Sky-Navy 12 - Die Maske fällt. Michael Schenk

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Planeten Narret und weit außerhalb der hektischen Betriebsamkeit der Hauptstadt Narret´Nar. Die Residenz unterschied sich von allen sonstigen Bauwerken der Norsun. Ein Ring aus grausilbernem Metallplastik, gut einen Kilometer im Durchmesser, zwanzig Meter hoch und hundertzwanzig Meter dick. Zwei kreuzförmig angeordnete Segmente trafen sich in der Mitte, wo sich die transparente Kuppel der Aufenthaltsräume der kleinen Mutter befand. Der sonstige Raum innerhalb des Rings war als Park ausgelegt. Drei mächtige gekrümmte Bogen stiegen vom Außenring auf, neigten sich nach innen aufeinander zu, ohne sich jedoch zu treffen. Sie waren den Stacheln der Norsun nachempfunden und beherbergten die wenigen Offensiv- und Verteidigungssysteme der Residenz. Noch nie im achthundertjährigen Krieg war es dem Feind gelungen, den Sitz einer kleinen Mutter direkt zu bedrohen.

      Die große Mutter und die ihr untergebenen kleinen Mütter waren die Führungselite der Norsun. Obwohl die meisten Angehörigen des Volkes von einfachen Weibchen abstammten, waren es die Mütter, welche die Eliten hervorbrachten. Ihre Eier beinhalteten Hormone, welche die Intelligenz des Brütlings steigerte. Wer von der großen Mutter oder einer der kleinen Mütter stammte, der war ein Adliger und erhielt stets eine hohe Position in der Welt der vielen Stämme.

      Im Augenblick nutzte die kleine Mutter Narret den Park ihrer Residenz, um sich ein wenig zu erholen. Sie war deutlich größer als ein gewöhnlicher Norsun und ihr Hinterleib wirkte aufgedunsen, da Narret, zusätzlich zu den Eiern, auch Hormone und spezielle Nährstoffe produzieren musste. Das Gehen war ihr längst unmöglich und so ruhte sie auf einem gepolsterten Motorwagen, der von vier Leibwachen eskortiert wurde.

      Narret genoss die Komposition aus den Duftstoffen der zahlreichen verschiedenen Pflanzen, die hier wuchsen und ihre Farbenpracht präsentierten. Insekten schwirrten umher, bestäubten die Blüten und sammelten deren Honig, dessen Genuss ausschließlich den Müttern und Adligen vorbehalten war.

      Neben der Ehrenwache wurde Narret von Nor begleitet. Er war die führende Hand des Wissens im Stamm der Narret-Norsun und der persönliche Berater der kleinen Mutter. Ihr Gespräch drehte sich um den Konflikt zwischen Norsun und Menschen, denn die Nachricht vom Überfall des fremden Volkes auf Kell´Nar hatte überall Beunruhigung hervorgerufen.

      „Ich glaube nicht, dass von den Menschen eine ernsthafte Bedrohung ausgeht“, meinte die kleine Mutter Narret. „Wir wissen wie erbärmlich klein ihr Machtgebiet ist. Ihre Zahl ist gering und das gilt erst recht für die ihrer Schiffe und ihrer Stecher.“

      „Deine Worte sind weise, ehrwürdige kleine Mutter.“ Nor trug lediglich die leuchtende Schärpe seiner Amtswürde und so konnte sein Hinterleibstachel die vielfältigen Pheromone der Pflanzen aufnehmen. Sie bereiteten ihm ein fast euphorisches Wohlbehagen, doch sein Verstand blieb davon ungetrübt. „Dennoch erlaube ich mir auf die verhängnisvolle Schlacht hinzuweisen, welche eine Flotte der großen Mutter um jene erbärmliche Welt führte, die von den Langnasen Regan genannt wird. Ihre Schiffe sind nicht zahlreich, doch ihre Waffen sind stark. Die große Mutter handelt weise, da sie zögert die Schlacht gegen die Menschen aufzunehmen. Wir wissen noch zu wenig von ihnen.“

      „Wir wissen genug um sie vernichten zu können.“

      „Verehrungswürdige kleine Mutter, einst dachten wir auch bezüglich der Flachschlitznasen so. Als wir den Negaruyen begegneten begriffen wir, dass der Weltraum nur ihnen oder uns genug Platz bietet. Wir kannten alle ihre Welten und so entschloss sich die damalige große Mutter, die Flachschlitznasen auszulöschen.“

      „Ich kenne diese alten Legenden ebenso wie du, Nor.“

      „Daran habe ich keinen Zweifel“, versicherte der Wissende. „Und doch erfülle ich meine Pflicht, in dem ich dich an die damaligen Ereignisse erinnere. Wir nahmen uns die Ehre des ersten Stechens und konnten viele Welten und Schiffe der Negaruyen auslöschen. Doch sie waren stärker, als wir angenommen hatten. Sie leisteten Widerstand gegen das Unvermeidliche. Ja, es gelang den Flachschlitznasen sogar, ihrerseits einige unserer Welten anzugreifen und die Stämme zweier kleiner Mütter zu ermorden.“

      „Beim Feuerfall von Istwagh, die Abgründe mögen die Negaruyen und ihre Brut verschlingen“, sagte Narret und ihre Stimme und Duftstoffe spiegelten die Empörung wieder, die sie empfand. „Sich an einer kleinen Mutter zu vergreifen ist empörend.“

      „Das ist es“, stimmte Nor voller Überzeugung zu. „Verehrungswürdige kleine Mutter, das erste Stechen gegen die Negaruyen liegt nun schon weit in der Vergangenheit und doch sind diese hässlichen Kreaturen noch immer nicht bezwungen. Wir wissen nicht wie viele Welten sie noch beherrschen. Wir wissen nicht wie viele Schiffe sie besitzen. Doch wir wissen, dass sie noch immer kämpfen.“

      „Sie verlieren.“

      „Ganz gewiss verlieren sie. Doch in letzter Zeit haben sie neuartige Waffen entwickelt. Den Zersetzer, der das grüne Biometall unserer Schiffe auflöst und sie haben neue Waffen, die nicht mit Energie schießen, sondern mit Dingen aus Metall, die beim Aufschlag explodieren. Sie zertrümmern auch die härtesten Panzer unserer Schiffe.“

      „Ausführende Hand des Wissens, du willst doch nicht behaupten, die widerlichen Flachschlitznasen seien dem erhaben Volk der Norsun überlegen?“

      Nor´s Körperfarbe wurde eine Spur heller und er ging hastig in eine demütige Haltung über. „Verzeih, verehrungswürdige kleine Mutter Narret, du Sonne und Schoß des Stammes von Narret, wenn ich es wage, dich an die Gefährlichkeit des Feindes zu erinnern. Doch dies ist meine Aufgabe, Herrin.“

      Narret zögerte kurz, bevor sie ihre Fühler zustimmend nach vorne knickte. „Deine Worte sind überlegt und angemessen, führende Hand des Wissens. Du hast mich stets gut beraten und es gibt nichts zu verzeihen, wenn du deine Aufgabe so mutig erfüllst. Ja, die neuen Waffen der Flachschlitznasen sind beunruhigend. Selbst die formbare goldene Energie vermag uns nur unvollkommen zu schützen. Doch die große Mutter sagt, dass wir ebenfalls so schreckliche Waffen entwickeln. Waffen, gegen die auch die Panzer der Negaruyen wirkungslos sind.“

      „Die besten Hände des Wissens aller Stämme erforschen die neuen Waffen. Auch sie werden Gegenstände werfen, die jede Hülle und Panzerung zerschlagen. Ihre Konstruktionspläne werden schon sehr bald verfügbar sein und dann wird jeder Stamm sie in seinen Industrien bauen können. Die Schiffe der großen Mutter und der kleinen Mütter werden unüberwindlich sein.“

      Nor bezweifelte seine eigenen Worte. Doch wenn die Hantelschiffe denen des Feindes wieder gleichwertig waren, dann musste sich die enorme Übermacht der Stämme rasch bemerkbar machen.

      „Ich kann deine Zweifel riechen“, stellte Narret fest. „Auch wenn sie vom Duft der Blüten fast überdeckt werden.“

      Nor knickte verlegen die Fühler nach vorne. „Nichts ist wirklich gewiss, verehrungswürdige kleine Mutter.“

      „Außer dem Sieg der Stämme.“

      „Gewiss“, räumte Nor ein. „Letztlich haben wir jedes Volk bezwungen, welches sich uns im Weltraum entgegen stellte.“

      „Es ist die Bestimmung der Stämme, über die Sterne zu herrschen“, zitierte Narret die Doktrin der Norsun. „Doch ich verstehe nun deine Bedenken gegenüber den Langnasen der Menschen.“

      Nor erlaubte sich das Äquivalent eines menschlichen Lächelns. „Ihre Energiewaffen sind erbärmlich, doch ihre Dingwaffen erschreckend. Sie vernichteten damit bei Regan auch die größten Schlachtschiffe der großen Mutter und die goldene Energie konnte sie nicht schützen. Es ist weise abzuwarten, bis wir über eigene effektive Dingwaffen verfügen.“

      „Ich halte dies für überlegt und angemessen. So werden wir mit der Vernichtung der Menschen

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