und die Stimme des Mannes. Das wäre an und für sich kein Problem gewesen. Hakeem kannte die Verse des Morgengebetes ohnehin auswendig.

      Was Hakeems Gedanken abschweifen ließ, war die im Club geführte Unterhaltung.

      Die Marine würde U-Boote beschaffen.

      Khalid würde nach Europa gehen.

      Er selbst hatte zwar beschlossen, in Deutschland ein Studium zu beginnen, aber das konnte er genauso gut in einem der anderen Länder aufnehmen, die als Lieferanten in Frage kamen.

      Hakeem wusste, dass sein Vater ihm keine Steine in den Weg legen würde, wenn er den Wunsch äußerte, in dem Land zu studieren, in dem die Boote gebaut würden. Im Gegenteil, sein Vater würde eher froh darüber sein, weil ihm dies Gelegenheit gab, auf Dienstreisen, die sicherlich regelmäßig stattfanden, seinen Sohn zu besuchen.

      Trotz seines Wohlstandes war sein Vater nicht gerade großzügig im Umgang mit Geld.

      Wie hatte Hadschi Omar gesagt?

      „Sieh zu, dass du in der Nähe sein kannst! Damit kannst du Allah am besten dienen.“

      Hakeem hatte die halbe Nacht darüber nachgegrübelt, was der Imam gemeint haben mochte.

      Er wollte so gern einen Beitrag dazu leisten, die Ungläubigen von den Heiligen Stätten zu vertreiben. Einen Beitrag, dass alle gläubigen Muslims ungehinderten Zugang zum Felsendom in Jerusalem erhielten, die Steine anbeten konnten, auf denen einst Ibrahim seinen Sohn Isaac hatte opfern wollen und auf denen der Prophet Mohammed auf seinem nächtlichen Ritt gen Himmel Rast gemacht hatte!

      Hakeem bin Zaif war zutiefst erfüllt von dem Wunsch, Allah zu dienen. Er war bereit, sich zu opfern. Zum Lobe Allahs! Hakeem dachte nicht so sehr an die Huris, die seinen Aufenthalt im Paradies verschönern würden. Das wäre selbstsüchtig gewesen, und der Koran verbot Selbstsucht! Aber Hakeem bin Zaif war sicher, Allah würde ihm seine Hingabe belohnen.

      Hakeem bin Zaif interessierte sich plötzlich sehr für die Probleme, die der Beruf seines Vaters aufwarf.

      Admiral Zaif, stolz und erfreut über dieses Interesse, wurde nicht müde, seinem Sohn die taktischen Möglichkeiten der verschiedenen Schiffstypen, über welche die Marine des Königreiches verfügte, zu beschreiben. Zaif beschrieb aber auch die Schwierigkeiten, die es bereitete, eine reibungslose Kommunikation der eigenen Schiffe mit den Einheiten der US-Navy sicherzustellen, die im Arabischen Golf operierten. Wie Zaif nachdenklich, aber auch begeistert berichtete, ging es hierbei nicht darum, dass die Kommandanten nicht in der Lage wären, miteinander über Funk zu sprechen. Es ging um das Empfangen und Verwerten von Signalen, die von den Schiffen und deren Hubschraubern aufgefangen wurden, um die Steuerung von Raketen, die von einem Schiff abgefeuert wurden und von einem anderen Schiff in ihr Ziel gesteuert werden sollten.

      „Du musst dir vorstellen, Hakeem, die Radaranlagen eines einzigen Schiffes reichen aus, um den An- und Abflugverkehr eines großen Flughafens zu kontrollieren. Alles, was sich in einem Umkreis von einhundertfünfzig, zweihundert Kilometern in der Luft befindet, wird, so Allah will, erkannt und analysiert. Verkehrsflugzeuge haben eine Freund-Feind-Erkennung. Das Verkehrsflugzeug sendet unablässig Signale aus, die es als solches erkennen lassen. Gerade in Krisengebieten ist das von größter Wichtigkeit. Es gab den Vorfall mit der USS Vincennes.“

      Hakeem zuckte mit den Schultern.

      „Damals warst du noch nicht geboren! Im Juni 1988 startete ein Airbus der Iranian Airways in Bandar Abbas zum Überflug über den Golf. Die Freund-Feind-Erkennung war, wie man mit Allahs Hilfe später herausfand, nicht eingeschaltet. Die Systeme an Bord der amerikanischen Fregatte Vincennes erkannten lediglich, dass ein Flugzeug auf sie zukam. Da sich dieses Flugzeug nicht als Verkehrsmaschine identifizierte, war es für die Computer an Bord der Fregatte automatisch als Feind eingestuft. Innerhalb weniger Sekunden musste reagiert werden. Die Computer haben reagiert. Ohne dass irgendjemand an Bord des Schiffes hätte eingreifen können, setzten die Computer der Vincennes eine Rakete in Gang, die das Flugzeug vom Himmel holte. Zweihundertneunzig Menschen starben. Allah sei ihren Seelen gnädig!“

      Admiral Zaif nahm einen Schluck aus seinem Teeglas.

      „Wir haben damals, Allah sei Dank, viel Glück gehabt. Eine unserer Fregatten war näher unter der iranischen Küste positioniert. Hätten alle Systeme richtig kommuniziert, wäre die Rakete von unserem Schiff abgefeuert worden, obwohl die amerikanische Fregatte das Flugzeug eher erkannt hatte. Ohne dass jemand an Bord unseres Schiffes geahnt hätte, warum, wäre eine Rakete abgefeuert worden!“

      „Und wieso hat das damals nicht funktioniert?“ wollte Hakeem wissen.

      „Kompatibilitätsprobleme. Unsere Computer, zusammengestellt in Frankreich, haben nicht auf die Signale der amerikanischen Computer reagiert. Es war Allahs Wille, Allah sei Dank!“

      „Wieso?“

      „Kannst du dir vorstellen, wie der Iran reagiert hätte?! Beinahe dreihundert Menschen abgeschossen von einem Volk, dass sie als ihre Vettern betrachten? Eine Katastrophe wäre das gewesen!“

      „Und heute funktioniert das?“

      „Erheblich besser als damals, aber immer noch nicht völlig reibungslos. Es wurde eine Menge Arbeit und Geld investiert, um das zu erreichen. Aber es geht ja nicht nur um das, was am Himmel herumfliegt. Hunderte von Schiffen, die im Golf herumkreuzen, müssen identifiziert werden. Tanker, Frachter, aber auch Kriegsschiffe.“

      „Und wie geht das?“

      „Tanker und Frachter sind aufgrund ihrer großen Radarsilhouette relativ einfach zu erkennen. Schwieriger ist das mit den Kriegsschiffen. Bei deren Bau wird großen Wert darauf gelegt, die Radarsilhouette so klein wie möglich zu halten. Ein modernes Marineschiff

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