Ömmes auf der krummen Straße. Klaus Blochwitz

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Ömmes auf der krummen Straße - Klaus Blochwitz

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alte Leute, die kaum noch laufen konnten, und wir marschierten in den Winter!“

      Die Frau schluchzte auf: „Die Menschen erfroren einfach, sie fielen am Straßengraben um und blieben einfach liegen, der Schnee deckte sie in kurzer Zeit zu. Ein riesiges weißes Leichentuch…“

      Nach dem Todesfall wurde der Kontakt mit den beiden Familien in der Nachbarschaft doch enger, die Frau war völlig hilflos,sie hatte von nichts eine Ahnung und war heilfroh, dass sie so selbstverständlich Hilfe bekam. Ihre beiden Kinder waren schon lange aus dem Haus und kamen nur noch selten zu Besuch.

      Ein paar Tage nach der Beerdigung saßen Hermann, Jürgen und Herbert bei Ömmes an der Theke und erzählten dies und das und irgendwann erzählte Jürgen von früher, aus ihrer gemeinsamen Kinder- und Jugendzeit.

      Es war Anfang der fünfziger Jahre, als sich eine Gruppe Jungs mit zum Teil abenteuerlichen Fahrrädern bei Jürgen traf. Einige hatten blaue Hemden mit blau-gelb-gestreiften Halstüchern angezogen, der größte Teil der Gruppe war jedoch kunterbunt angezogen.

      Alle hatten ein Päckchen, mal größer, mal weniger groß, auf dem Gepäckträger. Herbert war dabei, Hermann und Wilhelm, und Franz kam mit einem schicken, funkelnden Fahrrad dazu.

      Ein älterer und größerer Junge traf hinzu, zählte nach der Begrüßung die Gruppe durch und zeigte dann an:„Los geht’s.“ Die Jungen bildeten eine Zweierreihe und fuhren mit Hallo und lautem Klingeln dem großen Jungen nach.

      Sie waren auf dem Weg zu einer Jugendherberge im Münsterland,einem kleinen Ort, ein paar Kilometer westlich von Münster. In der Jugendherberge angekommen, wurden die Jungs auf die Schlafräume verteilt und der Herbergsvater sammelte die Lebensmittelmarken von allen ein. Für den Nachmittag war eine Tour nach Kompass und Karte geplant und für Sonntagvormittag die Besichtigung einer Wasserburg.

      Auf der Rückfahrt wurde von den Fünfen aus der krummen Straße für das kommende Wochenende das Fußballspiel besprochen.Jürgen lachte still in sich hinein und die beiden anderen Männernickten zustimmend.

      „Mann, was waren das für Zeiten,kein Vergleich zu der heutigen Jugend!“

      „Ne“, lachte Hermann,„die haben ja auch mit dem Krieg Gott sei Dank nichts mehr am Hut.“

      „Richtig“, stimmten die beiden zu.

       Ömmes stellte Getränke auf die Theke und ging wieder.

       „Wenn wir unsere Kinder zum Bauern aufs Feld zum Arbeiten schicken würden, würden die uns für verrückt erklären“, nahm Wilhelm den Faden wieder auf.

      „Wir kamen gar nicht schnell genug zum Bauern, Schulschluss, Schularbeiten gemacht und dann aber los. Ob Runkeln verziehen oder Heu- und Getreideernte,Kartoffeln stoppeln oder Rüben ziehen. Wir waren schon richtige kleine Fachleute: wir wussten genau, wann was fällig war, welcher Bauer einen Groschen mehr bezahlte oder bei wem die Vesper-Brote besser waren. Bei einigen Bauern konnten wir auch Tierpflege machen, Pferde striegeln und die Kühe mit dem Schlauch abspritzen und wir sammelten die Hühnereier ein, die die Hühner überall legten. Von dem einen oder anderen Bauern bekamen wir auch schon mal eine zusätzliche Stulle für unterwegs.“

       „Einmal, wisst ihr noch,hatten wir richtig Pech“, gab Hermann seinen Teil dazu, „ein Bauer hatte eine riesige, ehemalige Wasserburg als Hof und dieser Bauer kam direkt zu unserer Schule und holte sich die Kinder dort und das mit sagenhaften Versprechen. Da konnte natürlich kein Kind nein sagen und alle sausten nach der Schule zu diesem Bauern. Dort angekommen, wurden wir auf Leiterwagen verteilt und fuhren auf die Felder. Nach vierzehnTagen war die Arbeit getan und zum späten Nachmittag versammelten sich die vielen Kinder auf dem Innenhof und wollten ihren Lohn haben.“

      „Wir wurden von dem Bauern vertröstet,wir sollten übermorgen wieder kommen, dann sollten wir unser Geld bekommen“, machte Jürgen weiter.

       „Und was war, nichts, kein Geld, wir sollten noch mal wieder kommen.Wir kamen alle wieder und da jagte uns der Mistkerl von Bauer mit Hunden vom Hof.“ Hermann und Wilhelm schüttelten ihre Köpfe: „Das war schon ein Mistkerl.“

      Ömmes stand wie immer abseits in seiner Ecke und bewegte bestätigend seinen Kopf, als wolle er sagen: das kenne ich auch. Ömmes mischte sich selten in die Gespräche seiner Gäste ein, es sei denn, er wurde direkt angesprochen und mit einbezogen. Das machte ihn so angenehm.

      „Ja“, sprach Jürgen weiter, „wir waren aber auch nicht dumm. Wisst ihr noch, als der Kerl Kinder in denHerbstferien haben wollte und keiner ist hingegangen? Da stand der Saukerl aber voll im Regen. Zwei Tage später war der wieder da und gab jedem Kind ein paar Groschen und meinte, dass wir am Nachmittag auf seinen Hof kommen sollten. Wir steckten die paar Groschen ein und keiner ging hin!

      Bei unserem herum stromern haben wir dann festgestellt,dass der Bauer jeden Sonntagmorgen mit seinen Leuten zur Kirche fuhr, nur ein alter Knecht blieb zurück. Der war in Ordnung und er fand es auch nicht gut, was der Bauer mit den Kindern gemacht hatte. Wir konnten uns ungehindert auf dem Hof bewegen und dann entdeckte ich etwas, was mir absolut die Sprache verschlug.

      Ich suchte ganz aufgeregt meine Kumpels und zeigte die Entdeckung. Eine Räucherkammer war es, voll bis unter die Decke mit Würsten, Schinken,Speckseiten und anderen Dingen, die wir gar nicht kannten.

      Jeder steckte sich eine kleine Wurst ein und wir machten uns davon. Wir sahen nicht mehr, wie der alte Knecht vor sich hinschmunzelte. Wir drei wussten, dass wir dieses Ding nicht alleine schaffen konnten.

      Ich sagte: ‚Ihr müsst eure Väter einweihen,meinen können wir dafür vergessen.‘ Sie nickten.“Die Väter von Hermann und Wilhelm ließen sich am folgenden Sonntag von den Jungs die Sache aus sicherer Entfernung zeigen. Die vier lagen am Grabenrand im hohen Gras und die Jungs wurden von ihren Vätern ausgefragt, wo das Fenster der Räucherkammer sein könnte und ob es noch einen zweiten Zugang gäbe. Die zwei Jungen sahen sich unsicher an, grinstenund sagten: „Kleinen Moment, haben wir gleich.“

      Sie rannten am Graben entlang zum Haupteingang durch den Torbogen auf den Hof und grüßten den alten Knecht, der fragte schmunzelnd: „Wollt ihr euch mal wieder umsehen?“

      Hermann und Wilhelm nickten bejahend und legten den Zeigefinge rauf ihren Mund, der Alte kicherte nur. Und sie verschwanden schnell im Pferdestall.

      Sie stiegen die Treppe hoch zum ersten Geschoss, liefen ein Stück nach rechts zu einer schmalen Stiege und standen kurz darauf vor der Tür zur Räucherkammer.Sie liefen durch die Kammer zum Fenster,öffneten es und sahen ihre Väter am Rand des Grabens stehen.

      Sie winkten sich zu, der Hermanns Vater zeigte an, dass sie zurück kommen sollten. Die beiden Jungs steckten sich noch zwei von den kleinen Würstchen ein und machten sich auf den Rückweg.

      Als sie bei ihren Vätern an kamen, zeigten sie, bis über beide Ohren breit grinsend, die mitgenommenen Würstchen. Die Väter grinsten genau so zurück und auf dem Heimweg wurde über die verschiedenen Möglichkeiten gesprochen,wie man am sichersten und vor allem am unauffälligsten an die Speckseiten kommen könnte.

      Hermann und Wilhelm informierten Jürgen über den Stand der Dinge und er rieb sich hocherfreut und erwartungsvoll die Hände. Die drei schafften in der Woche kaum die Schule, sie mussten immer wieder an das denken, was sie da entdeckt hatten.

      Endlich war Wochenende und ungeduldig warteten sie darauf, dass sich ihre Väter melden würden. Es dauerte bis nach dem Abendessen.Hermanns Vater winkte sie zu sich

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