Reisen Band 2. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 2 - Gerstäcker Friedrich

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und Donnern der Riffe, und das Rascheln und Flüstern der im Winde schwankenden breiten Bananenblätter, nicht das fröhliche Lachen und Singen der immer frohen, sorglosen Tahitier dringt an mein Ohr; - wie eine beschnittene Taxushecke umgibt mich das flache, mit den wunderlich regelmäßigen Bäumen besetzte Land, mit ihren gleichmäßigen, trefflich aufgeführten Häusermassen die Stadt, und die breite irische Brogue und der englische Dialekt ist das Einzige, was dem Ohr für den romantischen Zauber, den es verloren, Ersatz bieten soll.

       Es war überhaupt ein wunderliches Gefühl, mit dem ich in Australien an Land sprang. - Australien — Alles was verkehrt und sonderbar ist, gewöhnt man sich den vielen Beschreibungen nach, die uns darüber von Kindheit an vorgekommen, gerade unter dem Namen Australien zu denken, und man möchte gleich beim ersten Ansprung schon über die Häuser, die ja ebenso aussehen wie in jeder andern civili-/40/sierten Stadt, hinwegschauen können, nur um die jedenfalls dahinter liegenden Sonderbarkeiten zu entdecken.

       K ä n g u r u - schon der Name hat einen gewissen Zauber, besonders für einen Jäger - Schnabeltier - Kirschen mit den Kernen auswärts, Bäume, die die Rinde abwerfen; für den gerade von Europa Kommenden auch noch die verkehrten Jahreszeiten, das Alles sind Sachen, an die man gerade nicht bestimmt denkt in dem Augenblicke, deren Bild uns aber doch in einer verworrenen Masse - Köpfe nach unten natürlich - vorschwebt, und die Farben wie in einem Kaleidoskop rasch wechseln und in einander fließen läßt. Es hat dabei einen ganz eigenen Reiz, nur allein einen fremden Erdteil betreten zu haben. So sehr der Mensch mit seines Herzens innersten Fasern an dem eigenen Vaterland hängt, so sehr wünscht er doch auch ein anderes zu sehen, um sich eben wieder zurücksehnen zu können - wie viel mehr denn, wenn dieser Erdteil auch noch gewissermaßen zu unseren Antipoden gehört und die Leute dort eigentlich dem Rechte nach auf dem Kopf stehen müßten.

       Australien wurde außerdem eine Art Land der Verheißung - ich betrat es hungrig, und ich wurde g e s p e i s t (für 1 Schill. 6 D.), ich betrat es wenn auch nicht gerade nackt, doch in sehr dünnem Anzug, und wurde g e k l e i d e t (für 3 Pfd. Sterl. 10 Schill.), und das ganze an Land Steigen machte gleich von allem Anfang einen solch' eigentümlichen Eindruck auf mich, daß ich denselben wirklich nicht besser zu charakterisieren weiß, als wenn ich dem Leser aufrichtig gestehe, es hätte gar nicht viel gefehlt, so brach ich mir gleich in der ersten Stunde ein Stückchen Stein irgendwo los, um ein Andenken an diesen Platz zu haben - es war, als ob er mir wieder unter den Füßen fort verschwinden müsse. Mein wirklich rasender Hunger denn an Bord gab es ja nichts, wenn ich auch wirklich das „Frühstück" hätte abwarten wollen, machte mich aber zuerst wieder darauf aufmerksam, daß die Sache hier reine Wirklichkeit, und ein Gasthaus gerade der Punkt sei, nach dem ich vor allen Dingen einmal umschauen müsse; damit war der Romantik allerdings schon ein bedeutender Stoß gegeben. Mit der /41/ Romantik hat übrigens Sidney auch nur ungemein wenig zu tun, denn wenn an irgend einem Ort der Welt (selbst die Yankee-Staaten nicht ausgenommen, was gewiß viel sagen will) ein reines, unverfälschtes Geschäftsleben herrscht, so ist es hier. Pfunde und Schillinge sind die einzigen Worte, die, wie eine magische Formel, die Züge der den Fremden überall umgebenden gleichgültigen Gesichter beleben können, und während bei den geschäftigen, speculirenden Kaufleuten die Schillinge zu Pfunden werden, zeigt sich bei dem fremden, unter ihnen herumwandernden Reisenden ein gerade entgegengesetztes Phänomen, was ihn, außerdem daß er sich bei den ewigen Gesprächen von Wolle und Verschiffungen langweilt, auch noch ganz unnötiger Weise praktisch belehrt, wie er ganz und gar kein Kaufmann sei.

       Der Charakter der Stadt ist rein englisch, und es ist dabei eigentümlich, wie scharf sich dieses Englisch von dem Amerikanischen, während sie doch eine Sprache sprechen, abscheidet. Das treffendste Beispiel hiervon findet man in den Vereinigten Staaten, wo bloß der schmale Wasserstreifen der nördlichen Seen Amerika und eine englische Colonie von einander trennen, denn nie habe ich zwei benachbarte, und doch sich auch in jeder Kleinigkeit so ungleiche Städte gefunden, als z. B. Buffalo und Toronto.

       Doch um wieder auf Sidney zurückzukommen, so hat der hier eintreffende Fremde gewöhnlich eine Art Vorurteil zu überwinden, das mit ihm aufgewachsen ist, und wahrlich nicht auf Reisen, besonders in Californien, vermindert wird - das Vorurteil: eine Verbrecher-Colonie zu betreten und sich nun plötzlich zwischen einer unbestimmten Anzahl von besonders hierher verpflanzten Mördern, Dieben, Hausbrechern und anderen entsetzlichen und schauderhaften Charakteren zu befinden. Hier sieht der eintreffende Fremde zu seinem Erstaunen, daß davon - wenigstens äußerlich - nicht die mindeste Spur erkennbar ist, und wenn er auch hier und da, und weil er fortwährend darauf achtet, vielleicht öfter als an irgend einem andern Ort verdächtigen Physiognomien begegnen sollte, so rechtfertigen diese doch keineswegs die entsetzlichen Erwartungen, die er eigentlich den Beschreibungen /42/nach von der ganzen Bevölkerung hätte haben sollen. Die „Gouvernements-Leute“, wie sie hier genannt werden, sind aber auch wirklich so mit der eingewanderten Bevölkerung verschmolzen, daß schon ein Kenner dazu gehört, sie herauszufinden. Der leichte Nahrungserwerb hier hat dabei hoffentlich die meisten von ihnen, was auch früher ihre Vergehen gewesen sein mögen, zu ehrlichen Leuten gemacht, und es wird dann nicht einmal mehr nötig, einen Unterschied zwischen ihnen zu verlangen. Wer weiß übrigens, ob nicht eben diese Deportation in späteren Jahrhunderten gar zu einer Auszeichnung, zu einer Art Adel dieser Colonie werden kann. Die Kinder der früher hierher gesandten Übeltäter bilden jetzt teilweise mit einen achtbaren und angesehenen Theile der Bevölkerung (ja wenn nicht sogar hier und da früher Deportierte selber); nach Jahrhunderten können dann ihre Kinder und Kindeskinder so und so viel Ahnen davon zählen. Unser europäischer Adel schreibt ja seinen Ursprung oft aus noch, weit wunderlicheren Quellen her.

       In Sidney hatte ich im Anfang einige Schwierigkeiten, ein gutes Haus zu finden, wo ich wohnen konnte, denn die meisten ging ich vorbei, da die unten befindlichen „Schenkstuben" eben nichts Einladendes hatten. Dem Grundsatz zuletzt folgend, daß man in einer fremden Stadt am besten tut, in das beste Hotel zu gehen - wenigstens so lange bis man einmal näher bekannt ist -, wandte ich mich dem „Royal-Hotel", einem großen, gewaltigen, aber etwas weitläufigen Gebäude, zu und zog dort ein. Ein warmes Bad war mir das Nächste, hierauf ein gutes Frühstück, und nun mußte ich mich fast von oben bis unten neu kleiden, denn unterwegs war ich ziemlich abgerissen. Doch dazu ist hier in Sidney Gelegenheit genug, Kleiderläden giebt's in Masse, und Kleider sind auch verhältnißmäßig nicht teuer.

       Ich war von Deutschland aus hier an Herrn A. Dreutler, ein ziemlich bedeutendes deutsches Handlungshaus in Sidney, empfohlen, und von diesem Herrn auch auf das Herzlichste aufgenommen worden. Am nächsten Sonntag, den 30. März, fuhren wir zusammen nach dem Leuchtturm, einem der bedeutendsten Vergnügungsorte Sidneys, hinaus, /43/ und fanden dort einen großen Teil der schönen Welt versammelt. Der Leuchtturm liegt allerdings für Sidney romantisch genug. Auf der südlichen Seite der Einfahrt des Hafens, dessen Ufer nach der See zu durch schroffe, etwa 200 Fuß hohe Felsufcr gebildet wird, steht der Turm, eine Viertelmeile davon etwa ein Hotel, und ein Teil der zu einer Spazierfahrt aufgelegten Sidneyer kommt regelmäßig Sonntags hier heraus, während der andere das jedenfalls interessantere Botanybai und Cooksriver besucht. Der Leuchtturm selber ist vortrefflich und besteht aus einem revolving light oder Drehlicht, das durch neun mit Blechspiegeln versehene Lampen gebildet wird, der Felsen selber, auf dem er steht, mag etwa 120 Fuß über der Oberfläche der See liegen, und selber einige 60 bis 80 Fuß hoch, wird sein Licht bei klarem Wetter dreißig, ja manchmal vierzig englische Meilen weil in See gesehen.

       Die Aussicht von hier aus über das Stille Meer ist wahrhaft reizend, und die tiefblaue See zeigt von dieser Höhe herankommende Schiffe mit ihren weißschimmernden Segeln in großer Ferne. - Eigentümlicher Weise beschränkt sich aber die ganze Schönheit der Scenerie eben auf die See und auf das unmittelbare Ufer von Port Jackson - gleich dahinter beginnt dürre, sandige, mit holzigen Büschen und „Grasbäumen", eine Art schilfigen Gewächses, besetzte Ebene - jeder kleine Strauch trägt oft reizende Blumen, und eine kleine allerliebste Schlingpflanze (Kenedya) füllt mit ihren duftenden lila Blüten oft ganze Büsche - einzelne kleine Gruppen sehen dabei ungemein freundlich aus, das Ganze nach dem Innern zu machte aber doch nur einen traurig-öden Anblick, und die Bai mit ihren reizenden Usern lag da, wie eine Oase in der

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